Windanlagen : Siemens Gamesa trennt sich von Chef Krogsgaard

Der Aufbau eines Onshore-Windrads durch Siemens Gamesa
© YouTube/SiemensGamesa

Der neue Siemens-Gamesa-Chef Jochen Eickholt will die drängendsten Probleme mit seiner neuen Windanlagen-Plattform für den Einsatz an Land in den nächsten Monaten in den Griff bekommen. Zehn bis 15 verlustbringende Projekte mit der Onshore-Plattform namens 5.X dürften das Sorgenkind von Siemens Energy aber noch bis ins Jahr 2024 belasten, räumte Eickholt in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters ein. Bis Jahresende will Eickholt das 5.X-Projekt stabilisieren.

Als Konsequenz hat man sich nun auch vom Chef der Sparte für Onshore-Windkraftanlagen getrennt. Lars Bondo Krogsgaard sei "nicht mehr im Unternehmen", schrieb der als Sanierer angetretene Vorstandschef Eickholt in einem Memo an die Belegschaft.

"Der Beweggrund für diese Entscheidung ist, dass wir angesichts der Verluste im Onshore-Geschäft und der andauernden Enttäuschungen, die zu mehreren Gewinnwarnungen und massiven Abweichungen von Budgets, Prognosen, Plänen und Kosten geführt haben (...), etwas ändern mussten", hieß es in der E-Mail. Eine Sprecherin der spanischen Tochter des Energietechnik-Konzerns Siemens Energy sagte, man suche einen Nachfolger.

Siemens Gamesa ist der weltgrößte Hersteller von Windanlagen auf hoher See (Offshore). Die 5.X-Plattform sollte das spanische Unternehmen auch im Onshore-Geschäft voranbringen. Unter anderem interne operative Probleme dabei haben aber zu Verlusten und zu einer Serie von Gewinnwarnungen geführt, die auch die deutsche Muttergesellschaft Siemens Energy belasteten. Diese hatte den erfahrenen Sanierer Eickholt als Vorstandschef nach Spanien geschickt und will Siemens Gamesa komplett übernehmen, um dort besser durchgreifen zu können.

Trotz des Booms bei erneuerbaren Energien kämpfen viele Windturbinen-Hersteller derzeit mit einem immensen Druck auf die Margen. Die Ursachen reichen bis ins Jahr 2017 zurück. Damals hatten zahlreiche Länder das großzügige Fördersystem für solche Anlagen durch Auktionsverfahren ersetzt. Die Corona-Krise und der Krieg in der Ukraine kamen hinzu. Neue Konkurrenten, vor allem aus China, hätten Siemens Gamesa in Märkten wie Brasilien und Indien das Leben noch schwerer gemacht, sagte Eickholt.

Die Windanlagenbauer kämpfen zudem mit rasant steigenden Kosten für Stahl und Logistik, die sie laut den Verträgen bisher nicht auf die Kunden abwälzen können. Eickholt will das ändern - und sieht erste Erfolge beim Versuch, die Preise anzupassen: "Es ist ... schwierig, aber wir machen Fortschritte, Schritt für Schritt." Das Geschäft in den vergangenen drei Monaten sei "ganz solide" gewesen. "Nicht allzu gut, aber auch nicht allzu schlecht."

Jochen Eickholt, CEO Siemens Gamesa
"Schritt für Schritt" raus aus den Problemen: CEO Jochen Eickholt. - © Siemens Energy

Gestrichen wurden schließlich Ende September – aufgrund der schlechten Zahlen – 2.900 der weltweit 27.000 Stellen. Vermutet wurde im Vorfeld eine etwas niedrigere Zahl. Es gehe darum, Reichweite und Kapazität der Nachfrage am Markt anzupassen, begründete die Tochter des Energietechnik-Konzerns Siemens Energy den Schritt. Die meisten Stellen sollen mit 800 in Dänemark wegfallen, in Spanien sind es 475 und in Deutschland 300.

Der als Sanierer eingesetzte Vorstandschef Eickholt hatte ein Strategieprogramm mit dem Namen "Mistral" - nach einem kalten Nordwestwind in Frankreich - aufgelegt, das Siemens Gamesa mit einfacheren und schlankeren Strukturen langfristig in die Gewinnzone zurückführen soll.

"Solch eine Entscheidung zu treffen, ist nie einfach", sagte Eickholt. "Aber jetzt ist es an der Zeit, entschiedene und notwendige Maßnahmen zu treffen, um die Wende zu schaffen und eine nachhaltige Zukunft zu sichern." Siemens Gamesa müsse stärker und wettbewerbsfähiger werden. Die Branche leidet unter steigenden Kosten unter anderem für Stahl und Logistik, die bisher nicht auf die Kunden abgewälzt werden können.

Die Verhandlungen mit den Arbeitnehmervertreterinnen und -vertretern sollen in der kommenden Wochen beginnen. Man werde versuchen, die Folgen des Abbaus zu begrenzen, etwa durch natürlich Fluktuation und interne Versetzungen. Die neue, schlankere Struktur werde zum 1. Jänner in Kraft treten. Der Arbeitsplatzabbau solle spätestens 2025 vollzogen sein.

Siemens Energy erwägt nun außerdem, bei Gamesa Teile der Produktion auszulagern. "Der rapide Hochlauf der Windkraft auf See wird bei den Herstellern hohe Investitionen erfordern", sagt der Chef von Siemens Energy, Christian Bruch. Die Hersteller machten allerdings gerade alle Verluste.

"Da muss die Frage erlaubt sein, wie viel der Produktion wir noch selbst stemmen können - oder ob wir bestimmte Fertigungsschritte bei Lieferanten bündeln wollen." Auch in der Autoindustrie machten die Hersteller längst nicht mehr alles selbst. Noch sei Siemens Gamesa eine eigenständige Firma, die Siemens Energy nur zu zwei Dritteln gehöre. "Deshalb wollen wir die Minderheitsanteile zunächst komplett übernehmen und die Firma dann von der Börse nehmen."