Energiewende : Metalle und seltene Erden für die Industrie
Was Gewürze in der Küche, sind Seltene Erden für die Industrie. Ohne sie würden die Rezepte für die Energiewende weniger gut gelingen. Die Metalle stecken beispielsweise in Schlüsselkomponenten für Windräder und Elektroautos. Doch der Abbau von Seltenen Erden war bisher oft ein schmutziges Geschäft auf Kosten der Umwelt. Nach wie vor dominiert China den Weltmarkt und sitzt am langen Hebel, wenn es um Exporte und Preise geht. Was muss passieren, damit sich das ändert?
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Was sind seltene Erden?
Es handelt sich dabei um silberfarbene und relativ weiche Metalle, die auf der Erde nicht in reiner Form vorkommen. Sie müssen aufwändig in mehrstufigen Verfahren aus den abgebauten Erzen gewonnen werden. Die Endprodukte heißen Seltenerdoxide und Seltenerdmetalle. Zu den Seltenen Erden gehören die chemischen Elemente der dritten Gruppe des Periodensystems: Scandium, Yttrium und Lanthan. Zu dieser Gruppe gehören auch die 14 dem Lanthan folgenden Elemente, die Lanthanoide: Cer, Praseodym, Neodym, Promethium, Samarium, Europium, Gadolinium, Terbium, Dysprosium, Holmium, Erbium, Thulium, Ytterbium und Lutetium.
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Von den schätzungsweise bis zu 200 Seltenerdmineralien werden bisher nur wenige abgebaut. Die Konzentration der Metalle in den Erzen ist entscheidend für die Wirtschaftlichkeit. Häufig werden sie zusammen mit anderen Wertstoffen - zum Beispiel Phosphor - abgebaut.
Warum sind seltene Erden wichtig?
Die Energiewende hat die Seltenen Erden in jüngster Zeit verstärkt ins Gespräch gebracht. Denn die Metalle werden zum Beispiel benötigt, um leistungsfähige Windturbinen, Elektromotoren und Energiesparlampen zu bauen. Sie stecken aber auch in Festplatten, Flachbildfernsehern, Lasern und Glasfaserkabeln. In der Medizin spielen sie in der Röntgentechnik und der Kernspintomographie eine Rolle. Und nicht zuletzt werden sie in der Rüstungsindustrie benötigt.
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Wo kommen seltene Erden vor?
Metalle sind auf der Erde nicht selten, einige kommen sogar häufiger vor als Kupfer oder Blei. Große Erzvorkommen mit ausreichend hoher Konzentration sind jedoch selten. Die größten Produzenten sind laut dem jüngsten US Geological Survey im Jahr 2022 China (210.000 Tonnen), gefolgt von den USA (43.000 Tonnen) und Australien (18.000 Tonnen). Weitere Minen befinden sich unter anderem in Russland, Thailand, Myanmar, Indien, Vietnam, Madagaskar, Brasilien und Kanada. Rentable Vorkommen werden in Grönland vermutet - in Gebieten, in denen das Eis schmilzt.
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Gibt es in der EU seltene Erden?
Im Januar meldete Schweden einen großen Fund von geeignetem Erz in der Bergbauregion Kiruna im Norden des Landes. Genehmigungsverfahren und Tests könnten aber noch 10 bis 15 Jahre dauern, heißt es beim staatlichen Bergwerksbetreiber. Die Menge von mehr als einer Million Tonnen Seltenerd-Oxide soll ausreichen, um einen Großteil des künftigen Bedarfs der EU für die Herstellung von Permanentmagneten für Elektromotoren und Windkraftanlagen zu decken.
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In Deutschland sind Lagerstätten in Sachsen bekannt. Die Lagerstätte Delitzsch-Storkwitz wird seit etwa zehn Jahren wissenschaftlich untersucht. Bisher gilt die Konzentration der Metalle im Erz jedoch als zu gering, um einen Abbau wirtschaftlich zu machen.
Noch im ersten Quartal 2023 will die EU-Kommission eine Initiative zur Verbesserung der Versorgung der EU mit kritischen Rohstoffen, die für umweltfreundliche Technologien notwendig sind, beschließen.
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Warum wäre der Abbau seltener Erden in der EU sinnvoll?
Seltene Erden werden von der Europäischen Kommission zu den Rohstoffen mit dem höchsten Versorgungsrisiko gezählt. Schätzungen zufolge wird der weltweite Bedarf an wichtigen Seltenerd-Oxiden (z.B. für Katalysatoren oder Magnete) von 131.500 Tonnen im Jahr 2020 auf 188.300 Tonnen im Jahr 2030 steigen - allein um die Klimaziele mit Windkraft und Elektroautos zu erreichen. Nach einer Analyse des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) stammen 94 Prozent der EU-Importe von Seltenen Erden aus politisch kritischen Ländern, allen voran China. Die Volksrepublik beherrscht den Weltmarkt beim Abbau und der Weiterverarbeitung. Die USA, die zwischenzeitlich aus dem Abbau ausgestiegen waren, sind inzwischen auch wegen des chinesischen Monopols wieder in das Geschäft eingestiegen. Australien plant einen starken Ausbau der Förderung.
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Es gibt ein gewisses Gefährdungspotenzial. Und das will man nicht unbedingt im Land haben.Urs Peuker, Technische Universität Bergakademie Freiberg/Deutschland
Was sind Risiken bei der Gewinnung von seltenen Erden?
Die deutsche Bundesanstalt für Geowissenschaften listet mögliche Gefahren auf, die mit dem Abbau und der mehrstufigen Aufbereitung von Seltenen Erden verbunden sind. Dazu gehören beim Abbau giftige Stäube und radioaktiv belastete Rückstände, da die chemischen Elemente Uran und Thorium auch im abgebauten Erz vorkommen können. Bei der Weiterverarbeitung können schwefelhaltige Abgase sowie radioaktive Rückstände und Rückstände, die Schwermetalle enthalten, entstehen. Bei der Raffination entstehen hohe direkte Treibhausgasemissionen. Außerdem würden während des gesamten Prozesses große Mengen an Wasser und Strom benötigt. Es gebe ein "gewisses Gefährdungspotenzial", schreibt Urs Peuker von der Technischen Universität Bergakademie Freiberg. "Und das will man nicht unbedingt im Land haben."
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Welche Umweltschäden gibt es beim Abbau seltener Erden?
Die Umweltschäden können immens sein, wenn keine Umweltauflagen eingehalten werden. Lange Zeit wurde der schmutzige Teil des Abbaus oder der Verarbeitung von Seltenen Erden Ländern mit niedrigeren Umweltstandards überlassen, zum Beispiel China. In der Nähe der größten Mine Bayan Obo in der Inneren Mongolei kam es laut einer Studie des Umweltbundesamtes (UBA) zu einer Häufung von Lungenkrebserkrankungen in der Bevölkerung. Wegen mangelnder Vorsichtsmaßnahmen gelangten giftige Stoffe auch in Flüsse, Grundwasser und Boden.
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Im US-Bergwerk Mountain Pass in Kalifornien führten laut UBA-Bericht Lecks in Rohrleitungen, Sickerwasser und mangelhafte Abdichtungen der Absetzteiche bis in die 90er Jahre zu einer Versalzung sowie einer toxischen und radioaktiven Belastung des Grundwassers in der dünn besiedelten Region. Seitdem sind mehr als 20 Millionen US-Dollar (heute rund 19 Millionen Euro) in die Sanierung und Modernisierung des Bergbaureviers geflossen. Ein Raubbau an der Natur ist beim Tagebau kaum zu vermeiden: Alle Minen gleichen Mondlandschaften.
Wie kann eine umwelt- und sozialverträgliche Nutzung von seltenen Erden aussehen?
Beim Import von Seltenen Erden sollte aus geowissenschaftlicher Sicht der Umweltschutz eine wichtige Rolle spielen - sowohl beim Abbau als auch bei der Weiterverarbeitung der Erze. Eine Möglichkeit sind Zertifizierungen, die auch den illegalen Abbau eindämmen könnten. Neue umweltverträgliche Anlagen kosten viel Geld und sind wahrscheinlich nur mit staatlicher Unterstützung möglich. In Australien werden die Kosten für eine umweltfreundliche zweistufige Aufbereitungsanlage auf bis zu 550 Millionen US-Dollar geschätzt.
Was können Politik und Wirtschaft tun?
Das DIW empfiehlt unter anderem, politisch weniger umstrittene Abbauländer wie Indien oder Brasilien bei einer umweltverträglichen Förderung zu unterstützen und Handelshemmnisse abzubauen. Auch sei es sinnvoll, die Nachfrage aus der EU zu bündeln. Auch Mindestreserven in der EU seien eine Überlegung wert. Langfristig könne auch ein verbessertes Recycling helfen. Trotz des Aufwands bei der Gewinnung sind Seltene Erden nach Ansicht der Bundesanstalt für Geowissenschaften unersetzlich. Da die Metalle vor allem in Offshore-Windkraftanlagen und Elektromotoren zum Einsatz kämen, überwiege über den gesamten Lebenszyklus betrachtet ihr positiver Beitrag zur Energiewende.