Stellenabbau bei Bosch : Bosch unter Druck: Radikales Sparprogramm kostet bis zu 13.000 Stellen

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Der Autozulieferer Bosch will Kosten sparen und etwa 13.000 weitere Stellen abbauen, vor allem an deutschen Standorten der Zuliefersparte Mobility.

- © Bosch

Der Automobilzulieferer Bosch verschärft sein bereits bekanntes Sparprogramm deutlich: Bis spätestens 2030 sollen zusätzlich bis zu 13.000 Arbeitsplätze wegfallen, vor allem in Deutschland. Das bestätigte Arbeitsdirektor Stefan Grosch gegenüber dem Handelsblatt. „Bedauerlicherweise kommen wir nicht um einen weiteren Stellenabbau über das bereits kommunizierte Maß herum. Das schmerzt uns sehr, doch es führt leider kein Weg daran vorbei“, so Grosch. Hintergrund sind laut Bosch insbesondere die angespannte Lage im Mobility-Bereich und der Druck, die Kosten langfristig zu senken.

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Der Umfang der Einschnitte geht damit deutlich über die im Vorjahr angekündigten 9.000 Stellen in Deutschland hinaus. Bereits im Jahr 2024 hatte Bosch weltweit 11.600 Jobs in seiner größten Sparte, dem Mobilitätsbereich, gestrichen. Insgesamt fallen in Deutschland damit 22.000 Stellen weg. Die Zahl der Beschäftigten lag zuletzt bei rund 230.000, davon 4.500 in Deutschland.

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Bosch nennt betroffene Standorte – Tausende Jobs in Gefahr

Am 15. September hatte Grosch in einem Interview mit der „Stuttgarter Zeitung“ angekündigt, dass der Konzern 2,5 Milliarden Euro einsparen muss. Nach Unternehmensangaben ist das derzeitige Beschäftigungsniveau in Europa – insbesondere in Deutschland – nicht mehr zu halten. Besonders betroffen sind die Bereiche Power Solutions und Electrified Motion. Konkret genannt werden Standorte wie Feuerbach (3.500 Beschäftigte), Schwieberdingen (1.750), Waiblingen (560), Bühl (1.550) und Homburg (1.250).

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Auch in zentralen Funktionen wie Verwaltung, Vertrieb und in Tochterfirmen des Mobility-Bereichs sollen Stellen wegfallen. In Waiblingen plant Bosch zudem die vollständige Schließung der Stechverbindungsproduktion bis zum Jahr 2028.

Die Belegschaft wurde am heutigen Donnerstag über die Pläne informiert. Nun beginnen die Verhandlungen mit dem Betriebsrat. Grosch betonte laut Handelsblatt das Ziel einer sozialverträglichen Umsetzung, warnte jedoch vor Verzögerungen: „Der Zeitdruck ist groß. Verzögerungen verschärfen die Lage weiter.“

Bosch-Werk in Stuttgart-Feuerbach

- © Bosch

Kostendruck und E-Mobilität zwingen Bosch zu harten Einschnitten

Bosch nennt mehrere Gründe für die schwierige Situation: Ein stagnierender Automarkt, zunehmender internationaler Wettbewerbsdruck für Zulieferer sowie der Wandel hin zur Elektromobilität, bei der weniger Personal benötigt wird als in der klassischen Antriebstechnik. Zudem sei es schwierig, Preissteigerungen am Markt durchzusetzen.

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Um seine Wettbewerbsfähigkeit zu sichern, strebt Bosch laut Grosch jährliche Einsparungen von rund 2,5 Milliarden Euro an. Dies sei essenziell für die Zukunftsfähigkeit von Bosch Mobility und des Gesamtkonzerns: „Nur wenn wir diese Kostenlücke schnell schließen, ist die Zukunft von Bosch Mobility und ganz Bosch gesichert“, so Grosch.

Allerdings weisen Kritiker auch auf Fehlentwicklungen hin. Bosch investierte Milliarden in Wasserstofftechnologien, doch die erwartete Nachfrage lässt bislang auf sich warten. Die Hoffnung, durch die Produktion von Brennstoffzellen den Beschäftigten an ehemaligen Dieselstandorten eine Perspektive zu bieten, hat sich bislang nicht erfüllt.

Der Konzern sieht sich zudem mit Schwierigkeiten konfrontiert, Preiserhöhungen am Markt durchzusetzen. Nach Einschätzung von Arbeitnehmervertreter Rainer Sell liegt ein wesentlicher Grund darin, dass chinesische Zulieferer deutlich günstigere Preise anbieten – teils bis zu 30 Prozent unter dem Niveau deutscher Anbieter. Unter diesen Bedingungen könne man nicht konkurrenzfähig bleiben, insbesondere wenn deutsche Autobauer bevorzugt bei diesen günstigeren Anbietern einkauften.

Die Arbeitnehmervertretung fordert deshalb politische Unterstützung in Form von sogenannten Local-Content-Regeln. Diese sollen sicherstellen, dass chinesische Hersteller, die ihre Fahrzeuge auf dem deutschen Markt verkaufen wollen, auch einen Teil ihrer Produktion unter den in Deutschland geltenden Arbeits- und Sozialstandards vor Ort erbringen müssen.

Trotz Milliardenumsatz: Renditeziele bleiben außer Reichweite

Zum Jahresende 2024 erwies sich die Mobilitätssparte als wichtigster Geschäftsbereich von Bosch. Sie steuerte fast zwei Drittel zum Konzernumsatz von 90,3 Milliarden Euro bei. Abseits des Automobilsektors produziert das Stiftungsunternehmen zudem Haushaltsgeräte, Elektrowerkzeuge sowie Technik für Industrie und Gebäude.

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Trotz Sparkurs liegt die angestrebte Rendite von sieben Prozent in der Kfz-Sparte weiterhin in weiter Ferne: Im Jahr 2024 lag sie bei lediglich 3,8 Prozent. Bosch betont jedoch, auf eine nachhaltige Rendite angewiesen zu sein, um als Stiftungsunternehmen langfristig unabhängig agieren zu können. Bosch hat seine angestrebten Renditeziele in den vergangenen Jahren nur selten erreicht. Vor diesem Hintergrund sprach sich Sell dafür aus, das Renditeziel in den kommenden Jahren vorübergehend auszusetzen.

Für das laufende Geschäftsjahr erwartet der Konzern nur einen leichten Umsatzanstieg von etwa zwei Prozent auf rund 57 Milliarden Euro – ein schwacher Trost angesichts der strukturellen Herausforderungen.

Bosch-Zentrale im deutschen Gerlingen bei Stuttgart 

- © Bosch

Sanierung bei ZF stockt: Personalabbau und Führungskrise erschüttern Konzern

Bosch ist bei der Umsetzung seines Sanierungsplans deutlich weiter als der Konkurrent ZF. Während bei Bosch bereits konkrete Schritte eingeleitet wurden, laufen bei ZF die Verhandlungen noch in über einem Dutzend Arbeitsgruppen. Bis zum 30. September sollen zumindest erste Teile des geplanten Sparkurses entschieden werden.

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Das Stiftungsunternehmen vom Bodensee hatte sich erst vor zwei Wochen überraschend von Vorstandschef Holger Klein und Nutzfahrzeugchef Peter Laier getrennt. Bereits bekannt ist, dass ZF bis zum Jahr 2028 bis zu 14.000 Stellen in Deutschland abbauen will. Beobachter rechnen allerdings mit noch tiefergehenden Einschnitten, insbesondere in der defizitären Antriebssparte. Diese möchte das Management vorzugsweise in eine Partnerschaft ausgliedern.

Umbau in der Zulieferbranche: Continental spaltet auf – Bosch und ZF ziehen nach

Continental war unter den großen deutschen Autozulieferern der erste Konzern, der umfassende Strukturveränderungen angestoßen hat. Bereits vor fünf Jahren begann das Unternehmen mit dem Umbau, verbunden mit dem Aufbau von rund 20.000 neuen Stellen. Inzwischen wurde der Konzern aufgespalten: in die Antriebssparte Vitesco sowie Aumovio, die sich auf automatisiertes Fahren, Elektronik und Software spezialisiert. Vom ursprünglichen Geschäft ist bei Continental heute im Wesentlichen nur noch der Reifensektor übrig geblieben.

Auch bei ZF sind weitere Ausgliederungen geplant. In der Achsmontage wurden bereits erste Schritte vollzogen. Zudem wurden die Werke in Gelsenkirchen und Eitorf geschlossen.

Auch Bosch wird sich künftig von unrentablen Bereichen trennen müssen. So steht beispielsweise das Werk in Waiblingen zur Disposition. Trotz einer Eigenkapitalquote von 44 Prozent – und damit deutlich solider als ZF mit nur 17 Prozent – wächst auch bei Bosch der Druck spürbar.

Continental hat bereits vor fünf Jahren umfassende Strukturveränderungen angestoßen

- © Continental

Deutsche Autozulieferer verlieren Schlüsseltechnologie an CATL

In der Branche gilt es inzwischen als sicher, dass Bosch in absehbarer Zeit von CATL, dem chinesischen Batteriehersteller, an der Weltspitze abgelöst wird. Ein wesentlicher Teil der Probleme deutscher Autozulieferer ist hausgemacht: Weder Zulieferer noch Autobauer haben es geschafft, eine starke eigene Batteriefertigung aufzubauen. Damit fehlt ihnen der zentrale Wertschöpfungsanteil im Elektroauto.

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Alle großen Zulieferer haben sich im Rahmen der Transformation zur Elektromobilität auf elektrische Antriebsstränge, Softwarelösungen und zentrale Bordcomputer konzentriert. Doch gerade in diesen Bereichen verschärft sich der Wettbewerb erheblich: Bei Elektromotoren dominieren zunehmend chinesische Anbieter mit aggressiven Preisen, bei Software und Chips drängen internationale Technologiekonzerne auf den Markt. Für die deutsche Zulieferindustrie entsteht so ein gefährliches Spannungsfeld – im schlimmsten Fall bleibt ihnen nur noch die Fertigung margenschwacher Komponenten, deren Produktion in Deutschland kaum wirtschaftlich ist.

Bosch versucht, dem gegenzusteuern – insbesondere im Bereich Software. Das Unternehmen beschäftigt inzwischen mehr als 40.000 Softwareentwickler. Vorstandschef Stefan Hartung sieht darin einen strategischen Vorteil, vor allem durch die enge Verbindung zur Hardware: „Bosch kann beides: Software und Hardware. Ohne anspruchsvolle Hardware bewegt sich selbst das klügste Auto keinen einzigen Millimeter“, sagte er in München.