Herstellung und Verwendung von Wasserstoff : Energiewende: Wo es für Wasserstoff keine Alternativen gibt

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Der Bedarf an grünem Wasserstoff wird in Österreich bis 2040 auf 1,8 Mio. Tonnen pro Jahr ansteigen

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In der Diskussion um Wasserstoff gehe es nicht mehr um das "Ob", sondern nur noch um das "Wie". Das sagte Hamead Ahrary, der beim Verbund für das Thema Wasserstoff zuständig ist, in einem Gespräch mit der APA. Das Thema "grüner Wasserstoff" habe sich zu einem globalen Thema entwickelt. Anwendungsbereiche sieht der Experte unter anderem in der Industrie, in der Landwirtschaft und in der Mobilität.

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Bis 2030 werde der Bedarf an grünem Wasserstoff in Österreich bei rund 160.000 Tonnen liegen, fünf Jahre später werde sich die Menge vervierfachen und bis 2040 dürfte der Bedarf auf rund 1,8 Millionen Tonnen pro Jahr steigen, erklärte Ahrary am Mittwoch beim Verbund Energy Summit am Wolfgangsee. Wichtig sei es nun, "aus den Pilotprojekten herauszuwachsen" und stattdessen Projekte in einer Größenordnung in Angriff zu nehmen, die es erlauben, den Bedarf an grünem Wasserstoff auf lange Sicht zu decken.

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Was ist der Wasserstoff?

Der Wasserstoff ist ein vielseitiger Energieträger, der in einer Vielzahl von Branchen eingesetzt wird. Er wird in der Automobilindustrie als sauberer Kraftstoff verwendet, in der chemischen Industrie zur Herstellung von Produkten wie Ammoniak und Methanol eingesetzt, spielt eine Rolle bei der Stahlproduktion, wird in der Lebensmittelindustrie zur Herstellung von Fetten verwendet und findet Anwendung in der Elektronik, in Raffinerien und in der Raumfahrt. Wasserstoff hilft, die Umweltauswirkungen dieser Industriezweige zu verringern und trägt zu einer nachhaltigen Entwicklung bei.

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Grüner vs. Grauer Wasserstoff: Die Schlüsselrolle des Verbunds in Industrie

Grundsätzlich unterscheidet man zwischen grünem Wasserstoff, der in Zukunft in großem Maßstab aus regenerativem Strom hergestellt werden soll, und dem heute überwiegend genutzten grauen Wasserstoff, der aus fossilem Erdgas gewonnen wird. In beiden Fällen werden große Energiemengen benötigt.

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Der Verbund konzentriert sich auf jene Bereiche, in denen es derzeit noch keine bessere Alternative zum Einsatz von Wasserstoff gibt. Es handelt sich also um Prozesse, die sich nur schwer oder gar nicht mit Strom betreiben lassen. "Da sind wir bei Raffinerien, bei der Chemie, bei der Stahlindustrie, bei Aluminium oder Zement", sagt Ahrary. So müssen zum Beispiel Kraftstoffe in Raffinerien bei der Herstellung von Schwefel befreit werden. Derzeit wird dafür grauer Wasserstoff verwendet, in Zukunft soll das Verfahren grün werden.

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Auf Wasserstoff umgerüstet werden können auch bestehende Gasturbinen. Darüber hinaus gibt es bereits reine Wasserstoffturbinen, die dann zum Einsatz kommen sollen, wenn ausreichend grüner Wasserstoff zur Verfügung steht. Grüner Wasserstoff wird auch in der Düngemittelproduktion benötigt.

Hamead Ahrary: Das betrifft Bereiche wie Raffinerien, die chemische Industrie, die Stahlproduktion, die Aluminiumherstellung und die Zementindustrie. Ein konkretes Beispiel hierfür ist die Notwendigkeit, bei der Schwefelherstellung in Raffinerien Kraftstoffe zu verwenden.
Das betrifft Bereiche wie Raffinerien, die chemische Industrie, die Stahlproduktion, die Aluminiumherstellung und die Zementindustrie", erläuterte Ahrary. Ein konkretes Beispiel hierfür ist die Notwendigkeit, bei der Schwefelherstellung in Raffinerien Kraftstoffe zu verwenden. - © Xing

Wasserstoff in der Mobilität als Schlüssel im Schwerlastverkehr und Schiffsverkehr

Ein differenziertes Bild zeigt sich bei der Mobilität. "Im Personenkraftverkehr sind wir relativ gut unterwegs mit Elektromobilität", sagte Ahrary. Gut elektrifizierbar seien auch die Nutzfahrzeuge. Im Schwerlastverkehr auf langen Strecken "kommt dann E-Mobilität sichtbar an ihre Grenzen", das sei ein Feld für den Einsatz von Wasserstoff. Großes Potenzial für Wasserstoff sieht der Experte auch im Schiffsverkehr.

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Im Lkw-Verkehr sieht Ahrary ein "Henne-Ei-Problem": Spediteure würden keine Wasserstoff-Lkw kaufen, weil es keine Tankstellen gebe, und auch die Lkw-Hersteller würden sich deshalb zurückhalten, Wasserstoff anzubieten. Wasserstofftankstellen stellen wiederum gäbe es nicht, weil die Nachfrage zu gering sei. Bayern investiere derzeit massiv in die Tankstelleninfrastruktur, somit "ergibt das eine das andere, insofern finde ich diesen Move sehr clever".

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Ob der Einsatz von grünem Wasserstoff in Zügen sinnvoll ist, müsse im Einzelfall geprüft werden. Zuletzt viel diskutiert wurde beispielsweise die geplante Wasserstoffbahn im Zillertal. Diese würde im Falle einer Umsetzung vom Verbund beliefert werden. Hier wurden verschiedene Varianten geprüft. Ahrary hält das Projekt "nach wie vor für sinnvoll". Auch bei Bussen gebe es Potenzial, Wasserstoff einzusetzen, der Marktfokus liege aber derzeit woanders, sagte Ahrary.

Wasserstoff-Züge: Zukunftsmusik? Ein Wasserstoffzug ist ein Schienenfahrzeug, das mit Brennstoffzellen betrieben wird. Dabei wird der Wasserstoff in der Brennstoffzelle in elektrische Energie umgewandelt, die dann die Elektromotoren des Zuges antreibt. Wasserstoffzüge sind eine umweltfreundliche Alternative zu herkömmlichen Diesellokomotiven, da sie keine schädlichen Emissionen erzeugen und als saubere, nachhaltige Mobilitätslösung gelten. Sie werden in verschiedenen Ländern zunehmend für den öffentlichen Personennahverkehr und den Schienenverkehr eingesetzt.

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Import von Wasserstoff in Zukunft notwendig

Im Bereich der Raumwärme hingegen gebe es weitaus bessere Alternativen zum Wasserstoff, sagte Ahrary und verwies z.B. auf den Einsatz von Wärmepumpen. Auch hier gebe es Schwierigkeiten, etwa Gasetagenheizungen in Wiener Altbauten umzurüsten, aber Wasserstoff sei hier keine Alternative, sagte Ahrary. Technisch sei es zwar möglich, eine Gasheizung auf Wasserstoff umzustellen, aber auf absehbare Zeit werde Wasserstoff Erdgas nicht vollständig ersetzen können. Um mit Wasserstoff heizen zu können, müsste dann ein eigenes, zusätzliches Wasserstoffleitungsnetz installiert werden.

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Der Bedarf an grünem Wasserstoff könne langfristig nicht aus heimischer Produktion gedeckt werden. Der Verbund hat daher verschiedene Beschaffungswege geprüft. Eine Möglichkeit wäre der Import aus der Nord- und Ostsee, wo grüner Wasserstoff mit Strom aus Offshore-Windkraftanlagen erzeugt werden könnte. Eine weitere Möglichkeit bietet Nordafrika. Von dort könnte Wasserstoff über das bestehende Pipelinenetz von Tunesien nach Sizilien und weiter über Italien nach Österreich transportiert werden. Auch Spanien könnte langfristig zum Wasserstofflieferanten werden.

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Das bestehende Gaspipelinenetz ließe sich relativ einfach umrüsten. "Wir brauchen mindestens zwei Stränge", so Ahrary. Man könne nicht einfach eine bestehende Gasleitung nehmen und Wasserstoff hindurchschicken, weil man auf absehbare Zeit auch noch Erdgas brauche. Im besten Fall gebe es bereits einen zweiten Strang, "wir werden einen Abwärtstrend für Gas sehen, es gibt heute schon Stränge oder ganze Leitungsabschnitte, die nicht mehr gebraucht werden".

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Das sei zum Beispiel beim sogenannten Südkorridor, der Wasserstoff aus Nordafrika nach Europa bringen soll, weitgehend der Fall. "Der Korridor ist deshalb so interessant, weil man auf vieles, was bereits existiert, zugreifen kann. Das macht das ganze natürlich günstiger," so Ahrary.

Was die wirtschaftliche Situation der Branche betrifft, so ist ein Ende des Abwärtstrends derzeit nicht abzusehen. Walter Woitsch von Syngroup ist heute im Studio, um die aktuellen Indikatoren zu analysieren. Beim Branchenmagazin Deep Dive in Wien gab es zudem eine rege Diskussion über Strategien zur Bewältigung disruptiver Innovationen in der Branche. Unerwartete Veränderungen bei Greiner sorgen für Aufsehen: Nach 15 Jahren verlässt das Unternehmen, das sich seit seiner Gründung in Familienhand befindet, seinen ersten externen CEO.