Innovation : Greiner-Chef Kühner: "Muss die Innoventures vor mir selbst schützen"

Axel Kühner, CEO Greiner

"Als CEO muss ich die Innoventures manchmal vor mir selbst und meinem Effizienzanspruch schützen."
Axel Kühner, CEO Greiner

- © SILVIA WITTMANN_WWW.MARTINUNDSILVIA.AT

Hat sich Hannes Möseneder einmal warm geredet, könnte man glauben, Axel Kühners schärfsten Kritiker vor sich zu haben. Standpunkte vertritt er nicht grundsätzlich, aber zwangsläufig andere als der Greiner-CEO.

"Unsere operativen Sparten stehen vor gewaltigen Herausforderungen und Teile ihrer Geschäftsmodelle sind gefährdet." Solche Sätze gehen ihm locker und flockig, mit einem Anflug sublimen Humors, von den Lippen. Und dann erst das Produkt, für das sich Möseneder in der neuen Greiner Zeroplast GmbH (die Eintragung ins Firmenbuch erfolgte erst am 12. August) stark macht. Ein Gegenentwurf zur Kunststoffwelt – und konträr zum Firmencredo "Plastics for Life". Noch bricht das – konventionell spritzgussfähige – Naturmaterial aus Reststoffen der Lebensmittelerzeugung, wenn es zu Boden fällt. Sieht so ein biogener Wunderwerkstoff aus, der für Kosmetikverpackungen taugen soll? Wen hat der Greiner-Chef da bloß mit Verantwortung und entsprechendem Budget ausgestattet?

Axel Kühner lacht. Natürlich ist Hannes Möseneder genau sein Mann. Im mehr als 150 Jahre alten oberösterreichischen Traditionskonzern hat sich Möseneder, der seit 1983 im Unternehmen ist und unter anderem einige ehemalige Sparten des Schaumstoffbereichs leitete, längst seine Sporen verdient. Als Leiter der Greiner Innoventures – dem formal abgetrennten Innovationsarm des Konzerns – ist er nun dazu berufen, das "Gegenteil dessen zu tun, was Greiner sonst so tut", sagt Kühner.

Vor Effizienzanspruch des CEOs geschützt: Mitarbeiter der Greiner Innoventures

- © ANDREA HIRSCH

Neue Ideen durch Corporate Startups jagen

Separiert von der Konzern-R&D wird die Idee, die über einen Asset-Deal aus der Gründerszene in die Greiner-Welt fand, nun zu sechst in einem Company-Building-Projekt weiterverfolgt. Ohne Masterplan – "nach den ganz eigenen Gesetzmäßigkeiten eines Startups.

"Als CEO muss ich die Innoventures manchmal vor mir selbst und meinem Effizienzanspruch schützen", sagt Kühner. Im Gegenzug erwarte er aus der Innoventures Ideen und Projekte, die er eigentlich "für verrückt" halte. Alles. Oder nichts.

Ein Wagnis, das jetzt, wo Unternehmen auf Ertrag, Kosten und Kerngeschäft schielen und sich bestenfalls in Preisverhandlungen ein Löwengesicht aufschminken, reichlich unorthodox anmutet. Niemals war der Umbau von Marken riskanter. Zu den Klassikern der Unternehmensführung wie Digitalisierung und sich wandelnden Endkundenbedürfnissen hat sich quasi über Nacht ein giftiger Cocktail zusammengebraut. Energieknappheit, Teuerung, Klimakrise. Unternehmen müssen gerade deshalb ihre Story neu erfinden. "Es gilt, jetzt konsequent neue Pflänzchen zu setzen", sagt Edgar Müller.

Er ist Gründer der südwestdeutschen Smiling Venture, berät und unterstützt Unternehmen beim Aufbau von Innovationseinheiten außerhalb der Kernorganisationen. Letztere würden ihre bisherige Ausnahmestellung am Markt - ihr Rennerprodukt - mit untauglichen Mitteln ins neue Zeitalter zu retten versuchen. Es braucht vielmehr den Aufbruch ins Ungewisse. Protagonisten der klassischen inkrementellen Innovation, die ihre Kreationen wie Heiligtümer behandeln, sind dabei eher hinderlich.

Hannes Möseneder, Managing Director, Greiner Innoventures
Hannes Möseneder ist seit 1983 beim Unternehmen. Jetzt leitet er Greiner Innoventures. - © Greiner / Michaela Kraus

Separierung im Trend

Neue Ideen durch Corporate Startups jagen, beständig die Innovationsfrequenz erhöhen, opportunitätsgetrieben Assets und Geschäftsmodelle außerhalb der Linienorganisation hervorbringen: "Das ist jetzt Teil des Anforderungs-Setups", sagt Georg Frick, Managing Partner beim Wiener Company Builder V_labs und als solcher ein Verfechter der Separierung.

Auch wenn ein Inhousemodell "mit eigener Identität, eigenen Prozessen und neuem Personal" in der Kernorganisation zunächst nicht für Meinungsharmonie sorgen mag. Es sichert die Wandlungsfähigkeit in einer an Komplexität zunehmenden Welt. "Und einfacher wird´s ja eher nicht mehr", sagt Frick.

Dieser Artikel ist ein Auszug aus der Story Corporate Venture Building von INDUSTRIEMAGAZIN-Ausgabe 9/22.

Frick Georg Managing Partner V-labs
"Opportunitätsgetrieben Assets und Geschäftsmodelle außerhalb der Linienorganisation hervorbringen: Das ist jetzt Teil des Anforderungs-Setups": Georg Frick, Managing Partner beim Wiener Company Builder V_labs - © V-labs

Die neue Greiner Zeroplast GmbH

Greiner Zeroplast ist der jüngste Spross von Greiner Innoventures, dem Innovationsarm des Greiner-Konzerns.

Im Firmenbuch seit: 12. August 2022

Sitz: Kremsmünster, Oberösterreich

Kapital: 35.000 Euro

Geschäftsführer: Philipp Kranewitter und Johann Möseneder

Geschäftszweig: Entwicklung, Produktion und Vertrieb von Rohstoffen und Verfahren; Maschinenbau; Verwertung von Immaterialgüterrechten