Energie : Hilfe bei Energiekosten: "Es geht uns zu langsam"

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Voestalpine-Chef Herbert Eibensteiner fordert schnellere Hilfen für die Industrie.

- © APG Austria Power Grid

Dem Voestalpine-Chef, Herbert Eibensteiner, geht es bei den Hilfen für heimische Firmen angesichts der Energiekrise und den horrenden Energiekosten zu langsam. Die bisherigen Hilfen seien zwar "positiv für Haushalte und deren Kaufkraft. Aber die Hilfen für die Unternehmen - die sind einfach noch nicht fertig. Der Druck durch hohe Energiepreise ist aber jetzt da", sagte er der "Kleinen Zeitung" am Dienstag. "Die Hoffnung ist schon, dass die Umsetzung jetzt beschleunigt wird."

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"Das geht uns zu langsam", so Eibensteiner zur Zeitung. "Es gibt Beschlüsse, aber die Förderrichtlinien sind nicht fertig." Gut gelaufen sei die Befüllung der heimischen Gasspeicher. Strom- und Gaspreis gehörten auf europäischer Ebene entkoppelt, es gehe ums Tun.

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© Voestalpine

EU-Kommission warnt vor dauerhaften Energie-Beihilfen für Industrie

EU-Kommissions-Vizepräsidentin Margrethe Vestager mahnt, dass bei Hilfen für die Industrie gegen die hohen Energiepreise ein Ende in Sicht sein müsse: "Hilfen dürfen nicht ewig laufen. Steuerzahler können nicht ewig die Rechnung der Industrie übernehmen", sagte die für Subventionskontrolle zuständige Vizepräsidentin der "Süddeutschen Zeitung" laut einem Vorausbericht. "Wir müssen Wege finden, diese Energie-Rechnung zu senken", ergänzte Vestager. Deshalb seien mehr Investitionen in grüne Energien oder ins Stromnetz so wichtig. "Ohne sie wird die Krise länger dauern."

Österreichs Haushalte haben in der ersten Jahreshälfte im Schnitt rund 20,6 Prozent mehr für Gas gezahlt als noch in der Vorjahresperiode. Im Vergleich zu anderen europäischen Staaten hatten die heimischen Verbraucherinnen und Verbraucher aber noch Glück im Unglück. In Estland (plus 154 Prozent), Litauen (plus 110 Prozent), und Bulgarien (plus 108 Prozent) viel der Zuwachs wesentlich kräftiger aus, wie aus aktuellen Eurostat-Daten hervorgeht.

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Durchschnittlich stiegen die Preise für 100 Kilowattstunden (kWh) in der EU um mehr als ein Drittel auf 8,61 Euro. In Österreich waren es nach dem Plus von einem guten Fünftel im Vergleich zur Vorjahresperiode 7,67 Euro pro 100 kWh im ersten Halbjahr. Einzig in Ungarn gab es im Jahresvergleich einen leichten Preisrückgang um 0,5 Prozent auf umgerechnet 2,9 Euro je 100 kWh - dort werden die Gas- und Strompreise staatlich reguliert, so Eurostat. Vergleichsweise günstig blieb das Gas mit Preisanstiegen von bis zu 10 Prozent auch in Kroatien und Portugal.

Am meisten fürs Gas zahlten die Schweden mit umgerechnet 22,2 Euro pro 100 kWh. Wesentlicher Treiber sei der russische Krieg in der Ukraine gewesen, schreibt Eurostat.

Die Statistikbehörde hat sich auch die Entwicklung bei den Strompreisen angeschaut. Hier fiel der Anstieg in Österreich mit 1,5 Prozent auf 22,5 Euro pro 100 kWh relativ gering aus. Die stärkste Preiserhöhungen gab es hier in Tschechien (plus 62 Prozent), Lettland (plus 59 Prozent) und Dänemark (plus 57 Prozent).

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Fünf Länder verzeichneten zwischen dem ersten Halbjahr 2021 und 2022 einen Rückgang des durchschnittlichen Preises, den Haushalte für Strom zahlen müssen. Die Niederländer zahlten Anfang 2022 rund 54 Prozent weniger für Strom. In Slowenien und Polen verbilligte sich die Elektrizität im Jahresvergleich um 16 bzw. 3 Prozent. In diesen drei Staaten macht Eurostat in staatlichen Subventionen den Grund für den billigeren Strom aus.

In Ungarn und Portugal zahlten die Haushalte jeweils ein Prozent weniger für die Kilowattstunde Strom. In absoluten Zahlen war Elektrizität in den Niederlanden zwischen Jänner und Juni 2022 mit durchschnittlich 5,9 Euro per 100 kWh am billigsten, am meisten zahlten die Dänen mit umgerechnet 45,6 Euro.

Wie Europa die Energiepreise senkt

Viele europäische Länder deckeln seit Monaten Strom- oder Gaspreise, um Haushalte und Wirtschaft vor den hohen Energiekosten zu schützen. Auch Deutschland will mit seinem bis zu 200 Milliarden Euro schweren "Doppel-Wumms" Verbraucher und Unternehmen in der Energiekrise abschirmen. Andere EU-Regierungen haben jedoch kritisiert, dass das Land sich damit einen Vorteil verschafft gegenüber anderen Staaten, die weniger Finanzmittel haben.

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Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wiederholt immer wieder, dass das Paket angesichts der Größe der deutschen Wirtschaft angemessen sei und andere Staaten ähnliches täten. Aber: Insgesamt plant die Bundesregierung nach Berechnungen der Brüsseler Denkfabrik Bruegel Ausgaben von bis zu 300 Milliarden Euro für Entlastungen, den "Doppel-Wumms" eingenommen. Das entspricht demnach etwa 8 Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts (BIP). In Spanien etwa liegt der entsprechende Anteil demnach nur bei 2,9 Prozent, in den Niederlande bei etwa 5 Prozent.

Was machen die anderen europäischen Länder? Ein Überblick.

ÖSTERREICH hat im September eine Strompreisbremse beschlossen. Haushalte zahlen damit für rund 80 Prozent ihres Verbrauchs Preise wie vor der Energiekrise. Kosten für den Staat: 3 bis 4 Milliarden Euro. Weitere Strompreisrabatte für große Familien und ärmere Menschen wurden angekündigt. Bereits im Februar hatte die Regierung einen einmaligen Energiekostengutschein von 150 Euro für Haushalte mit niedrigem und mittlerem Einkommen beschlossen. Diese Maßnahme kostet insgesamt etwa 600 Millionen Euro.

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In FRANKREICH sind die Strom- und Gaspreise bereits seit Monaten gedeckelt. Auch im kommenden Jahr soll der Preisanstieg bei 15 Prozent begrenzt werden. Menschen mit geringem Einkommen zahlt der Staat zudem eine finanzielle Unterstützung. Insgesamt sind nach Angaben einer Sprecherin des Wirtschaftsministeriums bis Ende 2023 mehr als 100 Milliarden Euro für die Entlastungen vorgesehen.

Die NIEDERLANDE entlasten ihre Bürger mit einem Paket von 23,5 bis 40 Milliarden Euro. Damit wird ab Jänner für Haushalte und kleine Unternehmer ein Preisdeckel für einen Teil des Verbrauchs von Gas und Strom finanziert. Für November und Dezember 2022 bezahlt der Staat allen Haushalten zudem jeweils 190 Euro als Entlastung für die hohen Rechnungen. Menschen mit einem sehr geringen Einkommen sollen einen extra Energiezuschlag von 1.300 Euro bekommen. Die Mehrwertsteuer auf Energie wurde zuvor bereits von 21 auf 9 Prozent gesenkt.

In IRLAND erhalten Verbraucher eine Stromkostengutschrift über jeweils 200 Euro im November, Jänner und März - Menschen, denen schon Heizkostenzuschüsse zustehen, erhalten mehr. Die Maßnahmen sind Teil eines 11 Milliarden Euro schweren Entlastungshaushaltes, mit dem auch Produkte wie Periodenartikel oder Medikamente bezuschusst werden. Das Maßnahmenpaket sieht außerdem maximal 10 000 Euro monatlich Energie-Zuschuss für Firmen vor und die Mehrwertsteuer auf Strom und Gas wurde auf 9 Prozent gesenkt. Benzin wurde vergünstigt.

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In SPANIEN gilt ein Gaspreisdeckel nicht für Endkunden, aber für Gas in der Stromproduktion - das dämpft auch den Strompreis. Der Bahn-Regionalverkehr ist bis Ende 2022 gratis und Fernfahrten sind billiger. Zudem wurden besonders niedrigere Renten um 15 Prozent erhöht sowie eine Sonderzahlung von 200 Euro für Menschen mit niedrigem Einkommen beschlossen. Die Mehrwertsteuer auf Strom und Gas wurde auf 5 Prozent gesenkt. Insgesamt sollen sich die Entlastungen seit September 2021 auf etwa 35 Milliarden Euro belaufen.

ITALIENs scheidende Regierung unter Ministerpräsident Mario Draghi hat mehrere Hilfspakete beschlossen, um Unternehmen und Verbraucher zu entlasten. Dafür wurden mittlerweile rund 66 Milliarden Euro zusammengekratzt. An der Zapfsäule übernimmt der Staat rund 30 Cent pro Liter Benzin oder Diesel. Mit Hilfskrediten und Mehrwertsteuersenkungen auf Kraftstoffe griff die Regierung der drittgrößten EU-Volkswirtschaft zudem Firmen unter die Arme.

In SLOWENIEN zahlen Haushalte dank einer Preisbremse seit September 15 bis 60 Prozent weniger für Strom als zuvor. Bis Mai 2023 gilt eine Reduktion der Mehrwertsteuer von 22 auf 9,5 Prozent für Gas, Strom, Fernwärme und Brennholz. In diesem Jahr gab es mehrere Einmalzahlungen an ärmere Menschen sowie Hilfen für bedrohte Firmen.

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In KROATIEN gibt es einen Preisdeckel für Strom und die Tarife für Heizkosten wurden für diesen Winter eingefroren. Ärmere Menschen erhielten Nachlässe bei ihren Strom- und Gasrechnungen. Die Mehrwertsteuer für Gas und Fernwärme wurde von 25 auf 13 Prozent gesenkt. Insgesamt kosten die Entlastungen 3,4 Milliarden Euro.

In UNGARN sind Gaspreis und Strompreis für Haushaltskunden bereits seit 2014 gedeckelt. Unter dem Druck der Weltmarktpreise musste die Regierung nun die Regelung kippen. Seit August zahlen die Haushalte nur noch bis zu einer durchschnittlichen Verbrauchsgrenze den alten Fixpreis, der darüber hinausgehende Verbrauch kostet ein Vielfaches.

TSCHECHIEN hat einen Gas- und einen Strompreisdeckel für Haushalte und Kleinabnehmer verabschiedet. Die Kosten der Maßnahme schätzte die Regierung auf umgerechnet bis zu 5,3 Milliarden Euro. Privathaushalte erhalten zusätzlich einen Zuschuss von rund 4000 Kronen (160 Euro) in diesem Jahr. Großverbraucher etwa aus der Industrie können Subventionen beantragen. Kostenpunkt: etwa 1,2 Milliarden Euro.

In POLEN werden die Strompreise für Haushalte im Jahr 2023 bis zu einer bestimmten Verbrauchsgrenze auf dem Niveau von 2022 eingefroren. Seit Februar hat die Regierung zudem den Steuersatz für Benzin und Dieselkraftstoff von 23 auf 8 Prozent gesenkt, die Mehrwertsteuer für Gas wurde ausgesetzt. Da in Polen noch viele Menschen mit Kohle heizen, wurde bereits ein einmaliger Kohlezuschuss von umgerechnet 625 Euro pro Haushalt genehmigt.

In DÄNEMARK können Haushalte einen Teil der Strom- und Gasrechnungen später zahlen, die Preise werden zunächst auf dem Niveau des letzten Quartals 2021 eingefroren. Die Stromabgabe im ersten Halbjahr 2023 wurde auf den EU-Minimumsatz gesenkt wird. Außerdem wird das Kindergeld 2023 um vorübergehend 660 Kronen (knapp 89 Euro) erhöht.

In LITAUEN plant die Regierung, einen Teil des Strompreises für alle Haushalte zu übernehmen. Im noch nicht vom Parlament gebilligten Staatshaushalt für 2023 sind 812 Millionen Euro dafür vorgesehen. Auch die Gaspreise sollen für Verbraucher ab dem 1. Jänner um nicht mehr als 40 Prozent steigen. Das soll 56 Millionen Euro kosten.

In ESTLAND werden Haushalte bei ihrer Stromrechnung mit einer Beihilfe von bis zu 50 Euro pro Monat unterstützt, wenn der Strompreis 80 Euro pro Megawattstunde übersteigt. Ähnlich werden die Bürger auch bei Gaspreisen von über 80 Euro pro Megawattstunde unterstützt, jedoch nur bei einer bestimmten Verbrauchsmenge.

In LETTLAND wird der Preisanstieg der Energieressourcen teilweise aus dem Staatshaushalt gedeckt. Vorgesehen sind Beihilfen für Haushalte, die Gas, Strom, Zentralheizung, Brennholz, Holzpellets oder Briketts zum Heizen nutzen. Zusätzliche Leistungen erhalten verschiedene Gruppen wie etwa Senioren oder Menschen mit Behinderungen. Dafür werden 442 Millionen Euro bereitgestellt. Ende September wurde noch mit einer neue Strom- und Gaspreisbremse nachgelegt, sodass Privathaushalte die ersten 100 Kilowattstunden Strom zu einem Festpreis erhalten. Beim Gas soll es ähnlich laufen.