Energie : Siemens Energy und die Probleme mit der Windkraft-Tochter

Siemens Energy  Games Windkraft

Die Windkraft-Tochter Gamesa vermasselt Siemens Energy die Bilanz: Bald soll Gamesa von der Börse genommen werden.

- © Siemens Energy

Die Siemens-Energy-Tochter Siemens Gamesa kämpft wegen Mängeln an Windturbinen-Komponenten einmal mehr mit hohen Verlusten. Im ersten Quartal des Geschäftsjahres sei ein Verlust von 884 Millionen Euro aufgelaufen, mehr als doppelt soviel wie die 403 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum, teilte der spanische Windturbinenhersteller mit. Grund seien hohe Garantie- und Wartungskosten.

Der Umsatz sei in der Zeit von Oktober bis Dezember zwar um knapp zehn Prozent auf zwei Milliarden Euro gestiegen. Die negative Entwicklung im Service-Bereich zeige aber, dass noch viel getan werden müsse, um das Geschäft zu stabilisieren und in die Gewinnzone zu bringen, sagte Siemens-Gamesa-Chef Jochen Eickholt.

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Die Lage bleibe auf kurze Sicht schwierig, sagte Eickholt. Siemens Gamesa hatte im Jänner mitgeteilt, dass es Probleme mit Ausfallraten bei bestimmten Komponenten gebe. Dadurch entstünden hohe Garantie- und Wartungskosten. Der Ausblick für das künftige Geschäft der Branche sei weiter gut, erklärte der Konzern. Dazu trügen auch Programme der EU und der USA zur Förderung der Windenergie bei. Allerdings müssten die Ziele und deren Umsetzung stärker in Einklang gebracht werden. In den USA habe der Inflation Reduction Act (IRA), der Förderungen von Erneuerbarer Energie beinhaltet, die Nachfrage angekurbelt, erklärte Eickholt. Daher würden zwei eingemottete Werke früher als geplant wieder in Betrieb genommen.

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Eickholt steht seit dem vergangenem Jahr an der Spitze der seit längerem kriselnden Windkrafttochter. Er hatte ein Strategieprogramm mit dem Namen "Mistral" aufgelegt, das Siemens Gamesa mit einfacheren und schlankeren Strukturen langfristig in die Gewinnzone zurückführen soll. Geplant ist dabei auch der Abbau von Tausenden Stellen. Siemens Energy hält derzeit 92,72 Prozent an dem spanischen Unternehmen, das der Konzern von der Börse nehmen will.

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Die Tochter verhagelt Siemens Energy seit Jahren die Bilanz. Siemens Energy hatte im Jänner erklärt, wegen der Probleme bei der spanischen Windkraft-Tochter nicht damit zu rechnen, dass der Verlust im laufenden Geschäftsjahr reduziert werden könne. Die Aktie von Siemens Energy legte am Donnerstag zeitweise um mehr als zwei Prozent zu. Siemens Energy geht derzeit die notwendigen Schritte um die Windkrafttochter von der Börse zu nehmen. Wie erwartet stimmte eine außerordentliche Gamesa-Hauptversammlung in Bilbao dem Delisting zu. "Der angestrebte Rückzug von Siemens Gamesa von der Börse wird dabei helfen, sich auf die Lösung der operativen Probleme und den Turnaround zu konzentrieren", kommentierte Konzernchef Christian Bruch.

Siemens Energy hatte Ende vergangenen Jahres mit einem Übernahmeangebot seinen Anteil an Gamesa so weit ausgebaut, dass die Einstellung der Börsennotiz nun möglich ist. Mit dem Schritt will das Unternehmen bei der Tochter Aufwand und Kapazitäten einsparen, die mit den Berichtspflichten für die Börse verbunden sind.

Als nächstes müssen nun noch die spanische Börsenaufsicht, sowie die Börsen in Madrid, Barcelona, Bilbao und Valencia zustimmen. Danach kann die Aktie aus dem Handel genommen werden. Dies soll bald geschehen.

Neue Projekte im Irak, Chile und der deutschen Nordsee

Der deutsche Energietechnikkonzern Siemens Energy hat einen Milliardenauftrag bei der Anbindung von Windparks in der deutschen Nordsee erhalten. Zusammen mit dem spanischen Unternehmen Dragados Offshore werden die Münchner Konverterstationen für eine Leistung von bis zu 4 Gigawatt errichten, wie sie am Dienstag mitteilten. Der Gesamtauftrag, der auch die Instandhaltung über 10 Jahre enthält, hat demnach ein Volumen von mehr als 4 Milliarden Euro.

Branchenkreisen zufolge soll etwa die Hälfte des Auftragwerts auf Siemens Energy entfallen. Konkret geht es um Konverter für zwei Netzanbindungssysteme mit je zwei Gigawatt Leistung, die für den deutschen Netzbetreiber Amprion gebaut werden. Laut SiemensEnergy ist es der größte Auftrag zur Offshore-Netzanbindung, den das Unternehmen je erhalten habe. Die zuletzt von den Münchner umgesetzten Projekte hatten mit 900 Megawatt nicht einmal die Hälfte dieser Leistung ermöglicht.

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Die Konverter wandeln den in Windparks erzeugten Strom auf See in Gleichstrom und am Ende der Leitung an Land wieder in Wechselstrom um. Das ermöglicht eine sehr viel verlustärmere Übertragung. Die Anbindungssysteme sollen ab 2029 beziehungsweise 2030 Strom nach Wehrendorf in Niedersachsen beziehungsweise Westerkappeln in Nordrhein-Westfalen übertragen.

Auch seine Zusammenarbeit mit dem Irak will Siemens Energy in den kommenden Jahren weiter ausbauen. Es sei beabsichtigt, in den nächsten fünf Jahren Projekte mit einer Kapazität von mehr als sechs Gigawatt aufzubauen, sagte ein Sprecher auf Nachfrage der Nachrichtenagentur Reuters. Dabei gehe es etwa um den Bau konventioneller Kraftwerke, den Ausbau erneuerbarer Energien und die Stabilisierung des Stromnetzes.

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"Eine sichere Stromversorgung gehört zu den Grundlagen einer stabilen Gesellschaft", erklärte Konzernchef Christian Bruch gegenüber Reuters. Die Elektrifizierung von Großteilen eines ganzen Landes sei daher eine der wichtigsten Aufgaben. Siemens Energy werde gemeinsam mit seinem Partner aus dem Irak alles dafür tun, damit das schnellstmöglich gelinge.

Die jetzige Roadmap knüpft dem Unternehmen zufolge an eine Vereinbarung von 2019 an, die bis 2023 Projekte mit einem Volumen von mehr als einem Gigawatt umfasst.

In Kooperation mit dem Autohersteller Porsche hat Siemens zudem in Chile eine Fabrik für CO2-neutralen Kraftstoff (eFuel) eröffnet. "Das ist nur der Anfang einer neuen Ära", sagte Porsche-Entwicklungsvorstand Michael Steiner am Dienstag. "Diese Fabrik ist ein Meilenstein." Die Anlage Haru Oni bei Punta Arenas ist nach Angaben der Unternehmen weltweit die erste Anlage zur industriellen Herstellung von eFuel.

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Die Kapazität soll bis 2025 etwa 55 Millionen Liter jährlich und bis 2027 rund 550 Millionen Liter erreichen. "Wir stehen als Menschheit vor einer der größten Herausforderung unserer Geschichte", sagte der Vizepräsident von Siemens Energy Lateinamerika, André Clark. Bei dem Projekt wird mit Windstrom CO2-neutraler Kraftstoff erzeugt. Per Elektrolyse wird mit dem Strom Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff gespalten. Anschließend wird CO2 aus der Luft gefiltert und mit dem Wasserstoff zu eFuel umgewandelt. Der Süden von Chile ist wegen des konstanten Windes in der Region gut für die Herstellung des synthetischen Treibstoffs geeignet.

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