Lebensmittel-Industrie : Agrana fährt im Geschäftsjahr 2022/2023 wieder Gewinne ein

Agrana investiert massiv in Österreichs einzige Kartoffelstärke-Fabrik

Agrana investiert massiv in Österreichs einzige Kartoffelstärke-Fabrik

- © APA PictureDesk/AGRANA/Schedl

Der Frucht-, Stärke- und Zuckerkonzern Agrana errichtet heuer eine zusätzliche Walzentrocknungsanlage in der Kartoffelstärkefabrik Gmünd im Waldviertel. Ziel der Investition in Höhe von 23 Millionen Euro ist die Steigerung der Produktion von technischen Spezialstärken für die Bau- und Klebstoffindustrie. Die Fertigstellung der neuen Anlage ist für Juli 2025 geplant. Damit wird die Produktionskapazität für technische Stärken um ein Drittel erhöht.

Derweil blickt das Unternehmen auf ein erfolgreiches Geschäftsjahr 2022/2023 zurück. Die Abschreibungen auf das Geschäft in Russland und der Ukraine hatten dem Agrarkonzern in den Jahren 2021/22 einen Verlust in Höhe von 12,2 Millionen Euro beschert. Derzeit gebe es keine Überlegungen, sich aus Russland zurückzuziehen.

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Vor allem mit der Marke "Wiener Zucker" ist Agrana bei den österreichischen Endverbrauchern bekannt. An 55 Produktionsstandorten weltweit beschäftigt der Konzern rund 9.000 Mitarbeiter.

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Markus Mühleisen, CEO Agrana
Markus Mühleisen, CEO Agrana - © Agrana

Zurück in Gewinn-Zone

Der börsenotierte Konzern ist im Geschäftsjahr 2022/23 bei einem Umsatz von 3,63 Mrd. Euro (+25,4 Prozent) mit einem Konzernergebnis von 24,7 Mio. Euro wieder in die Gewinnzone zurückgekehrt. Abschreibungen auf das Russland- und Ukraine-Geschäft hatten dem Agrarkonzern im Geschäftsjahr 2021/22 noch einen Verlust in Höhe von 12,2 Mio. Euro beschert.

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"Im Segment Zucker haben wir den Turn-Around geschafft, im Segment Stärke waren hohe Ethanolnotierungen im ersten Halbjahr 2022/23 sowie gute Geschäfte mit Weizengluten Hauptgründe für die solide Ergebnisentwicklung", kommentierte Agrana-Chef Markus Mühleisen in einer Aussendung am Mittwoch die aktuellen Geschäftszahlen. Im Geschäftsbereich Frucht sei man froh, dass die Agrana-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter in der Ukraine bisher "von den Kriegshandlungen unversehrt geblieben" seien.

Die Dividende an die Aktionäre soll nach der Rückkehr in die Gewinnzone erhöht werden. Der Vorstand der Agrana wird der Hauptversammlung in diesem Jahr die Ausschüttung einer Dividende in Höhe von 0,90 Euro je Aktie vorschlagen. Für das Geschäftsjahr 2021/22 beträgt die Dividende 0,75 Euro je Aktie.

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Für das Geschäftsjahr 2023/24 rechnet der Agrana-Vorstand mit "einem sehr deutlichen Anstieg" beim Ergebnis der Betriebstätigkeit (Ebit) und mit einem "deutlichen Anstieg" beim Umsatz. Größter Unsicherheitsfaktor für die Prognose bleibe der Krieg in der Ukraine und dessen Folgen. "Wegen der unvorhersehbaren Entwicklungen des Krieges können unter anderem außergewöhnliche Kostensteigerungen und Nachfragerückgänge nicht ausgeschlossen werden", hieß es in der Unternehmensmitteilung.

© APA
Wegen der unvorhersehbaren Entwicklungen des Krieges können unter anderem außergewöhnliche Kostensteigerungen und Nachfragerückgänge nicht ausgeschlossen werden
Presse-Aussendung der Agrana

Noch kein Rückzug aus Russland

Die Agrana betreibt mehrere Fruchtverarbeitungswerke in der Ukraine und in Russland. "Wir verurteilen den Angriffskrieg der russischen Regierung auf die Ukraine aufs Schärfste und wir unterstützen die Politik des Putin-Regimes in keinster Weise", sagte Agrana-Chef Markus Mühleisen bei der Bilanzpressekonferenz am Mittwoch in Wien.

"Das ist menschenverachtend." Im Hinblick auf die Nahrungsmittelversorgung der Menschen in Russland sei es aber "richtig nach wie vor, dort zu bleiben", so Mühleisen. "Aber das kann sich morgen ändern." Man bewerte die Situation in Russland "ständig neu".

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"Es ist derzeit schwer einzuschätzen, ob in Zukunft weitere Bewertungsmaßnahmen für Vermögenswerte in der Ukraine und in Russland vorgenommen werden müssen", heißt es im aktuellen Agrana-Jahresbericht. Der Krieg in der Ukraine hat auch in der Gewinn- und Verlustrechnung der Agrana im Geschäftsjahr 2022/23 seine Spuren hinterlassen. Das Ergebnis aus Sondereinflüssen beträgt minus 88,8 Mio. Euro, was auf Sonderabschreibungen aufgrund des Ukraine-Krieges und stark gestiegene Kapitalkosten zurückzuführen ist.

Hohe Sprit-Preise helfen der Agrana

Der Frucht-, Stärke- und Zuckerkonzern wurde durch die gestiegenen Energiepreise belastet. Agrana ist es nach eigenen Angaben aber gelungen, die gestiegenen Kosten zu einem großen Teil an die Kunden weiterzugeben. Verglichen mit dem Vorjahr stiegen die Energiekosten um 66 Prozent auf 357 Millionen Euro, teilte Agrana weiter mit.

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Die Erhöhung der Beimischungsquote von Bioethanol zu Benzin in Österreich von 5 auf 10 Prozent im heurigen Jahr ist für Firmenchef Mühleisen eine gute Entwicklung" für das Agrana-Bioethanolwerk in Pischelsdorf (Niederösterreich). Dort werden jährlich aus rund 600.000 Tonnen Getreide (vor allem Weizen und Mais) rund 250.000 Kubikmeter Bioethanol erzeugt.

Hintergrund für die schrittweise Einführung von E10 in Österreich ist die Novelle der Kraftstoffverordnung, die mit 1. Jänner 2023 in Kraft tritt. Laut Wirtschaftskammer wird E10 mit der Umstellung von Winter- auf Sommersorte Ende März/Anfang April 2023 auf den Markt kommen.

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Nach der Rückkehr in die Gewinnzone soll die Dividende für die Aktionäre erhöht werden. Der Agrana-Vorstand wird der diesjährigen Hauptversammlung die Ausschüttung einer Dividende von 0,90 Euro je Aktie vorschlagen. Die Dividende für 2021/22 beträgt 0,75 Euro je Aktie.

Bioethanol-Anlage der Agrana in Pischelsdorf/Niederösterreich

- © Agrana

Stärke statt erdölbasierte Produkte

„Technische Industrien setzen vermehrt – auch aufgrund gesetzlicher Vorgaben – auf biobasierte Materialien und wählen Stärke als nachhaltige Alternative zu erdölbasierten Produkten. Der Werksausbau trägt dieser steigenden Nachfrage Rechnung und sichert die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Gmünd“ betont Dr. Norbert Harringer, Technik-Vorstand der Agrana Beteiligungs-AG. In Europa ist das Unternehmen Marktführer bei Technischen Stärken sowie Bio-Stärken.

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Österreichs einzige Kartoffelstärkefabrik in Gmünd produziert mit rund 420 Beschäftigten Stärke für Lebensmittel sowie für technische Anwendungen, etwa in der Bau-, Kosmetik- und Pharmaindustrie. Auch die Verarbeitung von Kartoffeln aus biologischem Anbau zu Bio-Stärke, Bio-Verzuckerungsprodukten und Bio-Kartoffeldauerprodukten wie Kartoffelpüree, Kartoffelteigmischungen und Babynahrung erfolgt in Gmünd. Über 300 verschiedene Stärkeprodukte werden bei Agrana in Gmünd hergestellt.

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"Ein wesentlicher Anteil unserer Investitionen wird in Zukunft für weitere Maßnahmen zur Reduktion der Treibhausgasemissionen verwendet", betonte Agrana-Chef Markus Mühleisen.

Agrana will bis 2040 CO2-neutral zu produzieren und "bis spätestens 2050 auch ihre in der vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette entstehenden Emissionen, von der landwirtschaftlichen Urproduktion bis hin zum Transport der Produkte zu unseren Kunden, auf netto null zu reduzieren", so der Konzernchef.

Österreichs einzige Stärkefabrik in Gmünd

- © Agrana

Erfolgreiches Geschäftsjahr wird erwartet

Ein deutlich über den ursprünglichen Erwartungen liegendes operatives Ergebnis erwartet die Agrana-Gruppe für das Geschäftsjahr 2022/23. Mit 158 Mio. Euro soll es - vorläufig und ungeprüft - um bis zu 50 Prozent über dem Wert des abgelaufenen Geschäftsjahres liegen. Wie das börsennotierte Unternehmen mitteilte, beläuft sich der Umsatz vorläufig auf 3,6 Milliarden Euro (2021/22: 2,9 Milliarden Euro). Weitere deutliche Ergebnissteigerungen werden für das bereits laufende Geschäftsjahr 2023/24 erwartet.

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Auch das vorläufige Ergebnis der betrieblichen Tätigkeit (EBIT) für das Geschäftsjahr 2022/23 lag zum Stichtag 28. Februar 2023 mit 88 Millionen Euro deutlich über dem Wert für das Geschäftsjahr 2021/22, als es bei knapp 25 Millionen Euro lag. Im EBIT sind Wertminderungen auf Vermögenswerte und Firmenwerte in Höhe von 91 Mio. Euro (Vorjahr: Ergebnis aus Sondereinflüssen minus 70 Mio. Euro) enthalten, die bereits zum Halbjahr erfasst wurden.

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Die offiziellen Zahlen werden am 17. Mai veröffentlicht. Wesentliche Unsicherheitsfaktoren bleiben laut Unternehmensaussendung der Ukraine-Krieg und seine Folgen. Agrana ist sowohl in der Ukraine als auch in Russland tätig. Agrana will weiter an seinem Russland-Geschäft festhalten – laut CEO Markus Mühleisen eine sehr schwere Abwägung für den Konzern. "Wir liefern zusammen mit unseren Kunden Grundnahrungsmittel und sind deswegen nach wie vor der Überzeugung, dass es richtig ist, zu bleiben", verteidigt er die Entscheidung. Er sagt aber auch: "Wir evaluieren das natürlich ständig vor dem Hintergrund neuer Entwicklungen".

Agrana-Standort in Russland

- © Agrana

So blickt das Unternehmen ins heurige Jahr

Für das Geschäftsjahr 2023/24 rechnet der Agrana-Vorstand mit "einem sehr deutlichen Anstieg" des Betriebsergebnisses (EBIT) um mehr als 50 Prozent und einem "deutlichen Anstieg" des Umsatzes. Größter Unsicherheitsfaktor für die Prognose bleibe der Krieg in der Ukraine und dessen Auswirkungen. "Wegen der unvorhersehbaren Entwicklungen des Krieges können unter anderem außergewöhnliche Kostensteigerungen und Nachfragerückgänge nicht ausgeschlossen werden", hieß es vom Unternehmen.

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Positiv sieht es auch für das Zuckergeschäft in Österreich aus: Der Betrieb der Agrana-Zuckerfabrik in Leopoldsdorf im Marchfelde (Niederösterreich) ist für heuer wieder gesichert, nachdem die heimischen Zuckerrübenbauern eine Anbaufläche von 38.000 Hektar zugesichert haben. Mitte 2020 stand die Zuckerfabrik Leopoldsdorf vor dem Aus, weil die Bauern aufgrund der damals niedrigen Preise zu wenig Zuckerrüben anbauten. Ein Branchenpakt zwischen Vertretern der Zuckerwirtschaft und der Politik sicherte damals den Weiterbetrieb der Fabrik.