Auto-Industrie : VV: Wie schwankende Rohstoff-Preise und Konkurrenz aus China dem Unternehmen zu schaffen machen

Volkswagen ID.4

VW will bis 2025 mit E-Autos so viel verdienen wie mit Verbrennern

- © Volkswagen AG

Der deutsche VW-Konzern kämpft weiter mit stark schwankenden Rohstoffpreisen und wachsender Konkurrenz aus China. Zu Beginn des Jahres brach der Gewinn unter dem Strich im Vergleich zum Vorjahreszeitraum massiv ein - von 6,7 auf 4,7 Milliarden Euro. Das operative Ergebnis sank um 31 Prozent auf 5,7 Milliarden Euro.

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Ohne diese Belastungen legte der Konzern im laufenden Geschäft aber insgesamt zu: Der Betriebsgewinn stieg um gut 35 Prozent auf rund 7,1 Milliarden Euro, wenn man die Bewertung von Absicherungsgeschäften im Materialeinkauf aus den Büchern lässt.

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In diesem Jahr hat der Kurs der im Deutschen Aktienindex DAX notierten VW-Vorzugsaktie um rund sechs Prozent zugelegt, vor zwölf Monaten war das Papier allerdings mehr wert als heute. Goldman-Sachs-Analyst George Galliers bezeichnete die Ergebnisse trotz der Belastungen aus Rohstoffsicherungsgeschäften als "solide".

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E-Mobilitäts-Offensive bis 2025

Volkswagen will in spätestens zwei Jahren mit Elektroautos genauso viel Geld verdienen wie mit Verbrennungsmotoren. Bis 2025 strebe der deutsche Konzern eine Margenparität zwischen beiden Antriebsarten an, sagte Finanzvorstand Arno Antlitz am Mittwoch auf einer Veranstaltung der Nachrichtenagentur Reuters in München. Das bedeutet, dass sich die Renditen beider Antriebsarten annähern.

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Bislang verdient der Autobauer mit Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor deutlich mehr als mit rein batteriebetriebenen Autos. Dieser Unterschied dürfte sich mit der Zeit verringern, da immer mehr E-Modelle in steigenden Stückzahlen ausgeliefert werden. Fortschritte in der Batterietechnologie sorgen zudem dafür, dass die Batterien günstiger werden. Sie machen derzeit einen Großteil der Kosten eines Elektroautos aus.

Elektro-Auto-Produktion im VW-Werk im deutschen Zwickau.

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Premiummarken haben sich gut entwickelt

Unerwartet gut hätten sich die Volumen- und Premium-Markengruppen entwickelt - auch wenn der vom Unternehmen erwartete Rückgang des anteiligen operativen Ergebnisses in China angesichts der Diskussionen um den verschärften Wettbewerb in der Volksrepublik nicht beruhigen könne.

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Wie das Unternehmen am Donnerstag mitteilte, hat sich die Lage trotz anhaltender Lieferschwierigkeiten in der Automobilelektronik stabilisiert. Der Umsatz stieg um knapp 22 Prozent auf 76,2 Milliarden Euro.

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Dabei dürfte auch eine Rolle gespielt haben, dass viele Fahrzeugmodelle im Zuge der allgemeinen Inflation teurer geworden sind - Volkswagen sprach von einer "verbesserten Preispositionierung". Vor allem in Europa und Nordamerika erholten sich die Verkäufe, während der VW-Konzern in China erhebliche Probleme hatte. Finanzvorstand Arno Antlitz sieht dennoch einen "vielversprechenden Start in das Geschäftsjahr 2023" und eine "solide Performance".

Arno Antlitz: Eine "solide Performance".

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VW verliert gegen Elektro-Rivalen BYD

Die Effekte aus dem sogenannten Hedging zur Abfederung der gestiegenen Beschaffungskosten für Grundmaterialien und Energie waren im ersten Quartal 2022 mit plus 3,2 Milliarden Euro noch positiv - nun hat sich das Blatt gewendet. Im Einzelnen sind sie nicht ausgewiesen. Zudem musste Volkswagen einige Werte nachträglich anpassen.

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Vor allem in der Hochphase der Corona-Krise mit gravierenden Einschränkungen im Welthandel war es auch in den Lieferketten der Automobilindustrie zu heftigen Störungen gekommen. Die Situation hat sich vielerorts etwas entspannt, VW räumte "anhaltende Beeinträchtigungen" in der Logistik ein. Dennoch konnten die schwachen Auslieferungen von Anfang 2022 nun insgesamt um 7,5 Prozent auf 2,04 Millionen Autos verbessert werden. Auch die Produktion zog wieder an, nachdem es in den vergangenen zwei Jahren vor allem wegen der Chip-Lieferengpässe zu einem enormen Auftragsstau gekommen war.

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Unter den Erwartungen blieb der Konzern zuletzt ausgerechnet auf seinem mit Abstand wichtigsten Markt China. Dort gingen die Verkäufe von Januar bis März um 14,5 Prozent zurück, bei den Elektroautos war das Minus noch größer. Die Kernmarke VW Pkw verlor in der Volksrepublik erstmals seit Jahrzehnten die Marktführerschaft an den einheimischen Elektro-Rivalen BYD. Den Deutschen fehlten beispielsweise Software- und Entertainment-Funktionen, die den Geschmack der jüngeren und internetaffinen Kunden treffen. Mit neuen Modellen und mehr Investitionen vor Ort soll nun gegengesteuert werden. "Der Konzern ist zuversichtlich, dass sich die Auslieferungen in dieser Region aufgrund der erweiterten Palette und China-spezifischer Technologie im weiteren Jahresverlauf erholen werden", hieß es dazu offiziell.

Volkswagen auf der Shanghai Automesse

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Das Zukunfts-Auto Trinity: Auf Eis gelegt?

Das Geschäft mit rein elektrisch betriebenen Fahrzeugen wächst weltweit, für das Startquartal meldet der Konzern ein Plus von 42 Prozent auf rund 141.000 Einheiten. Der Anteil an allen ausgelieferten Autos steigt stetig, ist aber mit rund 7 Prozent insgesamt noch vergleichsweise gering.

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Nachholbedarf hat Volkswagen nach Einschätzung von Experten auch bei der Entwicklung selbst programmierter Software. Hier gab es große Verzögerungen - und die Oberklassetöchter Porsche und Audi gehen entgegen der ursprünglichen Planung vorerst weiter eigene Wege. Der Start des von der Kernmarke geplanten Zukunftsautos Trinity mit eigener Elektronikplattform verzögert sich - ob dafür überhaupt ein neues Werk gebaut werden muss, ist noch unklar. Die VW-interne Software-Sparte Cariad weitete ihren Verlust im ersten Quartal gegenüber dem Vorjahreszeitraum leicht von 416 auf 429 Millionen Euro aus, der Konzern verwies auf die anhaltend hohen Investitionen. Für Batteriezellfabriken in Europa und Kanada hat VW Milliardenbeträge eingeplant.

Vorerst auf Eis gelegt? Die Silhouette der Studie Volkswagen Trinity.

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Neue Giga-Fabrik in Kanada

Der Volkswagen Konzern treibt seine E-Mobilitätsstrategie in Nordamerika weiter voran: Das konzerneigene Batterieunternehmen PowerCo SE will in St. Thomas, Ontario/Kanada, seine bislang größte Gigafactory mit einer jährlichen Produktionskapazität von bis zu 90 GWh in der Endausbaustufe errichten - genug für rund 1 Million Elektrofahrzeuge. Die geplante Investition von bis zu 4,8 Milliarden Euro / 7 Milliarden kanadische Dollar bis 2030 hat das Potenzial zur Schaffung von bis zu 3.000 hochqualifizierten Arbeitsplätzen in der Fabrik und Zehntausenden von indirekten Arbeitsplätzen in der Region.

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Die neue Fabrik in St. Thomas wird die erste Gigafactory des Unternehmens außerhalb Europas, in der die Zellen für die Elektrofahrzeuge der Marken des Konzerns in der Region Nordamerika produziert werden. Der Spatenstich ist für 2024 geplant, die Produktion soll 2027 beginnen. Die Zellfabrik ist Teil eines umfassenderen Plans: Volkswagen und PowerCo haben sich im August letzten Jahres mit der Regierung Trudeau auf ein Memorandum of Understanding geeinigt. Die unterzeichnete Absichtserklärung zielt auf die gesamte Batterie-Wertschöpfungskette ab und sichert den Rohstoffbedarf, um die Elektromobilität im Land zu fördern.

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Die ambitionierte Wachstumsstrategie des Volkswagen Konzerns in Nordamerika wird mit der Entscheidung, das Zellproduktionsnetzwerk von PowerCo auf Kanada auszuweiten, weiter vorangetrieben. Dazu gehören die Einführung des breitesten Portfolios an vollelektrischen Fahrzeugen in den USA und Kanada bis 2030, der Ausbau des Coast-to-Coast-Ladenetzwerks von Electrify America in den USA und Kanada sowie die Ankündigung der Kultmarke Scout, ab 2026 die ersten vollelektrischen Fahrzeuge auszuliefern.

(v.l.) Vic Fedeli, Ontarios Minister für wirtschaftliche Entwicklung, Schaffung von Arbeitsplätzen und Handel, Kai-Alexander Müller, CFO der PowerCo SE, Sebastian Wolf, COO der PowerCo SE, Justin Trudeau, Premierminister von Kanada, Frank Blome, CEO der PowerCo SE, Jörg Teichmann, CPO der PowerCo SE, Soonho Ahn, CTO der PowerCo SE

- © Volkswagen AG

Die Zellfabrik entsteht auf einer Fläche von rund 150 Hektar, das entspricht mehr als 210 Fußballfeldern. Insgesamt 600 Hektar umfasst der Industrie- und Zulieferpark. Seine strategische Lage, etwa 30 km südlich von London, Ontario, im Herzen des Great Lakes Automotive Corridor und in der Nähe von Großstädten wie Toronto und Detroit, bietet PowerCo einen erstklassigen Standort. Damit hat PowerCo erstklassigen Zugang zu regionalen Forschungs- und Innovationsclustern, talentierten Arbeitskräften, guter Verkehrsinfrastruktur und etablierten Lieferketten. Darüber hinaus wird die Zellfabrik mit Energie versorgt, die zu 100 Prozent CO2-frei ist.

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Ontario ist führend in der globalen Automobilindustrie und auf dem besten Weg, sich zu einer treibenden Kraft im aufstrebenden EV-Sektor zu entwickeln. Mit mehr als 700 Automobilunternehmen, uneingeschränktem Zugang zu wichtigen Mineralien und einer durchgängigen, ethischen Batterielieferkette bietet Ontario perfekte Bedingungen für Investitionen in Elektrofahrzeuge. Seit 2020 hat Ontario fast 13 Milliarden CAD an Investitionen in Elektrofahrzeuge und EV-Batterien angezogen.

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Um die Transformation des Unternehmens zu beschleunigen, hat der Volkswagen Konzern die Batterietechnologie zu einem Kernelement seines 10-Punkte-Plans gemacht. Dazu hat Volkswagen mit der PowerCo SE in Deutschland eine eigene Batteriegesellschaft gegründet. Sie bündelt die weltweiten Batterieaktivitäten des Konzerns entlang der gesamten Wertschöpfungskette - von der Rohstoffbeschaffung über die Entwicklung bis hin zum Bau und Betrieb von Gigafactories. Als Standorte für die drei Zellfabriken hat die PowerCo SE Salzgitter, Valencia und St. Thomas in Nordamerika ausgewählt. Bis zum Jahr 2030 wird ein jährlicher Umsatz von mehr als 20 Milliarden Euro für PowerCo und seine Partner erwartet.

St. Thomas, Kanada: Hier entsteht VWs erste Zellfabrik ausserhalb Europas

- © Google Maps

Teslas Preisschlacht

Das Operative Ergebnis der Markengruppe Premium mit Audi ging im Vergleich zu den ersten drei Monaten 2022 von damals 3,5 Milliarden Euro auf zuletzt 1,8 Milliarden Euro zurück. Allerdings konnte Audi beim Absatz zulegen. Die Markengruppe Volumen, zu der unter anderem die Kernmarke VW Pkw gehört, verbesserte ihr operatives Ergebnis nach den aktuellen Zahlen von knapp 880 Millionen auf 1,7 Milliarden Euro. Auch Porsche konnte seinen Absatz deutlich steigern.

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Den Ausblick für den weiteren Jahresverlauf ließ Volkswagen unverändert. Bislang kalkuliert VW für dieses Jahr mit einem Umsatzplus von 10 bis 15 Prozent gegenüber dem Vorjahreswert von 279,2 Milliarden Euro. Dank des hohen Auftragsbestands rechnet der Konzern mit einem deutlichen Anstieg der Auslieferungen auf rund 9,5 Millionen Fahrzeuge (Vorjahr: 8,3 Millionen). Doch der US-Konkurrent Tesla macht nicht nur mit seiner Produktion vor den Toren Berlins Tempo, sondern setzt die Wettbewerber weltweit mit Preissenkungen unter Druck.

Vor allem in China ist ein Preiskampf um Elektroautos entbrannt, der US-Elektroautobauer Tesla hatte zuletzt mehrfach die Preise für seine Fahrzeuge gesenkt. In den vergangenen Jahren kannten die Preise für Neu- und Gebrauchtwagen nur den Weg nach oben. Grund dafür war, dass wegen des Mangels an Halbleitern weniger Fahrzeuge produziert wurden. Inzwischen hat sich die Lage deutlich entspannt. Am Donnerstag hatte BMW eine Normalisierung der Fahrzeugpreise vorausgesagt: Mit einer besseren Versorgung mit Chips sei auch eine bessere Verfügbarkeit von Fahrzeugen zu erwarten, was zu mehr Wettbewerb führen könne.

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Die VW-Tochter Audi will sich aus dem Preiskampf in der Branche heraushalten. Derzeit sei nicht geplant, die Preise zu senken, sagte Finanzvorstand Jürgen Rittersberger am Freitag bei der Vorlage der Geschäftszahlen für das erste Quartal. "Wir verfolgen eine nachhaltige Preisstrategie, das sind wir den Kunden schuldig." Ein Preiskrieg habe auch massive Auswirkungen auf Restwerte. "Wir werden uns nicht am Preiswettbewerb beteiligen."