Energie : Gaspreis sinkt auf tiefsten Stand seit Juni

Der Gaspreis ist so niedrig wie seit Juni nicht mehr.

Der Gaspreis ist so niedrig wie seit Juni nicht mehr.

- © Gas Connect Austria

Der Preis für europäisches Erdgas ist am Montag kräftig gefallen und auf den tiefsten Stand seit Juni gesunken. In der Früh brach der Preis des Terminkontrakts TTF für niederländisches Erdgas um mehr als 13 Prozent auf 100,00 Euro je Megawattstunde ein. Der TTF-Kontrakt gilt als Richtschnur für das europäische Preisniveau. Am Markt wurde auf vergleichsweise milde Temperaturen und auf die Bemühungen für eine Gaspreisbremse verwiesen.

>>> Wo die Industrie das meiste Gas benötigt.

Nachdem der Gaspreis im frühen Handel zunächst auf 100 Euro gefallen war, wurde er am frühen Vormittag wieder etwas höher bei 104 Euro je Megawattstunde gehandelt. Bisher herrschen in Europa für die Jahreszeit vergleichsweise milde Temperaturen. In Deutschland konnten die Gasspeicher schneller als geplant gefüllt werden und der Füllstand der Speicher liegt bereits deutlich über 95 Prozent. Außerdem habe die Aussicht auf den Beginn der Lieferungen von Flüssiggas die Sorgen über ein zu geringes Angebot in den Wintermonaten gedämpft, hieß es am Markt.

>>> Warum Europa den Gas-Krieg gewinnen wird.

Gaspreis im Sinkflug
Gaspreis im Sinkflug - © APA

Auch der Ölpreis sinkt weiter

Die Ölpreise haben am Montagvormittag stark nachgegeben. Ein Barrel (159 Liter) der Nordsee-Sorte Brent kostete gegen 11.45 Uhr 89,75 US-Dollar und damit rund 4,2 Prozent weniger als am Vortag. Die US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) verbilligte sich um 2,3 Prozent auf 83,39 Dollar das Fass. Marktbeobachter erklärten die Verluste mit aktuellen Konjunkturdaten aus China, der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt und einem wichtigen Importeur von Rohöl.

Die wirtschaftliche Erholung in China bleibt auf wackeligen Beinen. Im dritten Quartal ist Chinas Wirtschaft zwar stärker als erwartet um 3,9 Prozent gewachsen. Allerdings deuteten weitere am Montag veröffentlichte Konjunktur- und Handelszahlen auf ein durchmischtes Bild der Lage hin.

Eine strikte Null-Covid-Strategie der Führung in Peking mit Lockdowns und anderen harten Maßnahmen bremst die chinesische Wirtschaft, die aber auch unter einer schweren Immobilienkrise, hoher Verschuldung und schwacher heimischer Nachfrage leidet.

"In den nächsten Quartalen dürfte die Wachstumsdynamik gering sein, da der Gegenwind durch die Nullzins-Politik und den Immobilienabschwung anhält", schreiben die Analysten der Commerzbank am Montag. Ohnedies dürfte China nach ihrer Einschätzung in der dritten Amtszeit von Präsident Xi Jinping einen tiefgreifenden wirtschaftlichen Wandel durchlaufen. Der Preis für ein Barrel OPEC-Öl wurde für Freitag mit 92,09 Dollar festgelegt, wie das OPEC-Sekretariat zuletzt mitteilte. Am Donnerstag war der Preis bei 92,48 Dollar gelegen. Der OPEC-Preis setzt sich aus einem Korb von zwölf Sorten zusammen.

>>> Warum das China-Geschäft immer mehr zum Risiko wird.

EU-Vorschlag: Gemeinsame Gas-Einkäufe

Darüber hinaus arbeiten die Länder der EU an Maßnahmen zur Begrenzung des Gaspreises. So sind verpflichtende gemeinsame Gaseinkäufe und eine Art Preisobergrenze für die europäische Gasbörse TTF Teile eines Maßnahmenpakets, das die EU-Kommission zuletzt vorgeschlagen hatte. Seit Ende August befindet sich der europäische Gaspreis in einem Abwärtstrend, nachdem er bei 342 Euro je Megawattstunde ein Rekordhoch erreicht hatte.

Damals hatte ein Lieferstopp von Erdgas aus Russland einen rasanten Höhenflug beim Preis für Erdgas ausgelöst. Trotz der jüngsten Entspannung liegt der Preis für europäisches Erdgas immer noch auf einem vergleichsweise hohen Niveau. Im Jahr 2020 lagen die Notierungen des Terminkontrakts TTF noch unter der Marke von 20 Euro.

>>> Wie kann der energieintensiven Industrie die Energiewende gelingen?

Währenddessen arbeitet die Europäische Kommission an Regeln für gemeinsame Gaseinkäufe der EU-Staaten. Das Vorhaben ist Teil eines neuen Pakets im Kampf gegen die hohen Energiepreise. Durch ihre geballte Marktmacht will die EU niedrigere Preise aushandeln. Laut einem Entwurf sollen Gasunternehmen ihre Nachfrage für mindestens 15 Prozent der vorgeschriebenen Speicherkapazität bündeln. Über diese Menge würde dann zentral mit Gaslieferanten verhandelt.

>>> Kann Spanien bald Gas und Wasserstoff liefern?

Teil der Vorschläge ist auch ein neuer Preisindex für Flüssiggas als Alternative zu dem Gaspreisindex des Handelsplatzes TTF. Viele Kaufverträge in der EU orientieren sich am TTF, der stark schwankt. Die EU-Kommission wird dem Entwurf zufolge auch eine Tür für einen möglichen Gaspreisdeckel offen halten: Während an der TTF-Reform gearbeitet wird, könnte als letztes Mittel im Fall extremer Preise vorübergehend ein beweglicher Preisdeckel am TTF eingesetzt werden.Der Vorschlag muss noch von den EU-Staaten verhandelt werden und könnte im November angenommen werden. Die Frage eines Preisdeckels für Gas dürfte auch Thema beim EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs Ende der Woche werden.

"Ein gemeinsamer Gaseinkauf ist sinnvoll", sagte ÖVP-Delegationsleiterin Angelika Winzig am Dienstag in Straßburg. "Den gemeinsamen Einkauf hätte man schon vor Monaten gebraucht", so SPÖ-Delegationsleiter Andreas Schieder.

Österreich verbraucht weniger Gas

Um die Abhängigkeit von russischem Gas zu reduzieren und den steigenden Energiekosten entgegenzuwirken, hatte die EU-Kommission ein noch nicht verbindliches Einsparziel von 15 Prozent für die Länder der EU vorgegeben. Seit dem befinden sich zahlreiche Länder auf Sparflamme, teilweise mit Erfolg, wie eine Auswertung der Agenda Austria zeigt. So wurden EU-weit im ersten Halbjahr rund 6 % weniger Gas verbraucht als in den Vergleichsjahren. Österreich reduzierte in den ersten sieben Monaten des Jahres seinen Gas-Verbrauch um gut 5 %, verglichen mit den jeweiligen Zeiträumen von 2017 bis 2021.

>>> Folgeschäden der Energiekrise: So sieht es in der Industrie aus.

Finnland reduzierte seinen Gasverbrauch heuer in der ersten Jahreshälfte um kräftige 45,4 Prozent und sparte damit relativ betrachtet so viel Gas wie kein anderes EU-Mitglied. Die österreichischen Nachbarländer Deutschland und Tschechien drosselten ihren Verbrauch um 7,5 bzw. 6,3 Prozent. Portugal reduzierte seinen Gasverbrauch um 4,1 Prozent. Ungarn und Italien taten sich mit Einsparungen von nur 0,4 Prozent bzw. 0,1 Prozent deutlich schwerer dabei, ihren Verbrauch zu reduzieren.