Auto-Industrie : Wolfgang Porsche: "Ich bin eher der ausgleichende Typ"

Wolfgang Porsche wird heute 80 Jahre alt

Wolfgang Porsche wird heute 80 Jahre alt

- © Porsche

Wolfgang Porsche wird heute seinen 80. Geburtstag auf der VW-Hauptversammlung in Berlin verbringen und dort seine Kandidatur für eine weitere Amtszeit als Volkswagen-Kontrolleur bekannt geben. Obwohl die Porsche-Familiendynastie nach dem schmerzhaften Verkauf an VW wieder mehr Einfluss beim Sportwagenbauer hat, möchte Wolfgang Porsche noch einiges "von Grund auf regeln", bevor er das Steuer an seinen Neffen Ferdinand Oliver Porsche übergibt.

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Wolfgang Porsche war nie ein klassischer Automanager. Dennoch ist der promovierte Handelswissenschaftler eine treibende Kraft bei VW und nicht zuletzt bei dem Stuttgarter Unternehmen, das seinen Namen trägt. Über die Holding Porsche SE kontrolliert die Familie Porsche/Piëch die Mehrheit am VW-Konzern.

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Können sich offenbar gut leiden: Wolfgang Porsche und VW-Chef Oliver Blume

- © Porsche

Eher ein gelassener Typ

Seit 45 Jahren sitzt Wolfgang Porsche im Aufsichtsrat der von seinem Vater Ferry aufgebauten Sportwagenschmiede, seit 2007 ist er Vorsitzender des Gremiums. Trotz seiner leisen Stimme und seines verschmitzten Lächelns spielt er eine wichtige Rolle in der deutschen Automobilindustrie.

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"Ich bin eher der ausgleichende Typ", sagt Porsche, der von den Porsche-Mitarbeitern in Zuffenhausen auch "WoPo" genannt wird. Deshalb fühle er sich noch gebraucht. Die ständigen Auseinandersetzungen mit seinem 2019 verstorbenen Cousin und ehemaligen VW-Patriarchen Ferdinand Piëch hätten ihn geprägt. Dass die Familie nach außen und in den Aufsichtsratssitzungen mit einer Stimme spricht, dafür will er nun weiter sorgen. "So viel haben wir gelernt: Dass wir uns erst austauschen und dann in eine Sitzung gehen", so Porsche. Mit dem heutigen Piëch-Chef, Ferdinands Bruder Hans Michel (81), verstehe er sich gut.

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Schon Mitte der 60er Jahre entschied sich Wolfgang Porsche bewusst für den Beruf des Kaufmanns und ein entsprechendes Studium in Wien - die Wirtschaftsuniversität hatte einen glänzenden Ruf. Zum großen Namen passte der akademische Grad, die geschliffenen Umgangsformen mit dezenter Höflichkeit, verfeinert durch ein elegantes Schönbrunner Deutsch.

Nach seiner Ausbildung wurde Wolfgang Porsche Unternehmer. 27 Jahre lang importierte und vertrieb er Yamaha-Motorräder in Österreich und Ungarn. Von 1976 bis 1981 arbeitete er bei Daimler-Benz in Stuttgart, um weitere praktische Erfahrungen in der Automobilbranche zu sammeln. Später rückte er auf Wunsch seines Vaters in den Aufsichtsrat der Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG.

Man muss ein Teamplayer sein, um den Koloss Volkswagen zu bewegen.
Wolfgang Porsche über Oliver Blume

Blume wird an seinen Ergebnissen gemessen

Das Vertrauen von Wolfgang Porsche und seiner Familie ist entscheidend für den Erfolg der Führungskräfte im VW-Konzern. Wer ihr Vertrauen verliert, hat es schwer, im Unternehmen noch etwas zu bewegen. Das musste zuletzt Herbert Diess erfahren, obwohl die Familie lange hinter ihm stand. Doch irgendwann konnte er seine Pläne nicht mehr umsetzen und verlor Unterstützer im Management. "Dazu hat er immer weniger Unterstützer im Management gehabt, das wurde schließlich zum Problem", so Wolfgang Porsche.

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Inzwischen hat Oliver Blume, der seit 2015 an der Spitze von Porsche steht, Diess als VW-Chef abgelöst und genießt das Vertrauen von Wolfgang Porsche. Dieser bezeichnet Blume als "sympathische Identifikationsfigur. Der Beruf ist für ihn eine Berufung."

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Wolfgang Porsche lobt Blume dafür, dass er eine andere Mentalität nach Wolfsburg gebracht habe. "Man muss ein Teamplayer sein, um den Koloss Volkswagen zu bewegen. Und das ist Blume." Blume fordert auch eine stärkere Ausrichtung der Marken auf den Kapitalmarkt und beweist Pragmatismus mit der Entscheidung, nicht mehr alle Software selbst zu entwickeln. Letztlich werde Blume aber an den Ergebnissen gemessen, so Porsche.

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Noch gibt es Dinge zu klären

Damit spricht er ein Thema an, das er vor seinem endgültigen Rückzug auf den Familiensitz Schüttgut im österreichischen Zell am See am Fuße des Großglockners noch geklärt haben will: Nämlich, dass der VW-Konzern im Zuge des Wandels hin zur Elektromobilität den Anschluss an die Konkurrenz aus China, Südkorea oder den USA nicht verliert. "Nur ein wirtschaftlich erfolgreiches Unternehmen ist auch ein verlässlicher Arbeitgeber", wiederholt der Jäger und Biobauer sein altes Mantra. Heute ist er, nebenbei bemerkt, auch Elektro-Fan. In den E-Fuels sieht er - wie sollte es bei dem Namen auch anders sein - eine sinnvolle Ergänzung zu den alten Autos mit Verbrennungsmotor.

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Ein anderes Anliegen von Porsche ist dagegen schon seit vergangenem Jahr erledigt: Beim Börsengang der Porsche AG im September 2022 sicherte sich die familienkontrollierte Porsche SE eine Sperrminorität und damit wieder direkten Einfluss auf den Sportwagenbauer. "Das war eine Voraussetzung für den Börsengang", sagt Porsche. Außerdem habe Porsche nun wieder mehr Unabhängigkeit und Volkswagen frische Milliarden für den Umbau. Doch der Deal und die Machtkonzentration bei den Milliardärsfamilien sorgte auch immer wieder für Kritik.

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Um die Bedeutung von Einfluss für Wolfgang Porsche besser zu verstehen, müssen wir uns knapp 14 Jahre zurückversetzen. Im Juli 2009 stand Porsche mit Tränen in den Augen vor der Belegschaft im Stammwerk Zuffenhausen. Damals hatte Vorstandschef Wendelin Wiedeking versucht, Volkswagen zu übernehmen und war damit gescheitert.

Schließlich drehte VW den Spieß um und schluckte Porsche. Wiedeking, der 1992 von Porsche geholt worden war und aus dem damals kriselnden Unternehmen den profitabelsten Autobauer der Welt gemacht hatte, musste nach einem erbitterten Machtkampf gehen. Porsches Gegner war sein Cousin Ferdinand Piëch.

Ferdinand Piech und Ferry Porsche

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Noch fünf Jahre. Dann ist Schluss

Heute ist Porsche als eine von vielen Marken in den VW-Konzern integriert. Doch an der Börse ist der Sportwagenbauer inzwischen höher bewertet als der Wolfsburger Mutterkonzern.

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Über seinen Cousin Ferdinand Piëch sagt Porsche heute: "Es ist eigentlich ein Jammer: Er war ein begnadeter Ingenieur mit einer beeindruckenden Lebensleistung. Aber er hat es geschafft, all diese Wertschätzung binnen kürzester Zeit zu verspielen." Damit meint er Piëchs Ende als VW-Chefaufseher, nachdem er 2015 dem damaligen Vorstandsvorsitzenden Martin Winterkorn öffentlich das Vertrauen entzogen hatte. Porsche hingegen hielt zu Winterkorn. Dieser trat wenige Monate später wegen des VW-Abgasskandals zurück.

Für seinen eigenen Rückzug von der Macht hat Porsche übrigens ein klares Datum vor Augen: "Ich will mich noch einmal für fünf Jahre wählen lassen. Dann ist aber Schluss."