Automobilzulieferer : HPW-Chefs: "Gehen nicht ohne Auftrag nach Übersee"

Flachdrahtproduktion in Linz: HPW

Flachdrahtproduktion in Linz: Ab Mitte 2026 auch in Übersee?

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Wenn Ewald Koppensteiner die vergangenen Wochen und Monate Revue passieren lässt, dann sind das durchaus schöne Eindrücke, die er sammeln durfte: Nach dem Verkauf des Metallwerks durch Gebauer & Griller an die Tiroler Konstant Gruppe vor zwei Jahren kann er mit Fug und Recht von einer erfolgreichen Abnabelung des Spezialdrahtherstellers mit Sitz in Linz reden. Die Auftragsbücher bei HPW sind gut gefüllt, gerade werden 45 Millionen Euro in ein neues Werk in Garsten bei Steyr - übrigens unweit des BMW-Werks beheimatet - investiert. 60 Arbeitsplätze sollen dort entstehen, bald also dürfte das Unternehmen fast 300 Mitarbeiter zählen. Ab Mitte 2024 werde man hier produzieren. Auch der Standort Leonding - erst 2021 gegründet - soll demnächst die doppelte Fertigungskapazität erhalten.

Und wie INDUSTRIEMAGAZIN erfuhr, will das Unternehmen nach Übersee expandieren:. "Die Entscheidung, ob wir den Schritt gehen, wollen wir noch heuer treffen", sagt Koppensteiner. Zwei Jahre würde ein Hochfahren eines Standorts in etwa brauchen. Derzeitiger Plan: Ab Mitte 2026 in Übersee zu produzieren. "Wir agieren vorsichtig, gehen da sicher nicht ohne Auftrag hin", sagt Koppensteiner. Es brauche Planungssicherheit für fünf bis acht Jahre im voraus, meint auch Vertriebsvorstand Harald Lackner.

Viele Väter

Dass es dem Unternehmen also prächtig geht, ist ein Umstand, der mehrere Väter hat. Einerseits traf die Viruspandemie das Unternehmen weniger hart als andere in der Branche. Zu breit sei man aufgestellt, um nicht austarieren zu können. Acht Tonnen Kupfer sind in einem großen Windgenerator zu finden. Die isolierten Flachdrähte von HPW sind Erzeugnisse mit hohem Wirkungsgrad, die also in der grünen Transformation ihre Vorteile ausspielen. Zugleich platziert die Automobilindustrie Aufträge im Qualitätsbereich. Der Strom in E-Autos fließt von der Batterie (oder Brennstoffzelle) per Kupferdraht zum Antrieb, die Linzer, die seit 1946 am Standort Linz domiziliert sind, kommen hier als Technologielieferant zum Zug. "Praktisch von null auf hundert entwickelte sich dieses Geschäftssegment", sagt CEO Koppensteiner. In der Bilanz zum 31. März wird das Wachstum abgebildet sein, mit rund 150 Millionen Euro Umsatz darf man rechnen.

"Wir agieren vorsichtig, gehen da sicher nicht ohne Auftrag hin."
Ewald Koppensteiner, CEO HPW

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"Ein mögliches Verbrenner-Aus 2035 war damals nicht abzusehen."
Harald Lackner, Vertriebsgeschäftsführer HPW zu den Übersee-Plänen

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Eigener Maschinenbau

Die Dimension des Unternehmens - "Runddrähte sind nicht unser Geschäft" (O-Ton Lackner) - ist vor allem in der Fertigung zu sehen. 26 Lackierflachdrahtanlagen im Bereich Automotive sind am Standort Linz installiert, in Steyr will man sukzessive auf 28 Anlagen gehen. Schon heute habe man in diesen Segment die größte installierte Produktionskapazität in Österreich.

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Die Anlagen samt ihrer Prozessverkettung sind derart standardisiert, dass man sie im Copy-and-paste-Verfahren - wohl auch in Übersee - ausrollen kann. Sein ganzes Berufsleben, erzählt Koppensteiner, der Metallurgie und Polymertechnik in Leoben studierte, beschäftige er sich nun mit Drähten. Langweilig ist ihm das nie geworden. In Linz baue man sogar die Extrusionsmaschinen selber. Lediglich Drahtlackieranlagen lasse man zuliefern.

Rücken frei

Der Einstieg in die Elektromobilität sei auch deshalb geglückt, weil schon unter den vorherigen Eigentümern Investitionen realisiert wurden. Damals hatte man schon von zwei großen OEM Aufträge in der Tasche. Dass die E-Mobilität derart einschlagen würde und einmal von einem Verbrenner-Aus 2035 die Rede sein werde, war "damals nicht abzusehen", so Lackner, der vom Hochleistungswerkstoffhersteller Plansee ins Unternehmen fand. Jedenfalls habe auch der neue Eigentümer das Potenzial richtig eingeschätzt. Er grätsche nicht hinein, "vielmehr hält er uns den Rücken frei und fährt einen enormen Investitionskurs", so CEO Koppensteiner.