Elektromobilität : Baut VW seine Batterie-Fabrik in Osteuropa?

Frontal view

In Bratislava betreibt VW ein Werk: auch die slowakische Hauptstadt ist offenbar für eine Gigafabrik im Gespräch.

- © Volkswagen AG

Volkswagen will die Entscheidung über eine Batteriezellfabrik in Osteuropa nicht auf die lange Bank schieben. "Die Standortentscheidung für Osteuropa soll in Kürze fallen", sagte Konzernchef Oliver Blume auf der außerordentlichen Hauptversammlung am Freitag in Berlin. Anfang Dezember hatte der Konzern erklärt, eine Entscheidung noch heuer sei nicht zu erwarten. Es bestehe kein Handlungsdruck.

Damit machte Blume deutlich, dass Volkswagen nicht, wie zunächst erwartet, wegen der in den USA winkenden massiven Steuererleichterungen für klimafreundliche Technologien wie E-Autos, seine Pläne für den Bau von Batteriezellfabriken in Europa wegen der hohen Energiepreise überdenkt. Allerdings könnten die hohen Energiekosten hierzulande dazu führen, dass Volkswagen seine Pläne für neue Zellfabriken nun behutsamer angeht. Es gelte abzuwägen, welches der richtige Standort sei, heißt es aus dem Konzern. Dabei sei nicht die pure Anzahl an Fabriken entscheidend, sondern die in der hochlaufenden Produktion von Elektroautos benötigten Kapazitäten. Der Vorstand prüfe derzeit, wo neue Fabriken richtigerweise angesiedelt werden und in welcher Schrittfolge diese benötigt würden. "Wir haben erst mal ein starkes Zeichen gesetzt, dass wir in Salzgitter begonnen haben, wir sind jetzt nah an einem Abschluss in Spanien und haben jetzt Gespräche in Nordamerika aufgenommen", sagte ein Manager.

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Volkswagen will in Europa zusammen mit Partnern bis 2030 sechs Zellfabriken mit insgesamt 240 Gigawattstunden Leistung hochziehen. Tschechien wird als ein möglicher Standort für die weitere Fabrik gehandelt, die die Produktion im Jahr 2027 aufnehmen soll. Die tschechische Presseagentur CTK hatte berichtet, der Beschluss könne sich um mehrere Monate verzögern. Für eine Fabrik in Osteuropa kommen neben Tschechien auch Ungarn, Polen und die Slowakei in Frage. In Deutschland wurde im Juli der Grundstein für eine große Fabrik in Salzgitter gelegt. Zwei weitere Standorte stehen in Schweden und Spanien fest. In Kanada werde der Konzern bald mit der Standortsuche beginnen, sagte Blume.

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Konzernchef Oliver Blume will die Standortwahl für die neue Batteriefabrik bald bekanntgeben.

- © Porsche
Außerordentliche Hauptversammlung der VW Group 2022

Suche nach Standort in Nordamerika

Volkswagen startet auch die Suche nach einem geeigneten Standort für eine erste Batteriezellfabrik in Nordamerika. Kanada sei dabei "eine logische Option" für die Ansiedlung, sagte Konzernchef Oliver Blume am Donnerstag. "Das Land bietet hohe Nachhaltigkeitsstandards und ideale wirtschaftliche Bedingungen, die kanadische Regierung hat sich bereits als starker und zuverlässiger Partner erwiesen. Im Zuge einer Erweiterung der am Rande des Kanada-Besuchs des deutschen Bundeskanzlers Olaf Scholz (SPD) vor einigen Monaten unterzeichneten Absichtserklärung über Rohstoffe sollten geeignete Standorte für die Gigafabrik definiert werden.

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Der E-Fahrzeugmarkt in Nordamerika befinde sich an einem Wendepunkt, so Blume. Volkswagen sei fest entschlossen, in der gesamten Region zu investieren, um diese historische Chance zu nutzen. Die Standortsuche ist vor dem Hintergrund interessant, dass die USA mit dem sogenannten Inflation Reduction Act und anderen Maßnahmen zur Industriepolitik Anreize für Investitionen im eigenen Land geschaffen haben.

Technik-Vorstand Thomas Schmall erklärte: "Die PowerCo setzt zum Sprung über den Atlantik an. Rahmenbedingungen in Nordamerika sind hochattraktiv. Der wettbewerbsfähigste Standort macht das Rennen." In der Tochter PowerCo hat der Autokonzern seine Batterieaktivitäten gebündelt.

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Volkswagen hatte im August eine Vereinbarung mit Kanada geschlossen, um sich Zugang zu wichtigen Batterierohstoffen wie Lithium, Nickel und Kobalt zu sichern. Neben dem Aufbau einer Lieferkette in Kanada planen der Autokonzern auch Beteiligungen an Minengesellschaften.

Kanada vs. USA?

VW will für die Umstellung auf E-Autos allein in Europa zusammen mit Partnern sechs Batteriezellfabriken hochziehen und benötigen dazu große Mengen an Rohstoffen. Eine Batteriefabrik in Nordamerika hatte Volkswagen bereits angekündigt, über eine zweite wird bereits nachgedacht. Die Standortsuche ist vor dem Hintergrund spannend, da die USA mit dem sogenannten Inflation Reduction Act und anderen Maßnahmen zur Industriepolitik Anreize für Investitionen im eigenen Land geschaffen haben.

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In Europa hat sich Volkswagen bereits mit dem belgischen Mineraltechnologie- und Recycling-Konzern Umicore verbündet. Zusammen investieren die Partner rund 3 Mrd. Euro in den Aufbau von Produktionskapazitäten für Batteriematerialien für E-Autos. Auch dabei spielt die VW-Tochter PowerCo eine zentrale Rolle. Für seine Batteriepläne in Kanada wurde die Zusammenarbeit mit Umicore nun ausgeweitet. Es wurde ein strategisches Lieferabkommen über Kathodenmaterial für die künftige Zellfertigung der Batterietochter PowerCo in Nordamerika geschlossen worden, teilte Volkswagen am Donnerstagabend mit. Parallel startet der Konzern die Suche nach einem Standort für eine erste Batteriezellfabrik außerhalb Europas.

Stühlerücken bei VW

Volkswagen-Chef Oliver Blume tauscht den langjährigen Chefdesigner des Autoherstellers aus und ordnet zentrale Positionen in dem Konzern neu. Klaus Zyciora solle zu Jahresbeginn durch Michael Maurer ersetzt werden, der Chefdesigner von Porsche bleibe, teilten die Wolfsburger am Mittwoch mit.

Die Schlüsselposition, von der die Formsprache aller zum Konzern gehörenden Marken vorgegeben wird, ist Blume direkt unterstellt. Mit der Neubesetzung des Konzern-Ressorts für Qualitätsmanagement bekommt auch die Oberklassetochter Audi mehr Gewicht.

Mit dem Stühlerücken geht eine andere Rollenverteilung in dem Autokonzern einher: Für Produktion und Einkauf ist künftig die Hauptmarke VW Pkw zuständig, für Vertrieb und Qualität deren Ingolstädter Schwester Audi, Design und Entwicklung liegen bei Porsche. Ziel ist eine engere Anbindung der Marken, die in der Vergangenheit oft nicht an einem Strang zogen. Der Konzern will sich künftig auf die Koordination und das Heben von Synergien konzentrieren. Blume hatte bei seinem Amtsantritt Anfang September den Vorstand von zwölf auf neun Posten verkleinert. Dabei kündigte er an, Aufgaben auf die einzelnen Marken zu verlagern.

Der seit Anfang Juli amtierende Markenchef Thomas Schäfer hatte erst vor kurzem das Erscheinungsbild von VW kritisiert. Durch die neue ID-Familie sei nicht mehr klar erkennbar, wofür Volkswagen bei E-Autos und Verbrennern mit Blick auf markenprägende Elemente stehe. Er will dies ändern.

Blume erklärte, erstklassige Qualität und ikonisches Design seien seit jeher die Leistungsmerkmale des Konzerns und seiner Marken. "Mit der konzernweiten Führung über die Marken verstärken wir den Fokus auf unsere Kunden." Der 54-Jährige leitet gleichzeitig den Wolfsburger Autokonzern und die Sportwagentochter Porsche AG.

Maurer war bereits von 2015 bis 2020 mit der Leitung des Konzernbereichs Design betraut, damals war noch Matthias Müller Vorstandschef. Sein Nachfolger Herbert Diess setzte Zyciora ein, was Blume nun rückgängig macht. Zyciora ist seit 1989 bei Volkswagen in verschiedenen Position für Design verantwortlich, seit 2020 für die Gruppe mit ihren zwölf Marken. Er verantwortete unter anderem die Golf-Generationen sechs bis acht und das Design der ID-Modelle. Nun scheidet Zyciora aus dem Unternehmen aus.

Maurer leitet seit 2004 das Design der Porsche AG und war unter anderem für die Gestaltung des Sportwagens 911, des zweisitzigen 918 Spyder sowie der Modelle Macan und Taycan zuständig. Für das Qualitätsmanagement des Konzerns tritt Michael Neumayer an, der diesen Posten zusätzlich zur Unternehmensqualität bei Audi übernimmt. Er ersetzt zu Jahresbeginn Frank Welsch, der nach fast 30 Jahren im Konzern in den Ruhestand geht.