OECD-Leitsätze : Lieferkettengesetz: wie betrifft es österreichische Unternehmen?

Immer mehr Staaten nehmen Unternehmen mit Blick auf ihre Lieferketten in die Pflicht. In Österreich gibt es noch kein entsprechendes Gesetz, trotzdem sind heimische Firmen betroffen, wenn sie Zulieferer von ausländischen Konzerne sind. Forscherinnen der FHWien haben die Lage in einer Studie für das Wirtschaftsministerium unter die Lupe genommen. Auch Kleine- und Mittlere Unternehmen (KMUs) seien dabei betroffen. Eine EU-weite Regelung sei wünschenswert.
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Ein entsprechender Richtlinienvorschlag der EU-Kommission existiert bereits, der große Unternehmen zur Achtung der Menschen-und Umweltrechte in ihren Wertschöpfungsketten verpflichten soll. In Österreich wären laut den Studienautorinnen nur etwa 0,06 Prozent der Unternehmen direkt von dem Gesetzesvorhaben in seiner jetzigen Form betroffen - laut Statistik Austria wären es genau 1.044 Firmen. Viele mehr könnten aber als Lieferanten größerer Konzerne vertragliche Sorgfaltspflichten auferlegt bekommen.
Mit solchen Forderungen könnten sich österreichische Unternehmen bereits verstärkt ab dem kommenden Jahr konfrontiert sehen - auch ohne EU-Richtlinie. Dann tritt nämlich in Deutschland, dem größten Handelspartner Österreichs, das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz in Kraft. Betroffene Unternehmen sowie ihre direkten Zulieferer müssen dann mit Bezug auf menschenrechtliche und umweltbezogene Fragen "ein Risikomanagement und eine Risikoanalyse implementieren, eine Grundsatzerklärung machen, Präventionsmaßnahmen setzen, ein Beschwerdeverfahren entlang der gesamten Lieferkette garantieren und darüber Bericht erstatten", wie es in der Studie zusammengefasst wird.
Bereits jetzt seien heimische Firmen auf indirekte Art betroffen, wenn sie zum Beispiel dauerhafte ("etablierte") Beziehungen zu großen französischen Unternehmen haben, oder ihre Produkte in den Niederlande verkaufen wollen (hier allerdings nur mit Bezug auf Kinderarbeit). Zudem würden auch in Belgien, Dänemark, Finnland und Luxemburg entsprechende Lieferkettengesetz diskutiert. Auch in Österreich hat die aktuelle Regierung in ihrem Koalitionsprogramm eine "Prüfung zusätzlicher Maßnahmen zur Stärkung der unternehmerischen Verantwortung für Menschenrechte im Sinne der OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen" angekündigt. Gesetz gibt es aber noch keines.
Solche Lieferkettengesetze können KMUs besonders stark treffen, auch wenn die meisten existierenden oder geplanten Gesetze in erster Linie größere Unternehmen anvisieren. "Zu den wichtigsten Auswirkungen von Sorgfaltspflichten für KMU zählt der relativ hohe Verwaltungsaufwand", schreiben die Studienautorinnen, "schließlich sind die Kosten pro Einheit für die Einhaltung der Vorschriften im Allgemeinen höher als für größere Unternehmen." Der EU-Vorschlag gehe bereits auf solche Bedenken ein und sehe Maßnahmen vor, um indirekt betroffene Unternehmen zu unterstützen.
Österreichische Zulieferbetriebe sollten sich jedenfalls mit der Thematik der Lieferkettenverantwortung auseinandersetzen. Andernfalls würden sie riskieren als Lieferanten ausgelistet zu werden. Derzeit müssten sich die heimischen Betriebe allerdings teilweise an die Lieferkettengesetze mehrerer Länder gleichzeitig halten. Eine EU-weite Harmonisierung sei demnach aus österreichischer Sicht vorteilhaft.
Verantwortung für die eigene Lieferkette zu übernehmen, könne für Unternehmen aber auch wirtschaftliche Vorteile haben. Neben einer besseren Reputation (mit entsprechenden Vorteilen bei der Personalakquisition und -motivation) könnten auch die Kapitalkosten sinken, weil Investorinnen und Investoren zunehmend auf Umwelt- und Menschenrechtsaspekte achten würden. Zudem könne ein stärkerer Fokus auf Sozial- und Umweltkriterien zu einem effizierten Ressourcenverbrauch führen und die Produkt- und Prozessinnovation fördern.