E–Fuels in Verbrennungsmotoren : Synthetische Kraftstoffe: Haben E-Fuels eine Zukunft?

Electrofuels or e-fuels or synthetic fuels are an emerging class of carbon neutral fuels that are made from renewable sources in the chemical of liquid fuels.

Die Zukunft der Mobilität mit E-Fuels: Vorteile und Herausforderungen für den Verkehrssektor bis 2035. Wie können E-Fuels den Fortbestand des Verbrennungsmotors unterstützen?

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Eigentlich war es beschlossene Sache: Neue Verbrennungsmotoren sollten ab 2035 in der EU nicht mehr zugelassen werden. In letzter Sekunde grätschte eine Ländergruppe, angeführt von Deutschland, dazwischen und blockierte die Entscheidung in Brüssel. Deren Forderung: Verbrennungsmotoren sollen auch nach 2035 mit E-Fuels betrieben werden können. Der deutsche Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) setzte sich durch. Das Verbrenner-Aus ab 2035 kommt, aber E-Fuels dürfen genützt werden. Während in Österreich Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) diese Entscheidung guthieß, sprach Klimaministerin Leonore Gewessler (Die Grünen) von einem „ideologischen Festhalten“ am Verbrenner. Auch Umweltorganisationen wie Greenpeace und Global-2000 kritisierten die Kompromiss-Entscheidung. E-Fuels seien viel zu ineffizient und teuer, heißt es von diesen.

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Was vordergründig so logisch erscheint – nämlich Verbrennungsmotoren im Sinne des Klimaschutzes auslaufen zu lassen – wäre bei genauerer Betrachtung eventuell kontraproduktiv gewesen, denn nicht nur Premium-Autohersteller wie Porsche oder Mineralölkonzerne haben ein Interesse an E-Fuels, sondern auch eine ganze Reihe von erneuerbaren Energie- und Technologieunternehmen.

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Mit Technologieoffenheit zur Verkehrswende

Der Pkw-Sektor soll bis 2040 klimaneutral sein. Um das zu erreichen braucht es nicht nur den raschen Ausbau der E-Mobilität, sondern auch eine Lösung für die Bestandsflotte. 2022 waren laut Statistik Austria 7,3 Millionen Kraftfahrzeuge in Österreich angemeldet, davon rund 5,2 Millionen Pkw. Laut Mobilitätsmasterplan 2030 der Bundesregierung wäre eine 100-Prozent-Elektrifizierung des Pkw-Bestandes bis 2040 vorgesehen.

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Der Hochlauf der Elektromobilität hängt aber primär vom Ausbau der Ladeinfrastruktur, der Übertragungsnetze sowie von marktwirtschaftlichen Indikatoren wie Preis, Wiederverkaufswert, Versicherungskosten etc. ab. Der Ausbau von erneuerbaren Energien ist ohnehin vorausgesetzt. Aktuell sind die Verkaufszahlen von E-Autos rückläufig. 2023 waren in Österreich rund 115.900 E-Autos (Stand Februar 2023) gemeldet. Das ist nur ein minimaler Zuwachs zum Vorjahr.

Es zeichnet sich ab, dass Autos mit Verbrennungsmotoren bis 2040 noch die Mehrheit auf Österreichs Straßen sein werden, ganz zu schweigen von der EU-weiten Situation. Die bisherigen fossilen Treibstoffe Diesel und Benzin durch klimaneutrale E-Fuels zu ersetzen, ist daher eine wichtige Säule, die Klimaziele zu erreichen, sagen die Befürworter von synthetischen Kraftstoffen. Im Klimaministerium (BMK) weiß man das, betont aber, dass E-Fuels für Pkws nicht ausreichend zur Verfügung stehen würden. „E-Fuels werden bei der Verkehrswende eine wichtige Rolle spielen, nämlich dort, wo es keine Alternativen gibt. Das betrifft gerade die Luftfahrt oder auch die Schifffahrt. E-Fuels sind sehr teuer und brauchen in der Herstellung enorm viel Energie – wir werden also nur geringe Mengen zur Verfügung haben“, heißt es aus dem BMK.

Im Straßenverkehr ist der Einsatz von E-Fuels vor allem temporär in den Bestandsflotten sinnvoll. E-Fuels werden in großindustrieller Produktion ein Kostenniveau in der Herstellung von ungefähr 1, 5 Euro pro Liter in erreichen.
Entwicklungsexperte Jürgen Rechberger

Heimischer Automobilstandort als Technologielieferant

Nicht zuletzt profitiert auch die heimische Automobilindustrie von der E-Fuels-Entwicklung. Besonders intensiv wird dazu etwa in Graz geforscht. Am Large Engines Competence Center (LEC) an der TU Graz wird etwa der Einsatz von synthetischen Treibstoffen in Großmotoren erprobt. Beim Antriebsspezialisten AVL forscht man nicht nur intensiv im Bereich der E-Mobilität, sondern auch an E-Fuels und Wasserstoff. Entwicklungsexperte Jürgen Rechberger sieht den Einsatz besonders in der Luft- und Schifffahrt von großer Bedeutung, womit er sich mit der Position des Klimaministeriums deckt.

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„Im Straßenverkehr ist der Einsatz von E-Fuels vor allem temporär in den Bestandsflotten sinnvoll. E-Fuels werden in großindustrieller Produktion ein Kostenniveau in der Herstellung von ungefähr 1, 5 Euro pro Liter in erreichen“, erläutert Rechberger, gibt aber zu bedenken, dass die Verkaufspreise dennoch bei 2,5 Euro pro Liter liegen würden, womit E-Fuels wesentlich teurer wären als Wasserstoff oder Strom. Dennoch sieht er großes Potenzial für den Einsatz in bestehenden Verbrennungsmotoren.

„E-Fuels werden am sinnvollsten in den Bestandsflotten eingesetzt, bis die gesamte Flotte auf Elektromobilität umgestellt wird. Damit könnten die CO2-Emissionen der Bestandsflotten, die ja noch bis mindestens 2050 im Feld sind, auf null reduziert werden. Realistischerweise können aber bis dahin E-Fuels für nur maximal fünf bis zehn Prozent der Flotte dargestellt werden“, prognostiziert Rechberger. Daher müsse der Fokus weiter auf der Attraktivierung von Elektromobilität liegen und E-Fuels können nur dazu beitragen, Lücken zu schließen. Grundsätzlich sind E-Fuels komplett CO2-neutral und daher vergleichbar mit dem Reduktionspotenzial von Elektrofahrzeugen, ergänzt Rechberger weiters. Bei der Herstellung wird CO2 aus der Atmosphäre oder von Industrieprozessen entzogen. Bei der Verbrennung in Motoren entsteht daher nur dieselbe Menge CO2, die vorher für die Produktion absorbiert wurde.

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Jürgen Rechberger, Leiter der Abteilung Hydrogen & Fuel Cell bei AVL. - © Jorj Konstantinov

Wird es einen Markt für E-Fuels geben?

Dass weder der Preis noch die Verfügbarkeit ein Thema seien, darauf verweisen aber die Mitglieder der eFuel Alliance Österreich, ein Interessenverband für synthetische Treibstoffe, der vor allem Mineralölkonzerne sowie Industrieunternehmen, Autozulieferer, Energiekonzerne und Wirtschaftsverbände angehören. „Wir brauchen beide, E-Mobilität und klimaneutrale Kraftstoffe. Das ist kein Entweder-oder, sondern ein Sowohl-als-auch. Beide Technologien schaffen zusammen mehr als eine alleine“, bekundet Jürgen Roth, Obmann des Fachverbands Energiehandel in der Wirtschaftskammer Österreich und Vorstandsvorsitzender der eFuel Alliance Österreich. Eine interessante Aussage, wo doch Kritiker bemängeln, dass synthetische Kraftstoffe ineffizient seien und die E-Mobilität behindern würden. Weder das eine noch das andere ist zwingend der Fall.

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Global gesehen befindet sich ein Markt für synthetische Kraftstoffe im Aufbau. Unter dem Begriff E-Fuels fallen dabei mehrere Produkte, etwa Wasserstoff oder E-Diesel bzw. E-Benzin und weitere Kraftstoffalternativen. Sie werden jeweils durch den Einsatz von erneuerbaren Energien mittels Umwandlungsprozessen gewonnen. Diese sind tatsächlich sehr energieintensiv. Eine reine Effizienzbetrachtung macht aus technischer Sicht Sinn. Für eine ökonomische Entscheidungsfindung sind aber eine Reihe weiterer Faktoren zu betrachten. Weltweit suchen Unternehmen, die jetzt in der fossilen Energiewirtschaft tätig sind, Möglichkeiten, ihre Geschäftsmodell zu transformieren. Experten gehen von dreistelligen Milliardenbeträgen aus, die als potenzielles Investitionskapital schlummern und auf Marktsignale warten.

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Dabei ist wichtig zu beachten, dass ein Unternehmen, das etwa mit dem Verkauf von flüssigen Kraftstoffen jetzt sein Geld verdient, sich nicht komplett neu erfinden kann. Es muss nach Wegen suchen, bestehende Infrastrukturen, die in Firmenbesitz sind, möglichst weiternutzen zu können. Andernfalls wäre jedes Unternehmen mit einem immensen Wertverlust konfrontiert. Eine Möglichkeit ist die Investition in Erneuerbare Energien mit angeschlossenen Produktionsanlagen für synthetische Kraftstoffe. Die EU hat mit der Entscheidung zur Renewable Energy Directive (RED) vom 30 März 2023 gerade ein starkes Marktsignal für E-Fuels gegeben. Bis 2030 müssen 42,5 Prozent der Energie in allen Sektoren aus erneuerbaren Quellen kommen.

Eine Quote von 5,5 Prozent Beimischung von Biokraftstoffe und E-Fuels soll bis 2030 im Transportsektor verpflichtend werden. Damit soll der Markthochlauf bei synthetischen Kraftstoffen erfolgen. Laut Prognosen könnte durch steigende Beimischung bis 2030 der Preis pro Liter auf 1,75 Euro bei E-Fuels gesenkt werden, womit vergleichbare Kostenrelationen zu aktuellen Treibstoffpreisen erreichbar wären. Die erste Anlage mit 500 Millionen Liter pro Jahr wurde für das Jahr 2026 angekündigt. Weitere sollen folgen.

E-Fuels können sinnvoll nur in Regionen mit sehr günstigen Stromkosten produziert werden, d.h. in Gegenden mit sehr hohem Wind- und Solarpotential.
Jürgen Rechberger

Wo E-Fuels Sinn machen

Die Produktion soll aber primär nicht in Europa erfolgen, denn hierzulande wäre der grüne Strom dafür tatsächlich zu knapp, sondern in Ländern mit sehr hohem Ertrag von Wind- und Sonnenstrom. Die Pilotanlage Haru Oni in Chile, die vom Automobilhersteller Porsche und Siemens Energy sowie mehreren Mineralölkonzernen initiiert wurde, soll etwa den hohen Windertrag in Patagonien nutzen, um synthetische Kraftstoffe wesentlich effizienter herzustellen. Von dort sollen diese mittels Tanker nach Europa oder Nord-Amerika gebracht werden und können entweder direkt in Fahrzeuge getankt, oder wieder in Kraftwerken in Strom umgewandelt werden. Jürgen Rechberger von AVL konnte sich kürzlich selbst ein Bild vor Ort von der Pilotanlage machen.

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„E-Fuels können sinnvoll nur in Regionen mit sehr günstigen Stromkosten produziert werden, d.h. in Gegenden mit sehr hohem Wind- und Solarpotential. Selbst in diesen Regionen mit Stromkosten von ein bis zwei Cent pro Kilowattstunde sind Herstellkosten von 1,5 Euro pro Liter realistisch“, bekräftigt er. Problematisch sei aber, dass in diesen Regionen oft keine konzentrierte CO2-Quelle z.B. aus Stahl- oder Zementindustrie vorhanden ist. CO2 muss daher mit speziellen Anlagen aus der Luft abgeschieden werden (Direct Air Capture).

„Das wird auch langfristig sehr teuer und energieaufwendig sein. Im Übrigen muss auch für Batterie-elektrische Mobilität Energie importiert werden, da speziell in den Wintermonaten der Bedarf in Mitteleuropa mit lokalen Erneuerbaren nicht gedeckt werden kann. Um diesen Bedarf zu decken, wird es notwendig sein Wasserstoff- oder Wasserstoffderivate wie Ammoniak im großen Stil zu importieren und in Thermischen Kraftwerken in Strom umzuwandeln. Allerdings müsste in diesem Szenario aufgrund der höheren Effizienz wesentlich weniger importiert werden als im Fall von E-Fuels“, erläutert Rechberger.

Die Pilotanlage Haru Oni in Chile ist eine der ersten Großanlagen für die Produktion von CO2-neutralen Kraftstoffen.
Die Pilotanlage Haru Oni in Chile ist eine der ersten Großanlagen für die Produktion von CO2-neutralen Kraftstoffen. - © HIF Global/Siemens Energy

Welche Vor- und Nachteile haben E-Fuels?

Vorteile der E-Fuels:

  • Fortbestand des Verbrennungsmotors: E-Fuels ermöglichen es, Verbrennungsmotoren auch nach 2035 weiter zu betreiben und somit den Übergang zur Elektromobilität zu erleichtern.
  • Klimaneutralität im Verkehrssektor: E-Fuels können dazu beitragen, die Klimaziele im Verkehrsbereich zu erreichen, da sie CO2-neutral sind und CO2 bei ihrer Herstellung aus der Atmosphäre oder Industrieprozessen entziehen.
  • Technologische Vielfalt: E-Fuels bieten eine Alternative zu rein elektrischen Antrieben und können in bestehenden Verbrennungsmotoren verwendet werden, insbesondere in der Luftfahrt und Schifffahrt.


Nachteile der E-Fuels:

  • Konkurrenz zu anderen Technologien: E-Fuels konkurrieren mit anderen umweltfreundlicheren Antriebstechnologien wie Wasserstoff und Batterie-elektrischer Mobilität, die potenziell kostengünstiger und effizienter sind.
  • Energieintensive Herstellung: Die Herstellung von E-Fuels erfordert viel erneuerbare Energie, insbesondere in Regionen mit günstigen Stromkosten, was logistische Herausforderungen mit sich bringt.
  • Begrenzte CO2-Quellen: In einigen Regionen fehlt es an konzentrierten CO2-Quellen, was die Herstellung von E-Fuels erschwert, da CO2 aus der Luft abgeschieden werden muss.
  • Kosten: E-Fuels können teurer sein als andere alternative Kraftstoffe wie Wasserstoff oder Strom, was die Akzeptanz und Verbreitung behindern kann.

Investitionen in günstige Produktionsgebiete

Entscheidend dabei ist aber, dass E-Fuels dazu beitragen können, Investitionskapital in jene Länder zu leiten, wo die Produktionsbedingungen von Wind- und Sonnenstrom am günstigsten sind. Da der Ertrag von Fotovoltaikanlagen in Äquatornähe um bis zu 400 Prozent höher ist als in Europa, wäre es zur Deckung des globalen Primärenergiebedarfs mit erneuerbaren Energien unbedingt notwendig, dieses Potenzial zu erschließen.

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Doch Projekte wie Desertec, das Sonnenstrom in der Sahara produziert und nach Europa leiten wollte, scheiterten daran, dass nicht die nötige Leitungsinfrastruktur geschaffen werden konnte. Wie eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft aus 2021 darlegt, ergibt sich durch klimaneutrale flüssige Kraftstoffe nicht nur ein enormer Wirkhebel für Emissionsreduktionen im Verkehr, sondern auch ein Wirkhebel bei den Investitionen in Erneuerbare Energien in besonders ertragreichen Ländern.

Für die Länder des globalen Südens bietet sich dadurch außerdem eine Chance, wirtschaftlich vom grünen Wandel zu profitieren. Es gibt aber Unsicherheiten. Wie das Klimaministerium ausführt, hat eine Studie des Potsdam Instituts ergeben, dass beinahe alle angekündigten E-Fuel-Projekte noch „in Babyschuhen“ stecken. Weiter zeige sich, dass bis 2035 die gesamte globale E-Fuel-Produktion nur rund die Hälfte des österreichischen Bedarfs abdecken kann. Es gibt daher gute Gründe, warum die Politik E-Fuels bisher nicht allzu gefördert hat.

Der Absatz von E-Autos in Österreich stagniert. Zusätzlich zur Elektrifizierung braucht es daher eine Strategie zur Defossilisierung der Bestandsflotten.

- © BEO

Wie sich die heimische Automobilwirtschaft positioniert

Der Wertschöpfungsanteil der heimischen Automobilindustrie ist groß. 71.000 Menschen sind in über 700 Unternehmen österreichweit beschäftigt. Einschließlich der Zulieferbetriebe und nachgelagerter Wirtschaftsbereiche sichert die Automotiv-Industrie etwa 355.000 Jobs im Land. Die Durchschnittliche Exportquote beträgt dabei 90 Prozent. Verständlich also, dass die Entscheidung über das Aus für Verbrennungsmotoren auch wirtschaftliche Unsicherheit erzeugt. Wäre es zu keinem Kompromiss gekommen, der E-Fuels weiterhin zulässt, wären wohl eine Reihe von Unternehmen unmittelbar mit dem Abzug von Investorenkapital betroffen gewesen, wie Insider den Wirtschaftsnachrichten berichteten. Insofern macht der technologieoffene Ansatz als Übergangsphase Sinn.

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Wie sich die heimischen Automotiv-Betriebe nun positionieren weiß Thomas Krenn, Geschäftsführer beim AC Styria Mobilitätscluster, sehr gut: „Viele heimische Betriebe haben eine führende Rolle in der Entwicklung von unterschiedlichen – auch alternativen – Antriebssystemen eingenommen. Was uns hier mit Sicherheit hilft, ist der starke Anteil an – das sage ich bewusst – antriebsunabhängiger Forschung und Entwicklung der Unternehmen in der Steiermark“, so Krenn. Für ihn hat der Verbrennungsmotor nicht so bald ausgedieht. „Wir sehen in unseren Prognosen, dass in großen Märkten wie China und USA im Jahr 2030 voraussichtlich immer noch rund 50 Prozent aller Neuzulassungen auf Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor entfallen werden“, berichtet Krenn. Er sieht daher den Einsatz von E-Fuels ebenfalls als Beitrag für die Verkehrswende. Dennoch steigt auch die Wertschöpfung der E-Mobilität in der Steiermark.

„Die Elektrifizierung und die Umstellung auf nachhaltige Produktion erfordern neue Technologien und Kompetenzen. Die Unternehmen müssen in der Lage sein, diese neuen Technologien schnell zu beherrschen und zu implementieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben“, berichtete Krenn weiters. 70.000 Mitarbeiter sind in der Steiermark im gesamten Mobilitätssektor (Auto, Bahn, Luftfahrt, etc.) beschäftigt. Dieser erwirtschaftet 17 Milliarden Euro an Umsatz. „Einer von vier Euro wird in der Steiermark in der Mobilitätsindustrie erwirtschaftet“, betont Krenn. Damit dies so bleibt, sehe man es als Aufgabe sich mit allen zukünftigen Entwicklungen intensiv zu beschäftigen.

Bei der E-Mobilität würden geringere Lohnkosten chinesischen Herstellern Kostenvorteile verschaffen. Zugleich belasten hohe Energiekosten und strenge Regulierungen die Autobauer in Europa. „Hier herrscht ein ungleicher Wettkampf – auch da die Industrieproduktion in China erheblich CO2-intensiver als die angestrebte CO2-arme Produktion in der EU ist“, mahnt Krenn und fordert von der EU, entsprechende Rahmenbedingungen zu adaptieren.

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Für die heimische Autozulieferindustrie sei daher wie bisher entscheidend, den Blick über den Tellerrand hinaus zu erheben, so Krenn. „Als exportorientiertes Automobilland sind wir in der Lage, den Weltmarkt zu bedienen – diese Kompetenz wird es künftig noch stärker brauchen.“ Beim ACStyria setzt man sich daher für einen Spielraum verschiedenster technologischer Optionen zur Vermeidung von Treibhausgasen ein.

Im Klimaministerium bekräftigt man die Wertschöpfungs- und Beschäftigungspotenziale durch die E-Mobilität. „Bis 2030 können allein in der Automobilbranche über 7000 zusätzliche Arbeitsplätze entstehen und ein Zuwachs von 20 Prozent bei der Wertschöpfung, also rund 645 Millionen Euro, erreicht werden“, berichtet BMK-Pressesprecher Samson Sandrieser-Leon. Wichtig seien hierfür Investitionen in F&E, in die Fachkräfteausbildung und vor allem auch das Handeln der betroffenen Branche in Richtung E-Mobilität. Hier schließt sich der Kreis. Die E-Mobilität erfordert den Ausbau der Energieinfrastruktur. Nicht nur in Österreich, sondern weltweit.

Ein Markt für synthetische Kraftstoffe könnte den Ausbau Erneuerbarer Energien weltweit vorantreiben. Da die Entwicklung in Europa sehr unterschiedlich ist, beispielsweise hinkt die Elektromobilität in Osteuropa stark hinterher, wird es technologieoffene Ansätze wohl auch in der EU brauchen. In Europa hängen zudem 13,4 Millionen Arbeitsplätze direkt oder indirekt am Fahrzeugbau. Von der Politik muss man daher erwarten können, Entscheidungen sorgfältiger zu planen.

Thomas Krenn, Geschäftsführer beim ACStyria Mobilitätscluster. - © Riedler Peter

Bedeutung der Automobilwirtschaft

Die Automobilindustrie in Europa hat große Wertschöpfungsanteile in anderen Branchen. Anteil der Wertschöpfung in anderen Branchen in Prozent. Quelle: Eurostat 2020, OECD 2020, IW 2021

  • Metallerzeugung- und Bearbeitung: 18,3 Prozent
  • Gummi- und Kunststoffwaren: 15,3 Prozent
  • Metallerzeugnisse: 13,1 Prozent
  • Elektrische Ausrüstung: 9,7 Prozent
  • Maschinenbau: 9 Prozent
  • Bergbau: 5,7 Prozent
  • Handel: 5,4 Prozent
  • Datenverarbeitung: 4,8 Prozent

Beschäftigungseffekte in Europa

Innerhalb der EU-28 waren etwa 5,7 Prozent aller Beschäftigungsverhältnisse mit der globalen Nachfrage nach Fahrzeugen verbunden.

13,3 Millionen Arbeitsplätze sichert der Fahrzeugbau in europäischen Industrie- und Dienstleistungsbranchen.

Das entspricht 41 Prozent aller Industriebeschäftigten in der EU.

A parking lot with charging stations for electric cars.
Die Beschäftigungseffekte in der Automobilindustrie sind systemrelevant für die europäische Wirtschaft. - © Getty Images/iStockphoto

Wussten sie, dass …

… laut Berechnungen des Instituts der Deutschen Wirtschaft eine Beimischung von fünf Prozent klimaneutraler Kraftstoffe den Effekt von 100 Prozent emissionsfreien Neuwägen in einem Jahr entspricht?

Wertschöpfungspotenzial für 80 Milliarden Euro

Der Weltmarkt von Power to Liquid (PtX), also die Herstellung von flüssigen, klimaneutralen Kraftstoffen aus erneuerbaren Energien, hat sich in den letzten 20 Jahren verdoppelt. In Europa werden 30 Prozent aller weltweiten Elektrolyseur-Analgen hergestellt. Österreich hat nach Deutschland (11,9 Prozent) und Italien (7,9 Prozent) den höchsten Wertschöpfungsanteil an Power to Liquid Technologien. Laut dem Institut der deutschen Wirtschaft können 80 Milliarden zusätzliche jährliche Wertschöpfung für die europäische Wirtschaft durch die Produktion und den Export von PtX-Anlagen in außereuropäische Potenzialregionen entstehen. Davon 4,6 Milliarden in Österreich