Stahl : 1,2 Mrd. Euro: Voestalpine mit weniger Gewinn 2022/2023

Voestalpine investiert in Green-Tech-Steel

Der Stahlriese voestalpine hat 2012/13 in schwierigem Umfeld kräftig investiert und massiv Schulden abgebaut

- © Voestalpine

Der Stahlriese voestalpine hat 2012/13 in schwierigem Umfeld kräftig investiert, massiv Schulden abgebaut und letztlich weniger verdient. Unter dem Strich blieb ein Überschuss von 1,2 Mrd. Euro. Das sind um 11,4 Prozent weniger als im Vorjahr, wie der Konzern am Mittwoch mitteilte.

>>> Voestalpine: Milliarden-Investition in grünen Stahl.

Im Vergleichswert des Vorjahres war allerdings ein Neubewertungsgewinn von 257 Millionen Euro aus dem Verkauf des Roheisenwerks in Texas an ArcelorMittal enthalten. "Dieser Einmalertrag fällt natürlich heuer weg", erklärte Finanzvorstand Robert Ottel bei einer Pressekonferenz. Die Voest hat einen Anteil von 80 Prozent verkauft und hält nun 20 Prozent.

Nie mehr eine wichtige News aus der Industrie verpassen? Abonnieren Sie unser Daily Briefing: Was in der Industrie wichtig wird. Täglich um 7 Uhr in Ihrer Inbox. Hier geht’s zur Anmeldung!

Finanzvorstand Robert Ottel

- © Voestalpine

Äußerst unsichere Lage

Das Ergebnis je Aktie (EPS) sank im abgelaufenen Geschäftsjahr den Angaben zufolge um 17,4 Prozent von 7,38 auf 6,01 Euro. Die Dividende soll dennoch von 1,2 auf 1,5 Euro je Aktie erhöht werden, so der Vorschlag des Managements an die Hauptversammlung am 5. Juli.

>>> Oberösterreich: Wie der 220V-Versorgungsring die Elektro-Stahlproduktion voranbringen kann

Der Ausblick für das gesamte laufende Geschäftsjahr (per Ende März 2024) ist verhalten: Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen soll von 2,5 Milliarden auf 1,7 bis 1,9 Milliarden Euro deutlich zurückgehen - "unter der Prämisse keiner massiven wirtschaftlichen Verwerfung, ausgelöst von der Zinspolitik der Zentralbanken, sowie der Annahme keiner weiteren Eskalationsszenarien aus dem Ukraine-Krieg oder zusätzlicher geopolitischer Spannungen", skizzierte der Vorstand die insgesamt äußerst unsichere Lage.

>>> Wie die Montanuniversität Leoben Stahlherstellung nachhaltiger machen will

Rückblickend habe der Konzern im vergangenen Jahr "mehrere große Herausforderungen" zu bewältigen gehabt, betonte CEO Herbert Eibensteiner und verwies auf die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine, hohe Energiepreise, stockende Logistikketten, steigende Zinsen, hohe Inflation und Fachkräftemangel.

Herbert Eibensteiner, CEO: "mehrere große Herausforderungen"

- © Voestalpine

Allein die Energiekosten stiegen gegenüber dem Vorjahr von 860 Millionen auf 1,5 Milliarden Euro, so Ottel. Ein Jahr zuvor (2020/21) hatten sie noch bei 416 Millionen Euro gelegen. Hier sei aber Entspannung in Sicht: "Was wir sehen, ist dass die Energiekosten zurückgehen, das heißt, wir sind bereits am Weg zurück in Richtung Werte von 2021/22", so der Finanzvorstand. Es sei gelungen, so Eibensteiner, "die Rohstoffpreise und Energiekosten am Markt umsetzen zu können" das heißt, sie an die Kunden weitergeben zu können.

>>> Wie die Grazer Marienhütte Kunststein aus Schlacke herstellt

Operativ hat sich die Voest 2022/23 dennoch gut entwickelt: Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) stieg im Vergleich zum Vorjahr von 2,3 auf 2,5 Mrd. Euro (plus 11,1 Prozent). Die EBITDA-Marge ging allerdings von 15,4 auf 14 Prozent zurück. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) stieg von 1,5 auf 1,6 Milliarden Euro. Die Marge sank hier von 9,7 auf 8,9 Prozent.

>>> Stahl: Produktion in Deutschland fällt auf niedrigsten Wert seit 1989

"Wir haben doch über weite Bereiche eine stabile Nachfrage nach voestalpine-Produkten gesehen - und das in einem volatilen Umfeld", betonte Eibensteiner. Besonders gut lief es demnach im Energiebereich - der Konzern produziert Rohre für die Öl- und Gasindustrie - sowie bei Bahn-Infrastruktursystemen (Schienen, Weichen). Die europäische Automobilindustrie sei hingegen "nach wie vor von Lieferkettenproblemen betroffen", so der CEO. In Europa habe die hohe Inflation die Stimmung gedämpft - mit einer Verlangsamung der wirtschaftlichen Entwicklung im zweiten Halbjahr 2022.

Voestalpine Jahresergebnis 2022/2023

- © APA

Neues Edelstahlwerk

Deutlich teurer als ursprünglich geplant wird das neue Edelstahlwerk am steirischen voestalpine-Standort Kapfenberg. Eine Kostenüberschreitung von "bis zu 30 Prozent gegenüber dem ursprünglichen Investitionsplan von 350 Mio. Euro" sei möglich. Um nach den bereits berichteten Verzögerungen einen raschen Hochlauf der Produktion gewährleisten zu können, hätten unter anderem die Eigenleistungen der voestalpine Böhler Edelstahl massiv erhöht werden müssen.

>>> Metallindustrie: So hoch sind Umsatzeinbußen durch Krieg und Sanktionen

Vier Jahre nach dem Spatenstich sei die Bauphase im abgelaufenen Geschäftsjahr 2022/23 erfolgreich abgeschlossen und gegen Ende mit dem Probebetrieb in Form der Heißinbetriebnahme begonnen worden. Die Vollinbetriebnahme des "größten Investitionsvorhabens des Konzerns in den letzten Jahren" erfolgt schrittweise im laufenden Geschäftsjahr 2023/24. Im Vollbetrieb wird das Werk jährlich rund 205.000 Tonnen Spezialstähle für die internationale Luftfahrt-, Öl- und Gas- sowie Automobil- und Werkzeugindustrie produzieren.

>>> Wie die Voestalpine vom PV-Boom profitiert.

Insgesamt investierte der Konzern den Angaben zufolge im abgelaufenen Geschäftsjahr 922 Millionen Euro, um 30 Prozent mehr als im Vorjahr (708 Millionen Euro). Der Schwerpunkt habe auf der "technischen Optimierung der bestehenden Anlagen und Ersatzinvestitionen" gelegen.

Das neue Edelstahlwerk am steirischen voestalpine-Standort Kapfenberg.

- © Werner KRUG.2022 www.derkrug.at

Grüner Stahl made in Linz

"Ein wichtiger Meilenstein für die Zukunft des Konzerns" sei die Genehmigung der Investition von 1,5 Milliarden Euro für greentec steel ("grüner" Stahl) durch den Aufsichtsrat im März dieses Jahres. Noch im Jahr 2023 soll die Entscheidung für Anlagen und Lieferanten fallen, 2024 der Baubeginn und 2027 die Inbetriebnahme der beiden Elektrolichtbogenöfen (EAF). Diese sollen jeweils einen Hochofen in Linz und Donawitz ersetzen. Damit könnten ab 2027 konzernweit "bis zu 30 Prozent" oder 4 Mio. Tonnen CO2-Emissionen eingespart werden, "fast 5 Prozent der CO2-Emissionen Österreichs".

>>> Neue Stahlprodukte mit AI

Wichtige Voraussetzung für diesen nächsten großen Schritt sei die Klärung noch offener Förderfragen. "Wir werden uns im Juni um die Gelder bewerben", berichtete Eibensteiner. Bis Oktober oder November soll die Antwort kommen. Die voestalpine erhoffe sich eine Summe "im hohen zweistelligen Millionenbereich", also unter 100 Millionen Euro.

Auf EU-Ebene ist die Voest in Sachen Förderungen abgeblitzt: "Wir haben uns bereits in der EU beworben - dort sind wir nicht zum Zug gekommen", sagte der Konzernchef mit Blick auf den EU-Innovationsfonds ETS.

Reduzierung der Schulden

Ab 2030 plant die voestalpine, je einen weiteren Hochofen in Linz und Donawitz (Steiermark) stilllegen zu lassen. Der Konzern forsche bereits an mehreren neuen Verfahren und investiere in "Pilotprojekte, die neue Wege in der Stahlerzeugung ermöglichen", um das Ziel der CO2-Neutralität bis 2050 zu erreichen. Im abgelaufenen Geschäftsjahr hat die Voest laut Ottel für den Erwerb von CO2-Zertifikaten 238 Mio. Euro bezahlt.

>>> Schwache Konjunktur: Chinas Exporte eingebrochen

Parallel zu den Großinvestitionen hat die Voest ihre Verschuldung massiv von 2,3 auf 1,7 Mrd. Euro gesenkt - den niedrigsten Wert seit 2006/07, vor der milliardenschweren Übernahme des Edelstahlkonzerns Böhler-Uddehol

Das Gearing (Nettoverschuldung im Verhältnis zum Eigenkapital) verbesserte sich von 32,4 auf 21,4 Prozent. Innerhalb von drei Jahren hätten sich die Schulden "mehr als halbiert". Das Eigenkapital des Konzerns erreichte mit 7,8 Mrd. Euro einen neuen Höchststand. Die voestalpine beschäftigt weltweit 51.200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (2021/22: 50.225).