Konjunktur : Volle Auftragsbücher bei Siemens

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Volle Auftragsbücher: Siemens erwartet mehr Gewinn und Umsatz

- © Siemens

Dank prall gefüllter Auftragsbücher will sich Siemens der erwarteten Rezession in Europa entziehen. Der im vergangenen Geschäftsjahr um 18 Mrd. auf 102 Mrd. Euro erhöhte Auftragsbestand erlaube dem Technologiekonzern eine klare Sicht auf 2022/23, sagte Vorstandschef Roland Busch am Donnerstag in der Bilanzpressekonferenz. Der Umsatz soll um 6 bis 9 Prozent zulegen, kaum weniger stark als 2021/22.

Der nach einer Abschreibung auf die frühere Energietechnik-Tochter Siemens Energy auf 4,7 (20/21: 6,7) Milliarden Euro eingebrochene Gewinn soll - bereinigt um Sondereffekte - auf mindestens 7 Mrd. Euro steigen.

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"Was uns zuversichtlich stimmt, ist unser Portfolio", sagte Busch. Hard- und Software zur Industrieautomatisierung sowie intelligente Gebäude- und Infrastrukturtechnik unterstützten die Trends zu Nachhaltigkeit und Energieeffizienz. Das helfe den Kunden dabei, Ressourcen zu sparen und damit profitabler zu werden, erklärte Vorstandschef Busch. Weltweit sei die Wirtschaftslage weiterhin gut. In Europa erwirtschaftet Siemens weniger als die Hälfte des Umsatzes. "Wir sind nicht naiv, was die Konjunktur betrifft", sagte Finanzvorstand Ralf Thomas. "Wir könnten notfalls schnell reagieren."

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Buschs Optimismus spiegelt sich auch an der Börse wieder: Die Siemens-Aktie schnellte um sieben Prozent auf 129,60 Euro. Die Prognosen für das laufende Geschäftsjahr seien über alle Sparten eine positive Überraschung, stellte JPMorgan-Analyst Andrew Wilson fest. Das bereinigte Ergebnis je Aktie soll sich auf 8,70 bis 9,20 (2021/22: 5,47) Euro verbessern. Das Geschäft mit Industrieautomatisierung wische die Sorgen über Bremsspuren in der Konjunktur weg, schrieb Simon Toennessen von Jefferies. Finanzvorstand Thomas sprach von einer "Normalisierung" des Auftragseingangs. Er gehe nur dort zurück, wo die Kunden aus Angst, wegen der bröckelnden Lieferketten zu kurz zu kommen, mehr bestellt hätten als sie brauchten. Stornierungen gebe es kaum.

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Siemens spürt schwache Konjunktur (noch) nicht

Im abgelaufenen Geschäftsjahr bekam Siemens die schwächelnde Konjunktur noch kaum zu spüren. Von Oktober 2021 bis September 2022 kamen Aufträge über 89,0 Milliarden Euro herein, 17 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Der Umsatz wuchs auf vergleichbarer Basis um 8 Prozent auf 72 Milliarden Euro. Im Schlussspurt schraubte sich der Technologiekonzern zu einem operativen Rekordgewinn: Das Ergebnis aus dem Industriegeschäft schnellte im Geschäftsjahr 2021/22 um 17 Prozent auf 10,3 Milliarden Euro und übersprang damit zum ersten Mal in der 175-jährigen Geschichte von Siemens die Zehn-Milliarden-Marke. Analysten hatten Siemens im Schnitt nur 9,9 Milliarden Euro zugetraut.

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Wermutstropfen waren der Rückzug aus Russland, der Siemens rund 1,3 Milliarden Euro kostete, und die 2,7 Milliarden Euro schwere Abschreibung auf Siemens Energy, nachdem die Aktie des Energietechnik-Konzerns eingebrochen war. Das dezimierte den Nettogewinn auf 4,4 (Vorjahr: 6,7) Milliarden Euro. Trotzdem sollen die Aktionäre eine um 25 Cent auf 4,25 Euro erhöhte Dividende erhalten.

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Siemens hält noch 35 Prozent an Siemens Energy, will die Beteiligung aber nach und nach loswerden. Ob die Aktien über die Börse verkauft würden oder an einen anderen Investor, sei dabei zweitrangig, sagte Busch. "Wir wollen die Aktien primär zu einem guten Wert verkaufen." Dazu müsse der Hersteller von Gas- und Dampfturbinen sowie Windrädern vor allem bessere Zahlen zeigen. "Die einen wünschen sich einen anderen Ankeraktionär, die anderen eine bessere Performance", sagte Finanzvorstand Thomas in Anspielung auf Äußerungen von Siemens-Energy-Chef Christian Bruch, der mit einem neuen Großaktionär liebäugelt.

Unabhängigkeit von Siemens

Der Verkauf von Randgeschäften geht unterdessen weiter. Im abgelaufenen Jahr brachte der Verkauf des Geschäfts mit Brief- und Paketlogistik an den Hamburger Anlagenbauer Körber einen Extra-Gewinn von 1,1 Milliarden Euro. Nun bündelt Siemens vier Firmen um die ohnehin ausgegliederte Tochter Large Drives, die Großgetriebe und Motoren für die Elektrifizierung und Stromumwandlung bauen, in einer Einheit, die auf einen Umsatz von 3 Mrd. Euro und rund 14.000 Mitarbeiter kommt. Sie seien zusammen stärker und widerstandsfähiger als allein. 2023 solle die Firma "unabhängig von Siemens aufgestellt" werden. Danach - frühestens 2024 - werde man "mit ruhiger Hand den besten Eigentümer" suchen, sagte Thomas. Sie konkurriert etwa mit dem Schweizer Rivalen ABB und der japanischen Yaskawa.

Rote Zahlen bei Siemens Energy

Die spanische Windkraft-Tochter Siemens Gamesa und der Rückzug aus Russland haben den deutschen Energietechnik-Konzern Siemens Energy wie erwartet erneut tief in die roten Zahlen gerissen. Der Nettoverlust stieg im Geschäftsjahr 2021/22 (per Ende September) auf 647 (Vorjahr: minus 560) Mio. Euro, wie das Unternehmen am Mittwoch mitteilte. Er fiel damit aber geringer aus als Experten und Siemens Energy selbst vorausgesagt hatten.

Die Dividende soll "aufgrund der wachsenden Verluste sowie der aktuellen und im nächsten Jahr zu erwartenden Herausforderungen" ausfallen. Für das Jahr davor hatte Siemens Energy noch 10 Cent je Aktie gezahlt.

Das operative Ergebnis (angepasstes Ebita vor Sondereffekten) von Siemens Energy fiel um 43 Prozent auf 379 Mio. Euro, die operative Umsatzrendite lag mit 1,3 Prozent unter den bereits zurückgeschraubten Erwartungen des Vorstands von 2 Prozent. Auch der Umsatz sank mit 2,5 Prozent auf 29,0 Mrd. Euro etwas stärker als Siemens Energy im Sommer geglaubt hatte.

Im neuen Geschäftsjahr soll Siemens Energy wieder auf Wachstumskurs gehen: Der Umsatz soll auf vergleichbarer Basis um 3 bis 7 Prozent zulegen, die operative Umsatzrendite auf zwei bis vier Prozent steigen. Unter dem Strich erwartet Siemens Energy erneut einen Verlust, der aber deutlich geringer ausfallen soll als zuletzt. "Natürlich werden Inflation, hohe Materialkosten und Lieferkettenschwierigkeiten im kommenden Jahr nicht einfach verschwinden", sagte Finanzchefin Maria Ferraro. "Umso wichtiger ist es, dass wir unsere Hausaufgaben machen, indem wir weiterhin Kosten sparen und unsere operative Performance verbessern."

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