Rohstoffe: Lithium Vorkommen Österreich : Wird Lithium aus Österreich zukünftig in Saudi Arabien verarbeitet?

European Lithium will in Wolfsberg Lithium abbauen

European Lithium will in Wolfsberg Lithium abbauen. Die Verarbeitung soll voraussichtlich in Saudi Arabien stattfinden

- © European Lithium

Die Vorbereitungen für einen Lithiumabbau auf der Koralm werden von der australischen Firma European Lithium vorangetrieben. Noch im Juni sollen die Abbaurechte in ein an der US-Technologiebörse NASDAQ notiertes Unternehmen eingebracht werden. Die Marktkapitalisierung des Unternehmens liegt bei rund einer Milliarde Dollar. Es zeichne sich aber ab, dass die Weiterverarbeitung des Erzes zu batteriefähigem Lithium nicht in Wolfsberg, sondern in Saudi-Arabien stattfinden werde, sagte CEO Dietrich Wanke im Gespräch mit der APA.

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Denn European Lithium hat mit der saudi-arabischen Firma Obeikan eine verbindliche Vereinbarung über die Produktion von batteriefähigem Lithium abgeschlossen. Das teilte das Unternehmen am Freitag in einer Aussendung mit. Laut Wanke hätten vor allem die "ausufernden Energiekosten" gegen die Verarbeitung des Erzes zu hochwertigem Lithium in Kärnten gesprochen.

Die Gewinnung von reinem Lithium aus dem Erz sei energieintensiv. Dazu werde Gas benötigt. "Eine dreiviertel Milliarde Dollar Mehrkosten" hätten die jüngsten Preisexplosionen bedeutet. "Da muss man knallhart sagen, dass Europa für diese Industrien zur Absicherung der Energiewende nicht wettbewerbsfähig ist."

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European Lithium-CEO Dietrich Wanke im Stollen

- © European Lithium

Per Bahn und Schiff nach Saudi Arabien

In der heute veröffentlichten Mitteilung heißt es, European Lithium gehe davon aus, dass die Vereinbarung zu erheblichen Einsparungen bei den laufenden Betriebskosten, einschließlich der Ausgaben für Energie, und bei den Kapitalkosten sowie zu einer deutlichen Senkung der Steuern führen werde. Die gesamte Kostenkalkulation für das Projekt sei derzeit Gegenstand einer Aktualisierung. Insbesondere spare European Lithium rund 350 Millionen Euro, die für den Bau der Lithiumfabrik in Wolfsberg vorgesehen waren, so Wanke. Die Vereinbarung sieht vor, dass das lithiumhaltige Erz aus Wolfsberg (Zone 1) zur Gänze nach Saudi-Arabien exportiert werden soll.

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Geplant war die Errichtung einer hydrometallurgischen Anlage südlich der Bezirkshauptstadt Wolfsberg, in der jährlich 70.000 Tonnen konzentriertes Erz (Spodumen) zu knapp 9.000 Tonnen batterietauglichem Lithium (LHM) verarbeitet werden sollten. Laut Ankündigung aus dem Jahr 2018 sollten dort rund 130 Arbeitsplätze im Dreischichtbetrieb entstehen, insgesamt also rund 400 Arbeitsplätze. Dieser Arbeitsschritt soll nun voraussichtlich in Saudi-Arabien erfolgen. Wanke betont, dass weder die für das Werk in Wolfsberg erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung noch steuerliche Vorteile in Saudi-Arabien ausschlaggebend für die Neuausrichtung gewesen seien. Vielmehr hätten die US-Partner gesagt: "Finger weg von energieintensiven Industrien in Europa".

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Stattdessen soll das Spodumen nun in Containern nach Saudi-Arabien verschifft werden. Die Kosten seien "marginal", das Erz müsse nur 20 Minuten per Lkw zum Koralmtunnel gebracht und dann per Bahn und Schiff abtransportiert werden, sagt Wanke.

"Finger weg von energieintensiven Industrien in Europa."
US-Partner von European Lithium

Bodenuntersuchungen in Wolfsberg

- © European Lithium

Verkauft für einen Schilling

Vor einer weiteren Wertsteigerung stehen unterdessen die Lithiumvorkommen auf der Koralm. 1992 gingen die Rechte für einen symbolischen Schilling (7,3 Cent) an die Kärntner Montanindustrie GmbH (KMI). Diese verkaufte sie 2011 um 10 Millionen Euro an australische Investoren. Die Rechte liegen nun bei der European Lithium AT Limited mit Sitz auf den Jungferninseln, einer Tochtergesellschaft der australischen European Lithium.

Diese Tochtergesellschaft soll nun in einen an der NASDAQ notierten Firmenmantel namens Sizzle eingebracht werden, so dass ein neues Unternehmen mit dem Namen "Critical Metals" entsteht. Dieses soll zum Start eine Marktkapitalisierung von 972 Millionen Dollar (907 Millionen Euro) haben, wie aus Börsenunterlagen hervorgeht. European Lithium wird 80 Prozent der Anteile halten, die Aktionäre der Muttergesellschaft die restlichen 20 Prozent. Sizzle bringt 159 Millionen Dollar in die Transaktion ein.

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European Lithium ist an der australischen Börse derzeit rund 82 Millionen Euro wert - gut ein Zehntel des US-Neulings. Für Wanke ist das keine Überraschung. Als Explorationsunternehmen sei European Lithium "massiv unterbewertet". Die von der US-Börsenaufsicht streng geprüften Unterlagen würden einen erwarteten Gewinn von 1,5 Milliarden Dollar ausweisen. Wobei Wanke angesichts des Ausbaus der Elektromobilität von einer steigenden Nachfrage nach Lithium bei knappem Angebot und damit weiter steigenden Preisen ausgeht.

Erster Kunde: BMW

Das Unternehmen rechnet in seiner Machbarkeitsstudie mit Gestehungskosten von 19.000 Dollar pro Tonne reinem Lithium, die sich weiter verringern, wenn Feldspat und Quarz gewinnbringend verkauft werden können, und mit Verkaufspreisen von 50.000 Dollar. Der stark schwankende Lithiumpreis liegt derzeit bei etwa 30.000 Dollar, hatte aber Ende 2022 auch schon 80.000 Dollar erreicht. Bis 2021 lag der Lithiumpreis noch unter den Gestehungskosten von European Lithium, doch Wanke weist darauf hin, dass sich längst abzeichne, dass die Nachfrage steigen werde, auch wenn das Angebot begrenzt bleibe.

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Obwohl sich Wanke um die Nachfrage keine Sorgen macht, gibt es bereits einen Vertrag mit BMW über die Abnahme von Lithium für Batterien. Demnach zahlt BMW 15 Millionen Dollar im Voraus und erhält das batteriefähige Lithium zunächst für fünf Jahre mit einem Abschlag von 10 Prozent auf den Spotmarktpreis, heißt es im endgültigen Machbarkeitsbericht für den Erzabbau auf der Koralm, den European Lithium kürzlich vorgelegt hat. Der Autobauer selbst bestätigte auf APA-Anfrage lediglich, dass es eine Vereinbarung mit European Lithium gebe, wollte sich aber zu Details nicht äußern.

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Mit dem Börsegang sollen auch die Abbaurechte in der Weinebene und in den Ostalpen an die US-Börse gehen - nicht aber die Rechte an den Lithium-Aufsuchungsprojekten Bretstein-Lachtal (Bezirke Murtal bzw. Murau), Klementkogel (Bezirke Voitsberg bzw. Wolfsberg) und Wildbachgraben (Bezirk Deutschlandsberg), die sich European Lithium kürzlich sicherte. Sollten sich diese als nachhaltig abbaubar erweisen, sieht sie European Lithium als zukünftiges "Wachstumsfeld". Das australische Unternehmen verfügt auch über Lithiumrechte in der Ukraine und in Grönland.

Einspruch noch möglich

Aus heutiger Sicht soll 2025 mit dem Erzabbau auf der Koralm begonnen werden. Ende 2026 oder Anfang 2027 soll das erste batterietaugliche Lithium auf den Markt kommen, so Wanke. Allerdings hat das Unternehmen noch einen steinigen Weg mit den Behörden vor sich. Denn es hat zwar das Recht, nach Lithium zu suchen und auch das grundsätzliche Recht, Lithium abzubauen (Bergbauberechtigung). Was aber noch fehlt, ist der konkrete Abbauplan. In diesem werden die notwendigen Maßnahmen Schritt für Schritt festgelegt und genehmigt. Vorher sind noch der konkrete Finanzierungsplan, aber auch einige Umweltprüfungen offen. Zudem sei es denkbar, dass Nachbarn Einspruch einlegen und so zu einer jahrelangen Verzögerung führen, auch wenn sie am Ende nicht Recht bekommen.

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Wanke hält dem entgegen, dass es oberirdisch weder Lärm noch Emissionen gebe und European Lithium seit Jahren Daten zu Wasserströmen und anderen Umweltaspekten sammle. Auch mit den Grundstückseigentümern sei man im Gespräch, der größte, die Glock-Stiftung, habe einen Einspruchsverzicht unterschrieben. Sollte es dennoch zu Einsprüchen oder zusätzlichen behördlichen Auflagen kommen, wäre dies höhere Gewalt und würde eine Verzögerung rechtfertigen.

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Darüber hinaus ist European Lithium sicher, mit weniger als 10 Hektar Grundfläche auskommen zu können, so dass keine UVP für den Erzabbau erforderlich ist. Das Bergwerk soll 15 Jahre lang in Betrieb sein. Von den 12 Mio. Tonnen Gestein, die dabei abgebaut werden, sollen knapp 1 Mio. Tonnen Spodumen anfallen, die aus heutiger Sicht voraussichtlich in Saudi-Arabien zu 129.000 Tonnen reinem Lithium verarbeitet werden. Die Abtrennung des Spodumens vom restlichen Gestein soll direkt auf der Koralpe erfolgen, der dabei anfallende Feldspat und Quarz soll idealerweise verkauft werden, etwa an die Glasindustrie. Gespräche mit Interessenten gebe es, aber noch keine Verträge, sagt Wanke. Der Rest des tauben Gesteins soll in den Stollen gelagert werden, aus denen es ursprünglich gefördert wurde.

Bereits 2013 sollte es losgehen

Aus Sicht der Bergbehörde muss ein Projekt innerhalb von sechs Monaten genehmigt werden. Voraussetzung ist, dass es in genehmigungsfähiger Form eingereicht wurde. Ein Jahr für die Bearbeitung eines Antrages ist realistischer, aber auch ambitioniert. Bei Rückfragen kann sich das Verfahren entsprechend verzögern. Außerdem ist die Bergbehörde nur für den Aufschluss und den Abbau zuständig - notwendige Bergwerksanlagen, wasserrechtliche Bescheide, Transporte müssen von anderen Behörden genehmigt werden - so haben auch Land, Bezirk oder Gemeinde ein Wörtchen mitzureden.

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Sollte es zu einer Verzögerung kommen, wäre das für den Lithiumabbau auf der Koralpe keine neue Situation: Als das Projekt 2011 an die Australier ging, sollte 2013 mit dem Erzabbau begonnen werden.

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