Energiewende Ziele Österreich : Netzausbau: Milliarden-Plan für Österreichs Energiewende

ABD0116_20240408 - WIEN - ?STERREICH: ++ THEMENBILD ++ Illustration zu den Themen Energie / Strom / Strommast / Stromleitung. Im Bild: Strommasten aufgenommen am Montag, 8. April 2024, in Wien. - FOTO: APA/EVA MANHART

Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne) hat am Montag die finale Ausgestaltung des "integrierten" österreichischen Netzinfrastrukturplans (ÖNIP) vorgestellt.

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Die Endfassung des integrierten österreichischen Netzinfrastrukturplans (ÖNIP) wurde am Montag von Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne) präsentiert. Für die Energiewende "brauchen wir nicht nur viele Wind- und Solaranlagen, sondern auch stabile Stromnetze und Wasserstoff für die Industrie", so Gewessler. Der Plan beschreibt den notwendigen Ausbau der österreichischen Energienetze bis zum Jahr 2030 und soll so den Weg zu einem klimaneutralen Energiesystem bis zum Jahr 2040 ebnen.

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Der ÖNIP zeigt Szenarien des zukünftigen Energieverbrauchs und der dazu notwendigen heimischen erneuerbaren Energieerzeugung und leitet daraus den Strom- und Gasleitungsbedarf ab. Darüber hinaus ist geplant, parallel zum bestehenden Erdgasnetz eine Wasserstoff-Infrastruktur aufzubauen. Die zunehmende Elektrifizierung des Energiesystems, die Integration fluktuierender erneuerbarer Energien und erneuerbarer Gase sind wesentliche Bestandteile des Ausbauplans. Der vorgelegte Plan regelt den Ausbau bis zum Jahr 2030, eine Überprüfung ist alle fünf Jahre gesetzlich vorgeschrieben.

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- © Industriemagazin
Der ÖNIP hebt die Notwendigkeit einer parallelen Infrastruktur von Wasserstoff und Methan hervor, damit die Integration von Biomethan und Wasserstoff in das Energiesystem vorankommen kann.
Bernhard Painz, Vorstand der Austrian Gas Grid Management

ÖNIP: Ein Meilenstein für Energiewende und Infrastrukturplanung

Der Entwurf des ÖNIP sei im Herbst 2023 vorgelegt und in Begutachtung geschickt worden. Zahlreiche Akteure aus Energiewirtschaft, Umweltverbänden, Sozialpartnern, Politik, Verwaltung und Bundesländern seien in die Erstellung eingebunden, so Gewessler. "Mit der Veröffentlichung des ÖNIP ist ein Meilenstein für die energiewirtschaftliche Gesamtplanung Österreichs erfolgt", sagte der Vorstand des Übertragungsnetzbetreibers Austrian Power Grid (APG), Gerhard Christiner, auf der Pressekonferenz.

Mit dem ÖNIP könne die Energiewende künftig besser koordiniert umgesetzt werden. Im Osten Österreichs wird derzeit viel Strom aus Wind und Sonne erzeugt, die Netzkapazitäten für den Transport der Überschüsse zu den großen Speicherkraftwerken im Westen Österreichs sind aber oft nicht ausreichend. Die Folge: Verlust von Überschüssen, Verlust von Energie. "Das ist bitter, das tut weh und das kostet auch Geld", so Christiner. Hier sei der ÖNIP ein zentraler Schritt.

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Da der Netzentwicklungsplan bereits einer strategischen Umweltprüfung unterzogen wurde, schaffe er zudem die dringend notwendige Investitionssicherheit für den Netzausbau und beschleunige die nachgelagerten Genehmigungsverfahren für neue Anlagen. Auch der Vorstand der Austrian Gas Grid Management, Bernhard Painz, zeigte sich vor Journalisten erfreut über die Veröffentlichung des Plans, der spartenübergreifend sowohl den notwendigen Strom- als auch den Gasnetzausbau berücksichtigt. "Der ÖNIP hebt die Notwendigkeit einer parallelen Infrastruktur von Wasserstoff und Methan hervor, damit die Integration von Biomethan und Wasserstoff in das Energiesystem vorankommen kann", so Painz. Ziel des geplanten Wasserstoffnetzes ist in erster Linie die Versorgung von Industriestandorten mit einer erneuerbaren Alternative zu Erdgas, die Versorgung von Haushalten ist im aktuellen ÖNIP nicht vorgesehen.

Ein strukturierter Umbau des Stromnetzes ist wesentlich für das Gelingen der Energiewende.
IG-Windkraft-Geschäftsführer Stefan Moidl

Investitionen von 9 Mrd. Euro: APG plant Ausbau der Stromnetze bis 2034

Seitens der APG sind bis 2034 Investitionen von 9 Mrd. Euro in die Stromnetze geplant. Das bestehende Gasnetz soll bis 2050 für 2 Mrd. Euro auf Wasserstoff umgerüstet werden. Der Auftrag, den ÖNEP zu erstellen, ergebe sich aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), in dem beschlossen wurde, dass die österreichische Stromversorgung bis 2030 zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energieträgern (in der nationalen Bilanz) gedeckt werden soll, erklärte Gewessler.

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Die Branchenverbände Erneuerbare Energien Österreich (EEÖ), IG Windkraft und PV Austria reagierten positiv auf den Netzentwicklungsplan. EEÖ-Geschäftsführerin Martina Prechtl-Grundnig sagte in einer Aussendung, der Netzinfrastrukturplan gebe den notwendigen Rahmen für den Ausbau der erneuerbaren Energien vor. Sie hoffe auch, dass es zu einer Beschleunigung der Genehmigungsverfahren kommen werde. "Ein strukturierter Umbau des Stromnetzes ist wesentlich für das Gelingen der Energiewende", sagte IG-Windkraft-Geschäftsführer Stefan Moidl laut Aussendung. Um das Energiesystem umzugestalten, sei aber das Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) noch nicht beschlossen. Das sieht auch PV Austria so. Notwendig sei auch eine Anpassung der Ziele im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und im Erneuerbare-Energien-Ausbaubeschleunigungsgesetz.

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Ausbau des Gasnetzes in Österreich

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Gewessler treibt Leitungsbau voran

"Man kann auch jetzt schon Leitungen bauen", sagte Gewessler zum noch nicht beschlossenen ElWG. Derzeit seien die Einarbeitung der Stellungnahmen aus der Begutachtung und parallel dazu Gespräche mit allen Klubs der Parteien im Gange. Noch vor der Sommerpause des Parlaments will die Ministerin diesen Schritt abschließen. Demnach ist noch eine Zweidrittelmehrheit im Nationalrat notwendig, neben den Stimmen der Regierungsparteien ÖVP und Grüne werden also auch jene von SPÖ oder FPÖ benötigt. Und die Zeit drängt: Das Gesetz soll noch vor den Wahlen im Herbst beschlossen werden.

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IG-Windkraft sieht Bundesländer in der Pflicht

Die IG Windkraft sieht vor allem die Bundesländer in der Pflicht, die entsprechenden Rahmenbedingungen für einen rascheren Ausbau der Windenergie zu schaffen. Geschäftsführer Stefan Moidl sagte am Dienstag bei einer Pressekonferenz, es brauche die Ausweisung neuer Flächen, mehr Ressourcen und Personal für die Genehmigungsbehörden sowie eine Beschleunigung der Verfahren. Bis zum Jahr 2030 könnten - unter günstigen Rahmenbedingungen - rund 1.150 neue Anlagen errichtet werden.

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Österreichs Strom soll bis 2030 zur Gänze aus erneuerbaren Energiequellen gewonnen werden. Um dieses Ziel zu erreichen, braucht es jährlich rund 150 zusätzliche Windkraftanlagen mit einer Leistung von 1.000 Megawatt. Das sei durchaus realistisch, aber nur möglich, "wenn die Bundesländer endlich eine aktive Rolle beim Windkraftausbau einnehmen", so Fritz Herzog, Obmann der IG Windkraft.

So müssten in Deutschland die Flächen für den Ausbau der Windenergie bis 2040 bereits in den nächsten Jahren ausgewiesen werden. Damit hätte die Windbranche Zeit, die Projekte in den nächsten 15 Jahren sukzessive zu entwickeln und müsste sich nicht wie in der Vergangenheit durch eine "Stop-and-Go-Politik" auf Landesebene um die "wenigen scheibchenweise neu freigegebenen" Flächen streiten.

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Stefan Moidl Wirtschaftsnachrichten
Stefan Moidl, Geschäftsführer der IG Windkraft. - © Astrid Knie

Prognose der IG Windkraft: 4-facher Ausbau der Windkraft bis 2025 geplant

Für dieses Jahr rechnet die IG Windkraft mit 13 neu errichteten Anlagen mit einer Windkraftleistung von 104 Megawatt, bis zum Jahr 2025 wird der Ausbau voraussichtlich vier Mal so hoch sein. Grund dafür sei das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das erst ab 2023 seine volle Wirkung entfaltet habe. Im Jahr 2023 hätten insgesamt 22 Windprojekte einen EEG-Fördervertrag erhalten, weitere 300 Windenergieanlagen seien bereits genehmigt oder befänden sich im Genehmigungsverfahren. Damit es nach dem ersten Bewilligungsschub nicht zu einer "Windflaute" kommt, fordert die IG Windkraft in allen Bundesländern neue Flächen für den Windkraftausbau freizugeben.

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"Die Energiewende wird entscheidend vom Tempo der Bundesländer bestimmt", so Moidl. Derzeit erzeugen laut IG Windkraft gut 1.430 Anlagen 3.875 Megawattstunden Strom und decken damit 12 Prozent des österreichischen Strombedarfs. Dafür werden 0,2 Prozent der Fläche Österreichs in Anspruch genommen. Bis 2030 soll mit 2.175 Windkraftanlagen mehr als ein Viertel des österreichischen Strombedarfs gedeckt werden.

Das Windkraftgeschäft in Europa steht vor erheblichen Herausforderungen: Lieferkettenprobleme, Konstruktionsfehler, hohe Kosten und niedrige Garantiepreise bedrohen die Branche. Die steigenden Projektkosten führen zu einem Rückgang der Umsetzung neuer Projekte. In Österreich blieb bei der letzten Ausschreibung für Förderungen für neue Windkraftanlagen kein einziger Antrag eingegangen. Dieses Problem gefährdet nicht nur in Österreich, sondern europaweit die Erreichung der Klimaziele. Die Hersteller von Windkrafttechnologien spielen hierbei eine maßgebliche Rolle.