Energie : "Gaslieferstopp würde Österreichs Wirtschaft stark dämpfen"

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Laut IHS würde ein Gas-Stopp die österreichische Wirtschaft stark treffen

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Das größte Risiko für Österreichs Wirtschaft geht derzeit vom Ukraine-Krieg und einem möglichen Ausfall der russischen Gaslieferungen aus, sagen die Wirtschaftsforscher des Instituts für Höhere Studien (IHS) und empfehlen deshalb, dass der Staat Gas auf Vorrat einkauft. Auch die hohe Inflation bremst den Aufholprozess der heimischen Wirtschaft nach der Coronakrise. Das IHS erwartet für die Jahre 2022 bis 2026 ein durchschnittliches Wirtschaftswachstum von 1,8 Prozent.

Ausgehend von 3,8 Prozent im laufenden Jahr dürfte die Wirtschaft auf einen verhaltenen Wachstumskurs einschwenken, wobei für die Jahre 2023 bis 2026 Zuwächse von 1,4 Prozent, 1,3 Prozent, 1,1 Prozent und 1,2 Prozent erwartet werden. Damit sollte die Wirtschaftsleistung über den gesamten Prognosezeitraum betrachtet mit demselben Tempo wie im Euroraum zulegen, sagen die IHS-Ökonomen.

Wie Gas zum größten Problem der Industrie zum größten Problem wurde.

Die Teuerung wird vor allem von den Energiepreisen befeuert und klettert laut IHS-Berechnungen im Durchschnitt des laufenden Jahres auf 7,5 Prozent - der Preisdruck dürfte in den kommenden Monaten nur wenig nachlassen. Im kommenden Jahr sollten die Rohölpreise nicht mehr preistreibend wirken und auch die Lieferkettenprobleme dürften sich entspannen - dennoch dürfte die Inflationsrate u.a. wegen steigender Lohnstückkosten mit voraussichtlich 4,75 Prozent hoch bleiben und erst in den folgenden Jahren bis 2026 auf 2,25 Prozent sinken. Die Arbeitslosenquote dürfte im gesamten Prognosezeitraum 6,2 Prozent betragen.

Wirtschaftsprognose bis 2026

Krieg und Gas-Krise

Den Folgen des Ukraine-Krieges und der Gaskrise widmet das IHS in seiner Mittelfrist-Prognose ein Sonderkapitel - ein russischer Gaslieferstopp hätte gravierende negative Folgen für Österreichs Wirtschaft, heißt es dort.

Die Modellrechnungen gehen von der Annahme aus, dass im Zeitraum Herbst 2022 bis Sommer 2023 27 Prozent des Erdgasverbrauchs eingespart werden müssen, was zu einer Reduktion des BIP um 3 Prozent führen würde. Einsparungen bei den Haushalten und in der Stromerzeugung würden die verfügbare Gasmenge für die Industrie erhöhen und damit das BIP stützen. Die Wirtschaftsforscher und -forscherinnen nehmen dabei an, dass das vorhandene Gas über einen Preismechanismus effizient auf die Wirtschaftssektoren aufgeteilt wird, das sei "das oberste Gebot für die Wirtschaftspolitik". Um die aufgrund der Energiepreisexplosion notleidenden Haushalte und Unternehmen unterstützen zu können, sollte der Staat Gas auf Vorrat einkaufen, sodass bei einer weiteren Erhöhung der europäischen Gaspreise fiskalische Gewinne generiert werden können, lautet die Empfehlung.

Lesen sie hier: Wo die Industrie das meiste Gas benötigt.

Jahresverbrauch und Füllstand der Speicher, Verbraucher
Gasverbrauch in Österreich (Stand: März 2022) (C) APA - © APA

Russland "wichtiger und unverzichtbarer Bestandteil der Energiesicherheit"

Kreml-Sprecher Dmitri Peskow hat am Donnerstag alle Schwierigkeiten bei der Lieferung von russischem Erdgas nach Europa mit den westlichen Sanktionen gegen Russland begründet, das in der Ukraine einen Krieg führt. In einem Gespräch mit Reportern sagte Peskow laut einem Reuters-Bericht, Russland bleibe "ein sehr wichtiger und unverzichtbarer Bestandteil der europäischen Energiesicherheit".

Angesichts der Bedenken in Europa, dass Russland die Gaslieferungen weiter einschränken könnte, verwies Peskow auf die früheren Äußerungen von Präsident Wladimir Putin. Die staatliche Gazprom werde Verpflichtungen gegenüber Kunden immer erfüllen.

Die Wiederaufnahme der Gaslieferungen durch die Pipeline Nord Stream 1 ist für Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) noch kein Grund zur Entwarnung. "Russland schürt ganz bewusst Unsicherheit in Europa. So treibt Putin die Gaspreise", sagte die Ministerin in einer Aussendung am Donnerstag und verwies darauf, dass die Pipeline nur zu rund 40 Prozent ausgelastet sei. Die Situation bleibe weiterhin angespannt, Österreich dürfe sich nicht in falscher Sicherheit wiegen.

Die österreichischen Gasspeicher seien derzeit zu etwa 50 Prozent gefüllt. Trotz der Wartung von Nord Stream 1 sei auch in den vergangenen Tagen Gas eingespeichert worden. Bis vor Beginn der Heizsaison will die Regierung die Speicher zu 80 Prozent füllen. "Die Expertinnen und Experten gehen aktuell davon aus, dass dieses Speicherziel erreichbar ist und die täglichen Einspeicherungen wieder ansteigen werden, nachdem die Gazprom wieder Gas über Nordstream 1 liefert", so Gewessler.

Peskow: Russland ist ein wichtiger Partner der europäischen Energiesicherheit.
Peskow: Russland ist ein wichtiger Partner der europäischen Energiesicherheit. - © Wikipedia