CO2-Einsparung : Voestalpine: Milliarden-Investition in grünen Stahl

Voestalpine investiert in Green-Tech-Steel

Der Stahl- und Technologiekonzern Voestalpine bietet seit Ende letzten Jahres sämtliche Flachstahlprodukte der Steel Division mit einem reduzierten CO2-Footprint an.

- © Voestalpine

In eine klimafreundlichere Stahlproduktion investiert der börsenotierte Technologiekonzern Voestalpine 1,5 Milliarden Euro. Wie das Unternehmen am Mittwoch in einer Online-Pressekonferenz mitteilte, gab der Aufsichtsrat in seiner jüngsten Sitzung dafür grünes Licht. Vor der Pandemie war für das Großprojekt nur eine Milliarde Euro veranschlagt. Dass es nun teurer wird, liegt zum einen an der inzwischen stark gestiegenen Inflation, zum anderen an einer Erweiterung des Projekts.

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Das Geld fließt in je einen Elektrolichtbogenofen in Linz und Donawitz, der mit Ökostrom betrieben wird. Auf den oberösterreichischen Standort entfallen 70 Prozent, auf den steirischen 30 Prozent der Investitionssumme. Damit werden in einem ersten Schritt ab 2027 zwei der fünf Hochöfen in Österreich mit umweltfreundlicheren Technologien betrieben.

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Damit will die Voestalpine, Österreichs größter CO2-Emittent, ihre Kohlendioxid-Emissionen ab 2027 um bis zu 30 Prozent reduzieren - das entspricht 2,5 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr. "Das Programm ist das größte Klimaschutzprojekt Österreichs - minus 30 Prozent CO2 bedeuten fünf Prozent der Gesamtemission in Österreich", verdeutlichte Konzernchef Herbert Eibensteiner die Dimension. "Ich bin zuversichtlich, dass wir diese Transformation umsetzen können."

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Im Vergleich zur jetzigen zweistufigen Hochofen-LD-Route („Linz-Donawitz Verfahren“), bei der das im Hochofen gewonnene flüssige Roheisen in einem weiteren Schritt im LD-Stahlwerk zu Rohstahl verarbeitet wird, kann dann im EAF Rohstahl mittels Grünstrom in nur einem Prozessschritt hergestellt werden.

- © Voestalpine

Was ist eigentlich ein Lichtbogenofen?

Die Technologie des Lichtbogenofens ist nicht neu: Der erste Elektrostahlofen wurde im Jahr 1900 entwickelt. Derzeit wird rund 40 Prozent des weltweiten Stahls in Elektrostahlöfen herstellt – der regionale Anteil ist stark von den Rahmenbedingungen abhängig. So erfolgt zum Beispiel in Asien nur etwa 20 Prozent der Stahlerzeugung im Elektrolichtbogenofen wohingegen in Nordamerika der Anteil bei 60 Prozent liegt. In der EU stagnierte der Anteil bislang bei rund 40 Prozent. Der Grund: Die höheren Erzeugungskosten. Letztlich ist der Umstieg vom so genannten Sauerstoff-Stahl, der über klassische Hochöfen, weltweit zumeist über das in Österreich entwickelte Linz-Donawitz-Verfahren hergestellt wird, eine Wette auf die Zukunft: Die sichere, preisgünstige und wettbewerbsgerechte Stromversorgung mit Strom aus Erneuerbaren Energiequellen. Und man erwartet sich für grünen Stahl eine erhöhte Nachfrage – Stichwort „grüne Knappheit“ – und damit natürlich auch höhere Margen.

Wasserstoff-Technologie soll nach 2035 größere Rolle spielen

Nach dem Ersatz der ersten beiden Hochöfen durch Elektroöfen bis 2027 sollen bis 2030 zwei weitere Hochöfen in Linz und Donawitz ebenfalls auf Basis der Elektroofentechnologie ersetzt werden. Dafür sind die Hallen ausgelegt. "Das heißt, wir haben dann nur noch einen", so der CEO. Dieser Hochofen soll dann bis 2050 ersetzt werden. Nach 2035 werde die Wasserstofftechnologie eine größere Rolle spielen.

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Der unter dem Namen "greentec steel" entwickelte Plan sieht den Angaben zufolge vor, dass die Anlagen- und Lieferantenentscheidung noch in diesem Jahr fällt, der Bau 2024 beginnt und die beiden Aggregate 2027 in Betrieb gehen. Um die Elektroöfen in den Werken mit grünem Strom betreiben zu können, sei eine 220-KV-Versorgung notwendig.

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Das geplante Investitionsvolumen hat sich gegenüber den ursprünglichen Plänen bereits für den ersten Schritt in Richtung Dekarbonisierung von 1 Mrd. Euro auf 1,5 Mrd. Euro massiv erhöht - der CEO nennt dafür zwei Gründe: "Wie wir die ersten Überlegungen gestartet haben - vor drei, vier Jahren -, waren die Preise deutlich niedriger, aber der wesentliche Anteil ist, dass wir uns entschieden haben, die Gebäude, Rohstofflogistik und die Energieversorgung gleich auf den zweiten Schritt auszulegen." Es wird also vom Start weg mit Blick auf die weitere CO2-Reduktion nach 2027 investiert. Das sei ökonomischer. "Der zweite Elektro-Ofen wird sozusagen um diese Investition, die jetzt schon getätigt wird, weniger kosten", sagte Eibensteiner zur APA.

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Oberösterreich Nachrichten: Herbert Eibensteiner, CEO der Voestalpine, ist der mächtigste Manager in OÖ.
Herbert Eibensteiner, Voest-CEO - © Voestalpine
Greentec steel ist in Österreich das größte Klimaschutzprogramm. Wir können damit ab 2027 fünf Prozent der österreichweiten jährlichen CO2-Emissionen einsparen.
Herbert Eibensteiner, CEO der Voestalpine AG

Voest nimmt Klimaziele ernst

"Natürlich gelten für uns die globalen Klimaziele, bis 2050 die Klimaneutralität anzustreben", betonte der Konzernchef. Diesem Ziel fühlt sich die Voestalpine verpflichtet. Das Zwischenziel der EU auf diesem Weg sei eine Reduktion der Treibhausgase bis 2030 um 30 Prozent gegenüber 1990. "Die EU macht mit dem 'Green Deal' Europa zum ersten klimaneutralen Kontinent", so der Voestalpine-Chef. Das EU-Programm "Fit for 55" biete den rechtlichen Rahmen, um dieses Ziel zu erreichen. Die der Voest zugeteilten CO2-Zertifikate würden ab 2026 sukzessive reduziert und bis 2034 auslaufen. "Das bedeutet für uns einen klaren Plan für die Dekarbonisierung - wir möchten ab 2027 die ersten zwei Hochöfen durch eine grünstrombasierte Elektrotechnologie ablösen."

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Der Beginn der Umsetzung ist für dieses Jahr geplant, steht aber noch nicht genau fest. Das hänge noch von der Klärung offener Förderfragen in Österreich ab. "Das ist ein großes Programm für Österreich und wir erwarten uns auch, dass es Förderungen gibt. Das sehen auch die EU-Regularien vor", so der Voest-Chef. "Es ist eine Gesamtförderung aller Projekte im mittleren bis oberen zweistelligen Millionenbereich möglich", umriss der CEO die zu erwartende Größenordnung mit rund 40 bis 90 Millionen Euro. Die Investitionssumme von 1,5 Mrd. Euro muss die Voestalpine also zum Großteil selbst stemmen - und zwar, so Eibensteiner, "aus eigenem Cashflow und Kreditaufnahmen".

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"Aktuell gibt es noch keine Entscheidung zu einer Förderung, die Förderregeln werden aktuell ausgearbeitet." Der sogenannte Transformationsfonds, der mit drei Milliarden Euro dotiert ist, wurde aber bereits eingerichtet, um heimische Unternehmen bei der Umstellung auf eine umweltfreundlichere Produktion zu unterstützen.

Elektroöfen werden mit Strom betrieben, in Hochöfen dienen Kohle und Koks als Energieträger für die Stahlproduktion. Die Voestalpine betreibt in Österreich derzeit fünf Hochöfen, davon drei in Linz und zwei in Donauwitz. In den beiden Stahlwerken produziert die Voest laut Eibensteiner rund sechs bis sieben Millionen Tonnen "finished, als Verkauf".

voestalpine im Vergleich zu gesamten Emissionen in ?sterreich, Quelle: EU ETS/Wegener Center; Die Auslieferung der APA-Grafiken als Embed-Code ist ausschlie?lich Kunden mit einer g?ltigen Vereinbarung f?r Grafik-Pauschalierung vorbehalten. Dabei inkludiert sind automatisierte Schrift- und Farbanpassungen an die jeweilige CI. F?r weitere Informationen wenden Sie sich bitte an unser Grafik-Team unter grafik@apa.at. GRAFIK 0454-23, 88 x 88 mm
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Mit dieser Investition werden wir die Stahlstandorte Linz und Donawitz, und damit auch die Zukunft unseres Konzerns, langfristig absichern.
Dr. Wolfgang Eder, Aufsichtsratsvorsitzender der Voestalpine AG

Dr. Wolfgang Eder, Aufsichtsratsvorsitzender der voestalpine AG

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Oberösterreichs neuer 220-Kilovolt-Ring

Für den neuen 220-Kilovolt-Versorgungsring gibt Oberösterreich grünes Licht. Ziel der Leitung ist die Erleichterung der Einspeisung von erneuerbaren Energien wie Photovoltaik sowie die Erhöhung der Blackout- und Versorgungssicherheit. Sie ist aber auch für die geplante Elektrostahlproduktion der Voestalpine von großer Bedeutung.

Die Versorgung des oberösterreichischen Zentralraums mit Strom erfolgt derzeit über ein Netz von Hochspannungsleitungen mit einer Spannung von 110 kV. Dieses Netz stammt zum Teil noch aus den 40er Jahren, ist in die Jahre gekommen und entspricht nicht mehr den heutigen Anforderungen, insbesondere im Hinblick auf die Energiewende. Der neue 220-kV-Versorgungsring soll Abhilfe schaffen. Das Projekt sei angesichts der Klimakrise von enormer Bedeutung, sagte Umweltlandesrat Stefan Kaineder (Grüne). Der Baubeginn sei ab 2024 möglich, auch der straffe Zeitplan mit einer schrittweisen Inbetriebnahme ab 2026 könne eingehalten werden.