Automotive : BMW rechnet mit schwierigen Zeiten
Nach einem Umsatzplus im zweiten Quartal stellt sich der deutsche Autobauer BMW auf Gegenwind ein. Die Geschäftsbedingungen dürften in der zweiten Jahreshälfte schwierig bleiben, teilte das Unternehmen am Mittwoch mit. Inflation und Zinssteigerungen, die das makroökonomische Umfeld auch in den kommenden Monaten prägen, wirkten sich auf die Nachfrage aus.
Entsprechend sei gegen Jahresende mit einer Normalisierung des überdurchschnittlich hohen Auftragsbestands - insbesondere in Europa - zu rechnen. BMW-Chef Oliver Zipse sagte, BMW profitiere von seiner hohen Flexibilität und operativen Leistungskraft. "Auf diese Stärke wird es jetzt wieder ankommen, da wir zusätzlich zu den anhaltenden Versorgungsengpässen auch einen zunehmenden wirtschaftlichen Gegenwind aufziehen sehen."
Chipmangel macht Autobauern Sorgen
Der anhaltende Chipmangel macht Autobauern weltweit zu schaffen und bremst die Produktion. BMW setzte in der ersten Jahreshälfte 1,16 Millionen Autos ab, das ist um rund ein Siebentel weniger als vor Jahresfrist. Das Unternehmen rechnet nicht damit, dass der Rückstand in der zweiten Jahreshälfte aufgeholt werden kann, auch wenn die Auslieferungen höher ausfallen dürften als im gleichen Zeitraum 2021.
Weniger Zulassungen in der EU: Automarkt bremst sich ein.
Im zweiten Quartal erwirtschafteten die Münchner trotz eines Absatzrückgangs im abgelaufenen Quartal mehr Umsatz. Die Erlöse stiegen nach Unternehmensangaben von April bis Juni um 21,6 Prozent auf 34,8 Mrd. Euro. Analysten hatten mit 33,4 Mrd. Euro gerechnet. Dabei spielte unter anderem die vollständige Übernahme der chinesischen Tochter BBA eine Rolle. Zudem profitiere BMW vom günstigen Wechselkurs, gestiegenen Autopreisen und der guten Lage an den Gebrauchtwagenmärkten.
Beim Gewinn bekam BMW dagegen unter anderem einen Sondereffekt zu spüren: Das Ergebnis vor Steuern fiel mit 3,9 Mrd. Euro um gut ein Drittel niedriger aus als vor Jahresfrist, als die Münchner eine Milliarde Euro Rückstellung für ein EU-Verfahren auflösen konnten. Dazu kommen negative Konsolidierungseffekte aus der BBA-Übernahme von rund 1,1 Mrd. Euro, wie das Unternehmen weiter mitteilte.
"Sorgen um eine mögliche Gasverknappung und die weiterhin pandemiegeschwächte chinesische Wirtschaft als wichtiger Auslandsmarkt beeinträchtigen die künftigen Geschäfte der Autobauer"Oliver Falck, Leiter des Ifo-Zentrums für Industrieökonomik und neue Technologien
Stimmung der Autobauer trübt sich ein
Die Geschäftslage der deutschen Autobauer hat sich zu Beginn der zweiten Jahreshälfte verschlechtert. Das entsprechende Barometer fiel im Juli um 1,9 auf 20,5 Punkte, wie das Ifo-Institut am Mittwoch zu seiner monatlichen Unternehmensumfrage mitteilte.
"Die Möglichkeiten der Pkw-Hersteller, steigende Materialkosten an den Verbraucher weiterzugeben, scheinen eine Grenze erreicht zu haben", sagte der Leiter des Ifo-Zentrums für Industrieökonomik und neue Technologien, Oliver Falck. Das Barometer für die Preiserwartungen fiel auf 38,6 Punkte, nachdem es im Juni noch bei 73,1 gelegen war.
Der Auftragsbestand der Autobauer nahm zugleich ab. Auch ihre Produktion haben die Hersteller zurückgefahren. "Sorgen um eine mögliche Gasverknappung und die weiterhin pandemiegeschwächte chinesische Wirtschaft als wichtiger Auslandsmarkt beeinträchtigen die künftigen Geschäfte der Autobauer", sagte Falck. Die Geschäftserwartungen haben sich entsprechend verschlechtert, von plus 10,1 Punkte auf minus 6,5 im Juli.
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Auch die Zulieferer blicken weiterhin pessimistisch in die Zukunft. "Die Zulieferer wären von möglichen Gasrationierungen stark getroffen, insbesondere bei energieintensiven Vorprodukten für die Hersteller", sagte Falck. Sie erwarten, ihre Produktion weiter herunterzufahren zu müssen.
Produktion von E-Fahrzeugen gefährdet?
Auch der Absatz von batterieelektrischen Fahrzeugen (BEV) wird der Unternehmensberatung PwC zufolge von Produktionsengpässen, Lieferkettenproblemen und Lockdowns in China weltweit gebremst. Die Neuzulassungen von E-Autos in 14 ausgewählten Märkten seien im ersten Quartal gegenüber dem Vorjahr um 108 Prozent gestiegen, im zweiten Quartal nur noch um 62 Prozent.
"In Europa werden in diesem Jahr nur knapp 1,5 Millionen batteriebetriebene Fahrzeuge produziert werden - bei maximaler Kapazität und ohne Engpässe könnten es mehr als doppelt so viele sein", sagte PwC-Branchenexperte Felix Kuhnert am Mittwoch.
"Die Elektromobilität stemmt sich gegen einen strauchelnden Gesamtmarkt", sagte Kuhnert. Deutsche Autohersteller seien besonders stark von Lieferengpässen als wirtschaftliche Folge des Kriegs in der Ukraine betroffen gewesen. Die Modellauswahl war eingeschränkt, die Lieferzeiten waren lang. Im Weltmarkt sank der BEV-Marktanteil deutscher Hersteller von 14 auf 11 Prozent.
In Deutschland machten BEV-Autos im ersten Halbjahr 13,5 Prozent der Neuzulassungen aus, in den USA knapp 5 Prozent, in China 17 Prozent. Während die Verkaufszahlen von Plug-in-Hybriden (PHEV) in Europa sanken, stiegen sie in China deutlich stärker als die von BEV. "Gründe dafür sind neue Fahrzeugmodelle sowie Lücken in der Ladeinfrastruktur", erklärte PwC.
Die Branchenexperten sehen inzwischen jedoch "erste Anzeichen für eine Entspannung der Lieferengpässe" und erwarten mehr Produktionskapazitäten für Elektroautos mit einem stärkeren Wachstum im zweiten Halbjahr.
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Um sich besser gegen externe Schocks zu wappnen, investierten europäische Autokonzerne Milliarden in europäische Lieferketten, vor allem bei Batterien. "Wir erwarten bis 2030 in Europa eine Batterienachfrage von rund 1 TWh und entsprechende Produktionskapazitäten", sagte PwC-Strategieberater Jörn Neuhausen. Heute stammten zwei Drittel des Vormaterials für Batterien aus China.