Magna Steyr in Graz : Magna Steyr und Fisker: "Eine große Wette"

Fisker Ocean Magna Steyr Graz

Firmengründer Henrik Fisker beim Start der Produktion des Fisker Ocean bei Magna in Graz: Magna wird an jedem verkauften Wagen mit einem einstelligen Prozentbetrag vom Verkaufspreis beteiligt.

- © Fisker

Am 17. November ist die Produktion des Elektro-SUV Fisker Ocean bei Magna Steyr in Graz angelaufen. Die Serienproduktion des einst belächelten Elektro-SUV-Projektes, von dem 55 Prototypen bereits im Sommer fertiggestellt und getestet wurden, soll jedoch erst im nächsten Jahr wirklich Fahrt aufnehmen, wie Elektromobilitäts-Innovator Henry Fisker in einem Interview mit dem deutschen Handelsblatt verriet. Bis Jahresende kann Fisker offenbar lediglich 15 Fahrzeuge aus der Grazer Produktion ausliefern. Bislang war man von einer Produktionsmenge von mehreren hundert Stück noch im Dezember ausgegangen. Die prognostizierte Auslieferungsmenge bis Ende des kommenden Jahres 2023 sollt mit rund 42.000 Fahrzeuge unverändert bleiben.

Teile der Produktionstechnik, die bei Magna in Graz eingesetzt werden, wie etwa die zur Produktion benötigten Roboter sowie Materialen kaufe Fisker übrigens offenbar auf eigene Rechnung. „Wir haben etwa 100 Millionen Dollar in unsere Produktion investiert“, sagt Fisker dem Handelsblatt.

Die Kooperation von Magna in Graz und Fisker ist eine sehr Spezielle: Das Elektro-Startup versucht über der Auftragsfertigung jene Probleme umgehen, die andere Automotive-Startups wie Lucid, Rivian oder auch Tesla beim Aufbau von Produktions-Knowhow in Fabriken hatten. Zugleich hält der austro-kanadischen Magna-Konzern einen Anteil von 6 Prozent an der jungen Firma – mit dem strategischen Ziel im Zuge der zunehmenden Umstellung auf E-Antriebe den Durchbruch in die erste Liga des Autobaus zu schaffen. Die Vereinbarung zwischen der kalifornischen Firma Fisker und der austro-kanadischen Magna war 2020 unterzeichnet worden. Das besondere an der Vereinbarung: Magna wird, so Fisker, an jedem verkauften Ocean mit einem einstelligen Prozentbetrag vom Verkaufspreis beteiligt.

Die Zusammenarbeit mit Magna Steyr als Auftragsfertiger beschreibt Fisker als Kombination aus der eigenen Start-up-Denke und dem „organisierten, prozessorientierten“ Zugang der Ingenieure in Graz. Aber auch als „große Wette“: „Es gibt viele skeptische Analysten und Investoren“, so Fisker. In der Autobranche sei das Modell der Auftragsfertigung – wie es in der Hightechbranche, Stichwort Apple und Foxconn üblich ist - schwer zu vermitteln gewesen.

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Mittelfristig will der 58-jährige Däne, der eins Designer für BMW und Aston Martin war und bereits Anfang der 2010er Jahre einen ersten Konkurrenten für Tesla gebaut und mit dem Fisker Karma pleite gegangen ist, eigene Produktionskapazitäten, vor allem am europäischen Markt aufbauen. In den USA soll bis 2024 vom taiwanesischen Auftragshersteller Foxconn für eine Billigvariante des Fisker Ocean ein Werk in Ohio gebaut werden. Ein Werk für den Fisker Ocean könnte hinzukommen. Gerüchte, wonach dahinter die Pläne von Magna Steyr stecken, erstmals mit einem Produktionswerk in die USA zu gehen, kommentiert er nicht.

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Produktion des Fisker bei Magna Steyr in Graz
Henrik Fisker bei Magna Steyr in Graz: Der austro-kanadischen Konzern hält einen Anteil von 6 Prozent an der jungen Firma. - © Magna

Der Fisker Ocean - und Graz

Eingefädelt hat die Partnerschaft zwischen Magna und Fisker - aber insbesondere die Tatsache, dass der Fisker in Graz gefertigt wird - der ehemalige Werkschef Frank Klein, der bis März dieses Jahres das Grazer Werk geleitet hat: Er galt als sehr elektroaffin und bemühte sich, verstärkt neue Autohersteller ansprechen, die im Zuge der E-Mobilität auf den Markt drängen. Die flexible Fertigung im Grazer Werk, die es zulässt auf einer Produktionslinie höchst unterschiedliche Modelle mit verschiedenen Antriebsarten zu produzieren, gilt als zusätzlicher Asset. Nichts deutet daraufhin, dass sich im Bereich E-Mobility-Fokus von Magna Steyr unter dem neuen, alten Boss Günther Apfalter etwas ändern wird.

Der Ocean, der jetzt in Graz produziert wird, ist ein Elektroauto, mit SUV-Silhouette, aber sportlicher und aerodynamischer geformt – samt Solarzellen-Panoramadach und recycelten Materialien. Die Entwicklung des Ocean dauerte weniger als zweieinhalb Jahre. Ein besonderes Anliegen ist Fisker das Thema Nachhaltigkeit. Deswegen ließ er sich bei seinem ersten Besuch in der Steiermark auch gleich das Murkraftwerk zeigen, das dafür sorgt, dass das Werk in Graz CO2-neutral arbeitet. "Happy Start of Production Day", mit dieser Nachricht kündigt der amerikanische Autobauer Fisker am Donnerstag den Beginn der Serienproduktion des Elektro-SUV Fisker Ocean an. Fast noch wichtigerer Nachsatz: "From the carbon neutral factory in Graz."

Dementsprechend setzt man auch auf entsprechende Materialien für den Ocean, wie recyceltes Karbon oder recycelte PET-Flaschen. Die Reichweitenangst soll durch ein Versprechen genommen werden: 630 Kilometer schafft der Ocean mit dem Hyper-Range-Batteriepaket nach Herstellerangaben. Die Basisversion Sport kommt mit einer kleineren Batterie (Reichweite ca. 440 Kilometer) und nur einem E-Motor, die anderen haben zwei E-Motoren mit bis zu 550 PS. Der Basis-Ocean, genannt Sport, ist ab 41.900 Euro zu haben, dazu kommen der Ultra, der Extreme und der Edition One (von dem 5000 Stück aufgelegt werden).

Fisker Ocean Magna
Fisker Ocean bei der Präsentation: Happy Start of Production Day. From the carbon neutral factory in Graz." - © Fisker