Auto-Industrie : Kluft zwischen Zulieferern und Herstellern: Mahle rutscht tief in die Verlustzone

Mahle Entwicklungszentrum

In den Prüfeinrichtungen im Mahle-Entwicklungszentrum für Mechatronik in Kornwestheim werden Produkte wie Aktuatoren umfassend getestet und validiert

- © Mahle

Der deutsche Automobilzulieferer Mahle ist im vergangenen Jahr erneut in die Verlustzone gerutscht. Obwohl der Umsatz stieg, fiel der Verlust deutlich höher aus als im Jahr zuvor. Nach Angaben des Unternehmens vom Dienstag in Stuttgart betrug der Jahresfehlbetrag 332 Millionen Euro. Im Jahr 2021 hatte das Minus bei 108 Millionen Euro gelegen. Der Umsatz von Mahle stieg der Mitteilung zufolge um 14 Prozent auf 12,4 Milliarden Euro.

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Nach Angaben des Unternehmens will Mahle im laufenden Geschäftsjahr wieder schwarze Zahlen schreiben. "Wir wollen bis 2025 wieder da sein, wo Mahle hingehört, auf einem gesunden EBIT-Niveau", sagte Unternehmenschef Arnd Franz der Deutschen Presse-Agentur, ohne ein konkretes Ziel für 2025 zu nennen. Langfristig werde eine EBIT-Marge von rund sieben Prozent angestrebt, so Franz.

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Mahle ist in Österreich an drei Standorten vertreten: In Mattighofen, St. Michael ob Bleiburg und Vöcklabruck beschäftigt Mahle rund 2.250 Mitarbeiter. Weltweit arbeiten rund 72.000 Menschen für Mahle.

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Der Umsatz von Mahle GmbH stieg um 14 Prozent auf 12,4 Milliarden Euro.

- © Mahle

Mahle konnte den Umsatz in allen Geschäftsbereichen steigern

- © Mahle

Wie geht es den Autombil-Zulieferern?

Abstriche musste Mahle im vergangenen Jahr beim operativen Ergebnis (EBIT) machen. Es war mit 60 Millionen Euro zwar positiv, lag aber unter dem Vorjahreswert von 169 Millionen Euro. Die EBIT-Marge betrug 0,5 Prozent. Das Geschäft sei vor allem in der ersten Jahreshälfte durch starke Kostensteigerungen bei Rohstoffen, Energie und Frachten belastet worden. Mahle reagierte mit Kostensenkungen, Produktivitätsverbesserungen und Preisanpassungen.

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"Während die Automobilhersteller trotz Krise derzeit prächtig verdienen, stehen viele Zulieferer mit dem Rücken zur Wand", sagte der Leiter der Mobilitätssparte für Westeuropa bei EY, Constantin Gall. Die Automobilhersteller würden die Produktion von Batterien und Elektromotoren selbst in die Hand nehmen, Partnerschaften mit Batterieherstellern eingehen und sich weniger auf ihre traditionellen Zulieferer verlassen, sagte Gall. Zudem werde hart um Konditionen, Liefermengen und Preisanpassungen gerungen.

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"Angesichts der Transformation in Richtung Elektromobilität ist zwischen Herstellern und Zulieferern ein Verteilungskampf entbrannt, bei dem die Zulieferer oft die schlechteren Karten haben", sagte Gall.

Prüftechnik im Mahle Werk in Šempeter pri Gorici, Slowenien

- © Mahle

Wie wirkt sich die Krise auf Österreich aus?

Seit Jahren kriselt es beim deutschen Automobilzulieferer Mahle. Verschärft wurde die Situation durch die Corona-Pandemie, den Krieg in der Ukraine und den Strukturwandel hin zur Elektromobilität. Mahle machte 2020 fast eine halbe Milliarde Euro Verlust und musste weltweit 7.600 Stellen abbauen.

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Auch an den Standorten in Österreich, die vor allem vom Geschäft mit Verbrennungsmotoren abhängig sind, wirkt sich die Krise bei Mahle aus. 2020 musste der Zulieferer in Österreich rund 200 Arbeitsplätze abbauen, hauptsächlich im Werk St. Michael ob Bleiburg. Im Jahr 2021 schickte das Unternehmen rund 1.600 Mitarbeiter in Kurzarbeit. Um die Standorte in Österreich für die Zukunft fit zu machen, versucht das Unternehmen jedoch, sie zu erhalten und zu modernisieren.

Mahle-Werk für Filtersysteme in St. Michael ob Bleiburg

- © Mahle

Zulieferer wachsen weniger stark wie Auto-Hersteller

Im vergangenen Jahr hat sich die Schere zwischen Zulieferern und Automobilherstellern in Deutschland weiter geöffnet. Insgesamt steigerte die deutsche Automobilindustrie ihren Umsatz um 23 Prozent auf den Rekordwert von 506,2 Milliarden Euro. Das geht aus einer aktuellen Studie der Beratungsgesellschaft Ernst & Young (EY) hervor. Dabei sind die Hersteller mit einem Plus von 28 Prozent deutlich stärker gewachsen als die Zulieferer, deren Umsatz um sechs Prozent zulegte.

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Trotz der zuletzt positiven Gewinnentwicklung, so EY-Branchenberater Peter Fuß, werde in der deutschen Automobilindustrie derzeit überall der Rotstift angesetzt. Für das laufende Jahr rechnet er bestenfalls mit einer stabilen Beschäftigungsentwicklung bei den Herstellern und einem weiteren Stellenabbau bei den Zulieferern. Der Investitionsbedarf sei enorm, gleichzeitig setzten die Unternehmen alles daran, weiterhin hohe Margen zu erwirtschaften. Laut Fuß schafft nur ein profitables Geschäft genügend finanziellen Spielraum für Investitionen in neue Technologien und Produkte.

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Die Produktion von E-Autos sei weniger personalintensiv. Der Elektroantrieb werde sich durchsetzen und den Verbrennungsmotor verdrängen. "Das wird unausweichlich zu einer niedrigeren Beschäftigung am Standort Deutschland führen", sagte Fuß.

Mahle hat eine stabile Finanzierungsperspektive. Wir können auf ein vielfältiges und ausgewogenes Finanzierungsportfolio zurückgreifen.
Mahle-CFO Markus Kapaun

Unternehmensstrategie MAHLE 2030+

Für die strategische Neuausrichtung verfügt der Konzern mit fest zugesagten Kreditlinien und liquiden Mitteln in Höhe von 2,3 Milliarden Euro über eine solide finanzielle Basis. Dazu zählt auch ein Darlehen der Europäischen Investitionsbank in Höhe von 300 Millionen Euro für die Entwicklung emissionsfreier Fahrzeugtechnologien.

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„Mahle hat eine stabile Finanzierungsperspektive. Wir können auf ein vielfältiges und ausgewogenes Finanzierungsportfolio zurückgreifen“, betonte Mahle-CFO Markus Kapaun.

Auf der technologischen Seite treibt das Unternehmen den Wandel konsequent voran. 5,4 Prozent des Umsatzes fließen in die Forschung und Entwicklung, ein großer Teil davon in die neuen strategischen Geschäftsfelder. Von den knapp 400 neu angemeldeten Patenten beziehen sich 70 Prozent auf das Thema Elektrifizierung.

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Vor allem elektrische Antriebe und intelligentes Laden stehen im Fokus der Elektrifizierungsstrategie des Konzerns. Zwei neue Elektromotoren stoßen bei den Kunden auf große Resonanz: Der Elektromotor Superior Continuous Torque ist der bislang erste elektrische Traktionsmotor auf dem Markt, der dauerhaft hohe Leistung liefert. Das macht ihn besonders für den Einsatz in Nutzfahrzeugen interessant.

Der Elektromotor Magnet-free Contactless Transmitter kommt ohne Seltene Erden aus und arbeitet hocheffizient und verschleißfrei. Mit Mahle chargeBIG hat der Konzern eine erprobte Ladelösung für Parkhäuser auf dem Markt. Darüber hinaus wird gemeinsam mit Siemens am kabellosen Laden gearbeitet.