Zehn Kilo habe er verloren, erzählen Wegbegleiter den Oberösterreichischen Nachrichten. In der Krise habe Stefan Pierer ruhig und überlegt agiert, sich selbst zurückgenommen und das Interesse des Unternehmens über das eigene gestellt. Doch auch wenn die Rettung gelungen ist: Für Pierer ist es eine Niederlage.
Denn die Sanierung von KTM findet ohne ihn statt. Der Industrielle, der das Unternehmen einst aus der Insolvenz holte und zum Weltmarktführer im Offroad-Bereich machte, ist nicht mehr Teil seines Lebenswerks. Was er eigentlich wollte – retten, sanieren, weitermachen – hat sich nicht erfüllt. Die Marke KTM wird künftig ohne seinen Namen auskommen.
Nachdem Pierers langjähriger Partner Bajaj über 800 Millionen Euro aufbrachte, um die Fortführung abzusichern, ist klar: Die Inder haben jetzt das Ruder übernommen. Pierer, der KTM jahrzehntelang wie ein Werksfahrer durch alle Kurven lenkte, wird keine Rolle mehr spielen. Einst war er der Sanierer, der KTM aus dem Industriereich von Josef Taus herauslöste und in neue Sphären führte. Jetzt sanieren andere.
Dass die KTM-Pleite öffentlich so emotional diskutiert wurde, lag nicht nur an den bedrohten Arbeitsplätzen im Innviertel oder an den betroffenen Zulieferbetrieben. Pierer selbst war immer Teil der Inszenierung – als Präsident der Industriellenvereinigung Oberösterreich, als politischer Provokateur, als wortgewaltiger Kritiker der Regierung. Er scheute nie die Konfrontation – auch nicht, als er bei einer Veranstaltung offen für die italienische Rechtsaußen-Politikerin Giorgia Meloni warb, was selbst loyale Unterstützer irritierte. Und auch nicht, als er sich für eine 65-Millionen-Euro-Zwischenfinanzierung auf ein Geschäft mit Stephan Zöchling einließ – hinter dem Steyr-Automotive-Eigentümer Siegfried Wolf stand – mit Zinsen, die viele nur noch als Ausdruck der Verzweiflung deuteten.
In der Belegschaft sorgt unterdessen eine laut Oberösterreichischen Nachrichten gehaltene „Brandrede“ des Ex-Chefs für Irritation. Pierer habe darin „wie früher agiert“ und Aussagen über die Zukunft des Unternehmens getroffen, „die nicht mehr real“ seien. Offenbar tue er sich schwer damit, zu akzeptieren, dass er keinen Einfluss mehr hat – und die neue Realität noch nicht vollständig erfasst hat.
>>> Wie Stefan Pierer die Kultmarke KTM zum Weltmarktführer machte