Auto-Industrie : Auch ohne BMW-Produktion: Magna im letzten Jahr mit mehr Umsatz und Gewinn

Bitte den Boden vor dem Fahrzeug retouchieren (schwarze Flecken)

Hier im Bild die Produktion des BMW Z4: Werden schon bald keine BMW mehr in Graz gefertigt?

- © Otmar Winterleitner

Mit mehr Umsatz und Gewinn hat der kanadische Autozulieferer Magna das vergangene Jahr abgeschlossen. Die Erlöse stiegen verglichen mit dem Vorjahr um 13 Prozent auf 42,8 Milliarden Dollar (39,8 Mrd Euro), wie Magna mitteilte. Höhere Margen durch Produktivitäts- und Effizienzsteigerungen sowie Kosteneinsparungen sorgten für einen Anstieg des bereinigten Betriebsergebnisses (EBIT) von 1,7 Milliarden auf 2,2 Milliarden Dollar. Der Reingewinn verdoppelte sich. Er stieg von 592 Millionen auf 1,2 Milliarden Dollar.

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Der Konzernumsatz betrug im Schlussquartal 10,5 Milliarden Dollar, was verglichen mit dem Vorjahr einem Plus von 9 Prozent entspricht. Der bereinigte Gewinn vor Steuern (EBIT) stieg von 367 Millionen auf 558 Millionen Dollar. Nach 95 Millionen Dollar im Vorjahreszeitraum stieg der Nettogewinn im vierten Quartal auf 271 Millionen Dollar.

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- © Industriemagazin

In Graz halbierte sich das EBIT

Für 2024 rechnet der Magna-Konzern mit einem Umsatz von 43,8 bis 45,5 Milliarden Dollar. Die EBIT-Marge soll bei 5,4 bis 6,0 Prozent liegen. Für 2026 wird bei einem Umsatz von 48,8 bis 51,2 Mrd. Dollar eine Marge von 7,0 bis 7,7 Prozent erwartet, heißt es im Ausblick. Im Segment "Complete Vehicles" von Magna Steyr in Graz (Steiermark) erzielte das Unternehmen 2023 einen Umsatz von mehr als 5,5 Milliarden Dollar. Im Vorjahr waren es rund 5,2 Milliarden Dollar. Das bereinigte EBIT halbierte sich jedoch auf 124 Mio. Dollar, nach 235 Mio. Dollar im Jahr 2022. Der Standort Graz ist der größte des Unternehmens und der einzige, an dem Fahrzeuge produziert werden.

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Im vierten Quartal 2023 erwirtschaftete das Segment einen Umsatz von 1,2 Mrd. US-Dollar (2022: 1,3 Mrd. US-Dollar) und ein EBIT von 43 Mio. US-Dollar im Vergleich zu 57 Mio. US-Dollar im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Grund für den Umsatzrückgang ist unter anderem das Auslaufen der Produktion des BMW 5er. Im Jahr 2024 soll das Segment einen Umsatz von 5,6 bis 5,9 Mrd. Dollar erwirtschaften, für 2026 liegt der Ausblick mit einer Spanne von 6,1 bis 6,5 Mrd. Dollar höher.

Bald keine BMW-Produktion mehr in Graz?

Die Marke Fisker wollte in diesem Jahr über 40.000 Autos produzieren. Tatsächlich werden es nur rund 10.000 sein. Jaguar baut keine großen Stückzahlen und zieht die Produktion in absehbarer Zeit wieder ab; auch BMW und Toyota werden in Graz nur noch bis Ende des Jahres produzieren. Einzig die Mercedes-G-Produktion brummt derzeit. Und neue Großaufträge für die Produktion sind nicht in Sicht. Auch der Versuch, eine chinesische Marke nach Graz zu holen, gestaltet sich schwieriger als erwartet.

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Im März 2017 rollte der erste BMW 5er - eine weiße 520d Limousine - bei Magna in Graz vom Band. Nach vielen Jahren produzierte Magna wieder für die Bayern. „Durch die Produktion in Österreich wird der BMW 5er zum wichtigsten Auto in und für Österreich", so der damalige Geschäftsführer der BMW Austria GmbH, Chris Collet über den ersten 5er BMW made in Graz. Nun soll die Produktion der 5er Serie aber spätestens zum Ende des Jahre auslaufen. Die daraus entstehenden Konsequenzen sind brisant. 450 Mitarbeiter sind betroffen. Über die weiteren Schritte ist das AMS dem Vernehmen nach noch nicht informiert worden. Auch von Magna gibt es keinen offiziellen Kommentar dazu. Nur, dass es zu „Personalanpassungen“ kommen werde.

Über die ersten Maßnahmen wurden die Mitarbeiter noch vor Weihnachten informiert. Im Grazer Magna-Werk werden Teile des Zweischichtbetriebs auf Einschichtbetrieb umgestellt. Voraussichtlich im Januar wird Magna den Schichtwechsel umsetzen. Es ist davon auszugehen, dass dies bis weit in die erste Jahreshälfte hineinreichen wird. Inoffiziell bedeutet die Schichtumstellung in dieser zeitlichen Länge aber, dass es nur drei Optionen gibt: Kündigungen, Kurzarbeit oder Aufhebungsverträge. Bereits im April 2023 wurde die Produktion eingestellt. 1800 Mitarbeitende waren für fünf Wochen betroffen, die kurze Zeit konnte mit anderen, milderen Massnahmen überbrückt werden.

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Die Zusammenarbeit zwischen BMW und den Steirern reicht bis ins Jahr 2003 zurück. Damals begann die Fertigung des SUV X3, der bis 2010 in Graz gebaut wurde. Anschließend fertigte man für die Bayern den Mini Countryman und den Paceman. Bis 2016 lief die Produktion. Auch der Z4 wird seit 2018 in Graz gebaut.

2017 lief der erste 5er-BMW in Magna vom Band. Damit soll Ende des Jahres Schluss sein.

- © BMW

Weniger Fisker produziert als angenommen

Erschwerend kommt hinzu, dass man nicht weiß, wie schnell Fisker durchstartet. Mit Softwareproblemen allein hat man dort längst nicht mehr zu kämpfen. Mitte Dezember hatte Magna bekannt gegeben, dass in einem Werk des Autozulieferers "vorübergehend" vom Zwei-Schicht- auf Ein-Schicht-Betrieb umgestellt wird. Die Mitarbeiter seien dazu informiert worden, bestätigte ein Magna-Sprecher im Dezember. Demnach seien von der "Personalanpassung" rund 450 Mitarbeiter betroffen. Die genaue Zahl bestätigte Magna nicht. Auch zur konkreten Dauer der Maßnahme machte der Autozulieferer keine Angaben.

Ob die Umstellung in dem betroffenen Werk mit dem Produktionsrückgang bei der Marke Fisker zusammenhängt, ließ der Magna-Sprecher ebenfalls offen. Das Elektroauto-Start-up Fisker kündigte Anfang Dezember an, die Produktion des Ocean bei Magna in Graz aus strategischen Gründen auf rund 10.000 Einheiten herunterzufahren. Ursprünglich hatte das US-Unternehmen eine Produktion von 20.000 bis 23.000 Autos im Sinn.

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"Fisker hat die strategische Entscheidung getroffen, die Produktion im Dezember zu reduzieren, um die Liquidität um mehr als 300 Millionen Dollar zu erhöhen", (275 Mio. Euro) teilte das US-Unternehmen Anfang Dezember 2023 mit. Das Modell Ocean ist das einzige Auto des US-Konzerns Fisker auf dem Markt und wird laut einer Unternehmens-Sprecherin ausschließlich bei Magna in Graz produziert. Bei Magna selbst wollte man sich auf Anfrage nicht äußern: "Magna kann zu den Produktionszahlen seiner Kunden keine Auskunft erteilen."

Das Start-up-Unternehmen mit Sitz in Kalifornien hat derzeit ein Fahrzeug auf dem Markt. Es läuft bei Magna in Graz vom Band. In den nächsten Jahren sollen zwei weitere Fahrzeuge - ein Pick-up und ein Kompaktmodell - hinzukommen. Eine Absage erteilte Fisker dem Bau einer eigenen Fabrik: "Ich glaube nicht, dass die Investoren die Geduld haben, fünf Jahre zu warten, bis ein Unternehmen eine eigene Fertigung aufgebaut hat."

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Der US-Elektroautohersteller verhandelt derzeit mit fünf Autoherstellern über eine strategische Partnerschaft. Es werde angestrebt, in den kommenden Monaten zu einem Ergebnis zu kommen, sagte Fisker-Gründer und -Chef Henrik Fisker. Ob Magna in Graz unter den Verhandlungspartner ist, dazu äußerte sich das us-amerikanische Unternehmen nicht.

Produktion des Fisker bei Magna Steyr in Graz
Fisker-Produktion bei Magna in Graz - © Magna

Auch VW bald Magna-Kunde

Einen Großauftrag von VW hat Magna-Steyr in Graz im November erhalten: Die Steirer sollen in den kommenden Jahren zwei Elektromodelle entwickeln, die ab 2027 unter der Marke Scout verkauft werden sollen, so der Plan. Bis Ende 2026 sollen die Fahrzeuge für 450 Millionen Euro in Graz entwickelt werden.

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Volkswagen hatte bereits vor 30 Jahren den VW Golf Country bei Steyr-Puch entwickeln und in Kleinserie produzieren lassen. Bei den beiden Scout-Modellen handelt es sich um größere Fahrzeuge: ein SUV und ein Pick-up. Beide Fahrzeuge sollen eine Reichweite von rund 650 Kilometern (400 Meilen) haben, heißt es in dem Bericht. Die Marke Scout ist in den USA bekannt, weil es unter diesem Namen bereits einen Crossover des Herstellers International Harvester gab, der zwischen 1961 und 1980 gebaut wurde und Kultstatus erlangte. Im Jahr 2020 erwarb VW zusammen mit dem Nutzfahrzeughersteller Navistar die Rechte an Scout.

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Der neue Scout soll VW nun den Durchbruch auf dem US-Markt bringen. Dort hat der deutsche Autobauer bisher nur einen kleinen Marktanteil. Die fünf Prozent sollen mit den beiden Scout-Modellen verdoppelt werden. Ab 2027 sollen rund 150.000 Einheiten pro Jahr gebaut werden, allerdings nicht in Graz, sondern in Columbia, South Carolina. Dem Vernehmen nach hätte Magna auch gerne die Fertigung in den USA übernommen, kam aber nicht zum Zug. Sitz von Scout Motors wird Tyson in Virginia sein. Magna in Graz wird nun die beiden Fahrzeuge mit Prototypentests bis zur Serienreife entwickeln. Es ist der bisher größte Entwicklungsauftrag für das steirische Unternehmen.

Neuer VW-Scout: Magna entwickelt in Graz für VW zwei neue Elektro-Modelle
So könnte der neue Scout von VW aussehen - © Volkswagen