Krieg in der Ukraine : Russland erlaubt Verkauf des VW-Werks

Volkswagen-Werk in Kaluga steht zum Verkauf

Das Volkswagen-Werk in Kaluga steht zum Verkauf

- © Volkswagen AG

Für den Verkauf des Volkswagen-Werks in Kaluga hat die russische Regierung einem Zeitungsbericht zufolge grünes Licht gegeben. Käufer sei die Autohändlergruppe Avilon. Das berichtete die Zeitung "Wedomosti" am Donnerstag unter Berufung auf zwei namentlich nicht genannte Insider. Bisher seien aber noch keine Dokumente unterzeichnet worden, sagte eine mit dem Vorgang vertraute Person der Nachrichtenagentur Reuters.

>>> Wie chinesische E-Autos die Welt erobern - und die Europäer den Anschluss verlieren.

Nach Angaben eines zweiten Insiders ist die Vereinbarung zwischen Volkswagen und Avilon in Arbeit. Ein Sprecher von Volkswagen wollte sich zu dem Thema zunächst nicht äußern. Sowohl das zuständige russische Handelsministerium als auch Avilon lehnten eine Stellungnahme ab.

Sollte der Deal durchgehen, wäre dies de facto der komplette Rückzug des umsatzstärksten deutschen Unternehmens vom russischen Markt. Die VW-Importe sind bereits seit längerem ausgesetzt.

>>> Ex-Magna-Boss Siegfried Wolf: Geschäfte mit Russlands Präsident Putin?

Nie mehr eine wichtige News aus der Industrie verpassen? Abonnieren Sie unser Daily Briefing: Was in der Industrie wichtig wird. Täglich um 7 Uhr in Ihrer Inbox. Hier geht’s zur Anmeldung!

Das VW-Werk in Kaluga steht offenbar kurz vor dem Verkauf

- © Volkswagen

VW-Werk in Kaluga, südwestlich von Moskau

- © Google Maps

Kein Export mehr nach Russland

Für die Zukunft des Russlandgeschäfts würden verschiedene Szenarien durchgespielt, erklärte ein VW-Konzernsprecher Ende März. "Eine der Optionen ist der Verkauf der Vermögenswerte der Volkswagen Group Rus und damit auch des Werkes in Kaluga an eine dritte Partei", sagte er damals. "Die Gespräche dazu laufen, eine Entscheidung ist noch nicht final getroffen."

>>> Das Ende der Rekordgewinne für Volkswagen, BMW und Co.

Volkswagen hatte seine Aktivitäten in Russland nach dem russischen Angriff auf die Ukraine auf Eis gelegt. Das Werk Kaluga südlich von Moskau mit einer Kapazität von 225.000 Fahrzeugen pro Jahr steht seit März 2022 still. Zudem wurde beschlossen, für alle Konzernmarken keine Fahrzeuge mehr nach Russland zu exportieren. Aus der Produktion im russischen Montagewerk Nizhny Novgorod zog sich der Konzern im Mai zurück. Dort wurde gemeinsam mit dem Autobauer Gaz produziert, dessen Miteigentümer Oleg Deripaska kriegsbedingt auf Sanktionslisten steht.

Das Werk Kaluga südlich von Moskau mit einer Kapazität von 225.000 Fahrzeugen pro Jahr steht seit März 2022 still.

- © Volkswagen AG

GAZ verklagt VW

Ein Gericht in Nischni Nowgorod an der Wolga hatte Ende März das Vermögen des Wolfsburger Autokonzerns in Russland beschlagnahmt. Grund war eine Klage des früheren VW-Partners GAZ. GAZ habe beantragt, die Kündigung des Montagevertrags im dortigen Gemeinschaftswerk für nichtig zu erklären und Volkswagen zu einer Vertragsstrafe von 15,6 Milliarden Rubel (rund 190 Millionen Euro) zu verurteilen, berichtete die Nachrichtenagentur Interfax unter Berufung auf die Gerichtsakte.

>>> Steyr Automotive: Kauft Siegfried Wolf die Sonderaufbausparte von M-U-T?

Bei Europas größtem Autobauer hieß es dazu: "Wir sind uns der Forderung von GAZ bewusst und prüfen derzeit die Unterlagen zu diesem Fall." Zugleich zeigte man sich "überrascht, die Forderungen zu diesem Zeitpunkt zu erhalten".

>>> Steyr Automotive: Serienproduktion des Volta-LKW startet.

Tatsächlich galt - zumindest aus deutscher Sicht - die Trennung der beiden ehemaligen Partner längst als beschlossene Sache. In dem Werk in Nischni Nowgorod waren mehrere Modelle der VW-Kernmarke sowie der tschechischen Tochter Skoda montiert worden. Nachdem im Mai 2022 US-Sanktionen gegen GAZ wegen des russischen Krieges in der Ukraine in Kraft getreten waren, zog sich Volkswagen aus der Co-Produktion zurück und bot den Mitarbeitern Abfindungen an.

Die Produktion war - ebenso wie im VW-eigenen Werk in Kaluga 150 Kilometer südwestlich von Moskau - bereits zuvor eingestellt worden. Auch die Lkw-Marke MAN produziert nicht mehr im Land.

Krieg als Zäsur für die Auto-Industrie

Lange Zeit galt die Russische Föderation für Volkswagen als vielversprechender Wachstumsmarkt. Doch der Kriegsausbruch Ende Februar 2022 bedeutete einen tiefen Einschnitt für die gesamte Automobilindustrie und viele andere Branchen. In Nizhny Novgorod gab es keinen kompletten Fahrzeugbau - stattdessen wurden fertige Baugruppen und Systeme angeliefert und zu Fahrzeugen endmontiert. Zu Sowjetzeiten war das Werk für seine Wolga-Limousinen bekannt.