Krise der Auto-Industrie : Schwache Absatz-Zahlen: Volkswagen revidiert seine Verkaufsziele

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Volkswagen reduziert angesichts der angespannten Verkaufslage seine Ziele

- © Volkswagen AG

Europas größter Autokonzern Volkswagen hat angesichts der schwachen Konjunktur seine Absatzziele für das Gesamtjahr gesenkt. So sollen 2023 nun zwischen 9 und 9,5 Millionen Fahrzeuge an Kunden ausgeliefert werden, wie der Konzern am Donnerstag mitteilte. Bisher waren die Deutschen von rund 9,5 Millionen Einheiten ausgegangen, nach 8,3 Millionen im Vorjahr. Experten hatten ohnehin bezweifelt, dass VW dieses Ziel noch erreichen kann.

Bei den Finanzzielen will das Management um Chef Oliver Blume aber keine Abstriche machen, wie der Konzern am Donnerstag mitteilte.

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Im ersten Halbjahr lieferte der Konzern weltweit 4,4 Millionen Fahrzeuge aus, ein Plus von knapp 13 Prozent. Beim Jahresumsatz bleibe VW aber voll auf Kurs, das gesteckte Ziel von 10 bis 15 Prozent Plus und damit 307 bis 321 Milliarden Euro zu erreichen, hieß es. Auch die Prognose für die um Sondereinflüsse bereinigte operative Gewinnmarge bleibe unverändert bei 7,5 bis 8,5 Prozent, unter anderem weil das Spar- und Ergebnisprogramm bei den Volumenmarken im zweiten Halbjahr greifen soll.

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Umsatz-Plus von 15 Prozent

Trotz des Gegenwinds durch Rohstoffsicherungsgeschäfte und Belastungen aus dem Russlandausstieg konnte der Konzern im zweiten Quartal das Ergebnis im laufenden Geschäft deutlich steigern. Im zweiten Halbjahr müssen die Volumenmarken des Konzerns um die Kernmarke VW Pkw jedoch zulegen.

Im abgelaufenen zweiten Quartal steigerte VW den Umsatz um gut 15 Prozent auf 80,1 Milliarden Euro. Das bereinigte operative Ergebnis lag mit 5,6 Milliarden Euro zwar fast 19 Prozent höher als vor einem Jahr, aber unter der durchschnittlichen Expertenschätzung. Wie schon im ersten Quartal belastete die Bewertung von Rohstoffsicherungsgeschäften, diesmal mit 1,2 Milliarden Euro. Das Ergebnis nach Steuern ging um gut 3 Prozent auf 3,79 Milliarden Euro zurück.

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Der Autobauer will bei seiner Kernmarke bis zum Jahr 2026 eine Steigerung des operativen Gewinns um zehn Milliarden Euro und eine Rendite von 6,5 Prozent erreichen. "Wir starten eine große gemeinsame Kraftanstrengung, um die Marke VW zu neuer Stärke zu führen und robust für die Zukunft aufzustellen", kündigte Markenchef Thomas Schäfer am Mittwoch auf der Betriebsversammlung im Stammwerk Wolfsburg an.

Bis Oktober sollen gemeinsam mit den Arbeitnehmervertretern Eckpunkte eines Programms erarbeitet und verabschiedet werden. Betriebsratschefin Daniela Cavallo betonte, dass die Einsparungen ohne Abstriche bei der tariflichen Bezahlung oder der Beschäftigungssicherung erreicht werden sollen. Sie forderte eine "überzeugende Verzahnung der strategisch entscheidenden Felder Konzern-Steuerung, Zusammenarbeit der Marken, Fokus auf Software und Produktqualität."

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Die neuen Vorgaben für die Kernmarke Volkswagen sind Teil einer Generalüberholung der Konzernstrategie, die Vorstandschef Oliver Blume am 21. Juni auf einer Investorenkonferenz vorstellen will. Mit Einsparungen und mehr Synergien durch eine engere Zusammenarbeit der Konzernmarken will er die Profitabilität von Europas größtem Autokonzern steigern.

VW soll effizienter werden

Die Kernmarke VW hat in den vergangenen zwei Jahren kaum mehr als drei Prozent Rendite erwirtschaftet. Mit mehr Gewinn wollen die Wolfsburger in einem schwierigen Marktumfeld Investitionen stemmen und Arbeitsplätze sichern. Schäfer will VW in allen Unternehmensbereichen effizienter, schneller und schlagkräftiger machen.

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Verwaltungsabläufe sollen verschlankt, die Produktion effizienter, die Modellpalette gestrafft und Ausstattungsvarianten reduziert werden. Volumenschwache Modelle wie der VW Arteon sollen keine Nachfolger mehr bekommen. Beim Elektroauto ID.7 gebe es bereits 99 Prozent weniger Konfigurationsmöglichkeiten als beim vergleichbaren Verbrennermodell Golf 7. Zudem wolle man die Auslastung der Werke weltweit optimieren, um die Profitabilität zu steigern und flexibler auf Nachfrageund Marktschwankungen zu reagieren.

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In einer Telefonkonferenz mit Analysten versuchte Blume, Sorgen um den Auftragsbestand vor allem in Westeuropa zu zerstreuen. Dieser liege derzeit noch bei 1,65 Millionen Fahrzeugen, davon mehr als 200.000 reine Elektroautos. Zwar habe man im europäischen Geschäft eine gewisse Abkühlung bei der Nachfrage nach Elektroautos aufgrund von Subventionskürzungen gespürt, doch seit Mai verzeichne der Konzern wieder eine gewisse Belebung bei den Bestellungen.

Insgesamt sieht der Manager den Konzern auf gutem Weg. "Die Absatzzahlen in Nordamerika ziehen an, in China festigen wir unsere Position durch technologische Partnerschaften und zusätzlich geht der Trend bei unseren vollelektrischen Fahrzeugen in die richtige Richtung", sagte er.

Oliver Blume sieht VW auf dem richtigen Weg

- © Porsche

Kooperation mit chinesischem Unternehmen

Vor allem die Massenmarken des Konzerns (VW Pkw, Seat, Skoda, VW Nutzfahrzeuge) sowie das China-Geschäft bereiten den Managern Sorgen. Am Vortag hatte VW den Einstieg beim chinesischen Elektroautobauer Xpeng mit knapp 5 Prozent der Anteile für 700 Millionen US-Dollar (633 Millionen Euro) bekannt gegeben. Gemeinsam mit den Chinesen will VW zwei Mittelklasse-Elektroautos entwickeln, die ab 2026 auf den chinesischen Markt kommen sollen.

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Damit will VW in der Volksrepublik wieder Fahrt aufnehmen. In diesem Jahr musste der Konzern seine jahrzehntelange Marktführerschaft in dem Land an den Elektroautobauer BYD abgeben, auch weil der Wettbewerb auf dem weltgrößten Automarkt mit hohen Rabatten nachhilft, auf die VW möglichst verzichten will. Das anteilige operative Ergebnis der chinesischen Joint Ventures sank im ersten Halbjahr um fast 18 Prozent auf 1,15 Milliarden Euro.

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Bei den Massenmarken sollen die Sparprogramme im zweiten Halbjahr greifen. Zwar hat sich das Bild im ersten Halbjahr gegenüber dem schwachen Vorjahreszeitraum deutlich verbessert. Dennoch erreichte die Kernmarke VW Pkw in den ersten sechs Monaten nur eine operative Umsatzrendite von 3,8 Prozent - das heißt, von 100 Euro Umsatz blieben im Tagesgeschäft nur rund 3,80 Euro operativer Gewinn übrig.