Raus aus China!? : Österreichs Industrie in China: "Dort kann die Party ohne mich stattfinden"
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Es ist ein Projekt ganz nach dem Geschmack von Rob van Gils. Mit einem Investitionsvolumen von fast 50 Millionen Euro errichtet der Halbzeugehersteller HAI in Gumi - dem Silicon Valley Südkoreas - just in dieser Stunde eine Fertigungshalle samt Presse für die Produktion von Aluminiumkomponenten. Ab 2025 produziert die Ranshofener Gruppe dort dann mit dem Joint-Venture-Partner LS Cable & System Alukomponenten für E-Autos der Marken Kia und Hyundai für den lokalen Markt. Die Auslastung im Land ist hoch, mit diesem Schritt erschließen wir nun "dringend benötigte Kapazitäten", sagt der HAI-Chef. Er könnte lange reden über die Vorzüge Südkoreas. China dagegen? "Dort kann die Party ohne mich stattfinden", sagt er. Vor Jahren drängten OEM auch die Aluminiumgruppe darauf, den Schritt in die Volksrepublik mitzugehen. Wer sich wie die Oberösterreicher widersetzt hat, "ist nicht automatisch aus den europäischen Umfängen herausgefallen", weiß van Gils heute.
Das fühlt sich wie ein kleiner Sieg an. Auch weil der Manager immer noch so seine Vorbehalte gegenüber der Volksrepublik hat, die der ökonomischen Welteroberung nicht abgeneigt und in der die totalitäre Einparteienherrschaft einzementiert ist. van Gils spricht dann von "Doppel-Wumms". Auf dem Weg zur Nummer Eins würden die Chinesen das im Handel etablierte "level playing field", das Konzept der Fairness, grob missachten. "Da der zweifelhafte Umgang mit allen Facetten der Nachhaltigkeit, dort die Exportschwemme - die Dinge passieren, wie sie passieren", so van Gils. Auch aufseiten Europas. Der HAI-Chef bemängelt die Trägheit der hiesigen Anlasspolitik. So gebe es zwar Strafzölle auf die Einfuhr von Alu-Halbzeugen zu Dumpingpreisen aus der Volksrepublik, doch deren Umsetzung "hat Jahre gedauert". Ein erheblicher Teil ging fortan in die Türkei. "Wie wie uns hier nach allen Regeln der Kunst austricksen haben lassen, ist schon ein starkes Stück", sagt van Gils.
Mandat des Himmels
Von der verstorbenen Auto-Legende Ferdinand Piëch, von 1993 bis 2002 Vorstandsvorsitzender der Volkswagen AG, ist das Bonmot überliefert, dass sein übernächster Nachfolger ein Chinese sein wird. Daraus wurde zwar nichts. Wohl aber teilen einige den Befund, dass Europas außenpolitische Überkorrektheit China eine Flanke offen ließ. "Europa ist mit Beißhemmung unterwegs, während sich China durch radikale Exportorientierung und dem 'Mandat des Himmels' seinen Share holt", konstatiert der Automobilberater und E&Co-Chef Engelbert Wimmer. Europas Prämisse "Wandel durch Handel" steht aktuell ziemlich verloren da gegen Chinas Primat der Politik, in dem auch einem Präsidenten der kriegerischen Weltmacht Russland der rote Teppich ausgerollt wird.
Wer schon lange in China ist, dem fällt das Loslassen freilich schwer. "Wenn die Rücktransfers aus diesen Ländern versiegen, wer bezahlt dann die fetten Verwaltungsoverheads, die in den Unternehmen überproportional aufgeblasen wurden", fragt Wimmer rhetorisch. Doch China strauchelt und versucht sich auf Kosten der westlichen Partner zu stabilisieren. Welche Effekte haben die grassierende Fehlallokation von Kapital und die konjunkturelle Abschwächung des Landes auf Österreichs produzierende Unternehmen und deren Entscheidungsfindung? Und: Ist automatisch jeder, der bei China aneckt, bei der Globalisierung zu spät gekommen?
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Politik vor Ökonomie
Würden wir uns weniger mit der Fußballliga auseinandersetzen und stattdessen mehr mit den Reden von Xi Jinping, wäre uns wohl bewusst, dass Chinas Staatspräsident nachdrücklich - und mitunter in kriegerischen Tönen - "von der Vormachtstellung in der Welt spricht", sagt Clemens Steiner, CEO Tiger Coatings. Drei Werke betreibt der Welser Pulverlacke-, digitale Inks- und 3D-Materialienhersteller in China, jenes schon 1996 eröffnete Werk in Taicang - einen Steinwurf von Shanghai entfernt - wurde vor zwei Jahren größen- und kapazitätsmäßig verdoppelt. Die Zuwachsraten des oberösterreichischen Unternehmens liegen in China längst nicht mehr dort, wo sie die letzten 20 Jahre lagen, aber immer noch über dem offiziellen Wachstum von aktuell 4,6 Prozent. Und trotzdem weiß Steiner, wie es sich anfühlt, plötzlich vor dem Aus zu stehen - obwohl man eigentlich ein "kleiner Shrimp im Teich" sei. Ermittlungen in China rund um eine Reihe von Umweltunfällen - es ging um verunreinigte Gewässer - sorgten vor einigen Jahren für "einen kritischen Moment" rund um die Aufrechterhaltung der Betriebsgenehmigung.
Völlig unbeteiligt, wurde neben Nasslackproduzenten auch das österreichische Unternehmen "extrem scharf angegangen", sagt Steiner. Dass die Welser die Betriebsgenehmigung verlieren, "stand auf des Messers Schneide", so der CEO. Gleichzeitig, sagt Steiner, könne er sich - selbst nach dieser Episode - nicht mehr vorstellen, nicht hier tätig zu sein. Rund ein Drittel des Gesamtumsatzes erwirtschafte man in Asien. Mit unter anderem Jobs in China für 350 Leute und umweltfreundlichen Lacken. Steiner spricht von den Maßnahmen des Landes in der Corona-Zeit und der 180-Grad-Kehrtwende, mit der das Volk "im Schweinsgalopp in die Herdenimmunität getrieben wurde". Und wie das Land in die Probleme läuft, weil es Politik vor Ökonomie stellt. "Die Baukosten liegen niedriger als vor zehn Jahren, das ist aberwitzig", sagt Steiner.
In Alternativen denken
"Es ist nicht so, dass der Zeiger nach oben zeigt": Ein Viertel des Gesamtumsatzes erzielt der Automobilzulieferer Pollmann durch sein China-Geschäft, es war schon einmal ein Drittel. Jetzt, wo die deutschen OEMs in China ins Straucheln geraten sind und die E-Auto-Schwemme spüren, werden auch die Zeiten für Zulieferer härter. "Der Preiskampf ist gewaltig", sagt Christian Schreiberhuber, CEO von Pollmann International. Trotzdem versucht Schreiberhuber positiv zu denken: "Die Statistik gibt her, dass die ersten vier Monate des heurigen Jahres der Fahrzeugabsatz in China um ein Zehntel höher lag als im Vorjahr", rechnet er vor.
Der letzte Erweiterungsschritt im Pollmann-Werk Kunshan liegt dennoch schon fünf Jahre zurück, es gäbe im Werk kapazitativ "Luft nach oben", wie der Manager sagt. Zwei Stoßrichtungen wolle man nun andenken: Die Neukundengewinnung sowie die Erschließung neuer Produktsegmente abseits der Anwendungen Schiebedach und Türschloss. Die Marktlage sowie die politische Entwicklung - Stichwort Taiwan-Konflikt - verfolge man sehr genau. Noch nie war es wichtiger, als Eigentümer oder Manager in Alternativen zu denken. "Aktuell wälzen wir aber kein Rückzugsszenario", sagt Schreiberhuber. Schon einmal habe man ein Projekt von China nach Europa verlagert. Es ging da aber um die Sicherstellung der Lieferkette in der Covid-Zeit. Dem Kunden war die Domizilierung "in China zu unsicher", erinnert sich der Manager.
Unterschiede gesehen
Nicht in China vertreten ist Unger Stahlbau. 2015 sondierte das global tätige Unternehmen den potenziellen Schritt, 2019 bestärkte sich der Eindruck von Matthias Unger auf einer langen Reise durchs Land neuerlich, hier "vom ethischen Standpunkt und anderen Qualitätsstufen im Produkt" nicht aktiv werden zu wollen. Man habe schon damals diese Unterschiede gesehen. Der Vorteil des Stahlbauers: "Wir sind in unseren Entscheidungen frei, werden nicht von Kunden zu einem globalen Footprint verpflichtet", so der Manager. Asien lässt das Unternehmen freilich nicht links liegen. Mit einem Joint-Venture-Partner fertigt Unger in den Emiraten drei Flugstunden von Dehli entfernt unter anderem Komponenten für LNG-Projekte für die USA mit aktuell tausend Mitarbeitern. "800 der Mitarbeiter kommen aus Indien", sagt Unger. Erwirtschaftet wird vor Ort mittlerweile ein dreistelliger Millionenumsatz. Dort mag er positive Grundwerte, "die mit unserem Familienunternehmen vereinbar sind", erkennen.
Der US-Zollpolitik kann Unger vieles abgewinnen. "Ich bin ein Freund der westlichen Werte, die regimegestützte Überschwemmung der Weltmärkte mit Waren zähle ich nicht dazu", so Unger. Ob China einer Neuevaluierung unterzogen werde? "Das Vorhaben ist auf Hold", sagt Unger. Nachsatz: Wenn sich weltpolitisch etwas ändere, "dann gerne". Das Land sollte sich öffnen und eine freiere Gesellschaft zulassen. "Ich weiß nicht, ob wir das noch erleben", sagt Unger.
Spannungsfeld
Rund ein Sechstel seines Umsatzes erwirtschaftet der Kupplungshersteller Geislinger in China. Weltweit - auch in China - beobachtet er nicht abreißenden Bedarf im Bereich Energie und Schiffsbau, "die Niveaus sind seit Jahren hoch", sagt Managing Director Torsten Philipp. "China ist aus diesem globalen Markt nicht wegzudenken. Insofern ist und bleibt der chinesische Markt enorm wichtig - trotz der bekannten Schwierigkeiten wie staatlicher Einflussnahme oder IT-Sicherheitslücken", sagt er.
Das sei das Spannungsfeld, in dem man sich bewege. Philipp ist keiner, der sich der trügerischen Vorstellung von Wandel durch Handel hingab. Er unterscheidet dafür Absatzmärkte von Investitionsmärkten. In den USA und Südkorea, wo man wie in der Nähe von Shanghai Niederlassungen habe, falle die Risikobewertung und -eingrenzung "leichter ", sagt Philipp. Länder mit Rechtssicherheit seien klarerweise einfacher zu bedienen, sagt er.
Umfänge abgeschmolzen
Aufträge für sechs neue Papier- und Kartonmaschinen hat der Industrieanlagenbauer GAW zum Jahresbeginn von Kunden aus China erhalten. Der Auftragswert für die Projekte beläuft sich auf insgesamt mehr als 17 Millionen Euro. Im Lieferumfang enthalten: die ressourcen- und energieeffiziente Aufbereitung von Streichfarben, Stärke und Nasspartie-Chemikalien sowie die Nassmahlung von Calciumcarbonat - inklusive Digitalisierung und Automatisierung. Wiewohl erfreut, tritt GAW-Geschäftsführerin Nina Pildner-Steinburg trotzdem auf die Euphoriebremse. Denn Großaufträge wie diese, die mit einem Schlag Millionen Umsatz in die Kassen spülen, waren früher weit weniger rar als sie es heute sind. Das China-Engagement des Grazer Anlagenbauers reicht bis in die 80er Jahre zurück.
"Gerade im Turnkey-Geschäft würden die aus China georderten Lieferumfänge immer mehr abgeschmolzen", sagt Pildner-Steinburg. Es werde zwar zunächst gesamthaft - also umfassend inklusive Engineeringdienstleistungen und Instrumenten und Armaturen - ein Angebot gelegt. Doch von einem potenziell millionenschweren Auftrag bleibt häufig nicht viel mehr als ein Teilstück über. "Wir sind dann im schlechtesten Fall nur Lieferant von ein paar Filtern", so Pildner-Steinburg. Eine Entwicklung, die ihrer Beobachtung nach in China zunehme. Fast 60 Prozent ihres gesamten Umsatzes erwirtschaften die Grazer dort. Es sei unmöglich, sich aufgrund dieser Entwicklungen loszusagen. Eher schon braucht es über kurz oder lang eine andere Strategie. "Wir denken darüber nach, in China für lokale Projekte zu sourcen", sagt die GAW-Chefin.
Rauft um jeden Kubikmeter
Nur wenige österreichische Unternehmen mit einer erfolgreichen Bilanz als vor Ort produzierendes Unternehmen in China will Hirsch Servo-Vorstandsvorsitzender Harald Kogler ausmachen. "Nachdem ich mich mit dem Land viele Jahre auseinandersetze und viele Male dort war, muss ich feststellen, dass es diese Geschichten nachhaltigen Erfolgs in dem Ausmaß nicht gibt", sagt er. Der Hersteller von EPP- und EPS-Produktionsmaschinen erwirtschaftet selber ein Zehntel seines Gesamtumsatzes in China. "Wir sind mit einer kleinen Vertretung und Serviceorganisation vor Ort", sagt Kogler. Dass andere Unternehmen regelrecht "versessen darauf waren, dort hinzukommen", habe er er mit Skepsis verfolgt.
Auch weil er die Kulturunterschiede als groß - und mitunter unüberbrückbar ansehe. "Während sich in Europa Kundenbeziehungen festigen lassen, kann es in China schon mal passieren, dass alle deine Ansprechpartner eines Projekts ausgetauscht sind", sagt er. Und auch er musste Lehrgeld zahlen. Ein Schiedsgerichtsverfahren, das ein chinesischer Kunde angestrengt hatte, weil er sich nicht auf eine Rückabwicklung des Geschäfts einlassen wollte, gewann man zwar - doch es zog sich über mehrere Jahre. Nicht begünstigend: Dass auch der Motor der Konjunktur in der Bauwirtschaft in China schleppend liefe. "Dort rauft man um jeden Kubikmeter Dämmstoff", sagt Kogler. Der Überhang im Investitionsgüterbereich sei nicht mehr vorhanden.
China? Kein no-brainer
Die geopolitische Notwendigkeit, China zu hinterfragen, sehen nur die wenigsten. Das ist aberwitzig, meint IM-Autor Daniel Pohselt.
Eine grassierende Fehlallokation von Kapital, Engpässe auf dem Arbeitsmarkt, dazu die konjunkturelle Abschwächung: Es sind nicht die besten Zeiten, die Österreichs Produzenten in China erleben. Zugleich rücken Russland und China enger zusammen. Deren Handelsverflechtungen haben sich seit dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine verstärkt. Die beiden Staaten haben ihre strategische Partnerschaft mit neuen Abkommen bis 2030 bekräftigt. Österreichs Industrieunternehmen, die dem Ruf Chinas in den goldenen Jahren der Internationalisierung der Nullerjahre gefolgt sind, stehen vor der Wahl: Die Geschäfte weiterführen. Oder ein Zeichen setzen und dem Markt, in der der Primat der Politik zählt und eine Einparteienherrschaft totalitär regiert, den Rücken kehren. In Russland die Reissleine zu ziehen war "für uns ein no-brainer", meint ein Manager. China dagegen? Selbst Waffenlieferungen an Russland und Repressionen wie jene gegenüber dem muslimischen Turkvolk Uiguren in der Provinz Xinjiang machen China für Österreichs Unternehmen nicht zum moralischen Problem. Das ist - vor der geopolitisch zugespitzten Lage und einem Land, dessen Führung das Mandat des Himmels für sich reklamiert - aberwitzig.
Drängen auf Entkopplung
2016 habe sich der Elektronikfertiger Melecs EWS stark genug gefühlt, den Schritt nach China zu machen, "de facto von Null starteten wir mit einem Werk im Norden der ostchinesischen Stadt Wuxi", schildert Bernhard Pulferer, der CEO des burgenländischen Unternehmens. 15 Prozent zum Gesamtumsatz trägt das Chinageschäft heute bei. Auch einkaufsseitig ist China ein wichtiger Markt. Passive Komponenten wie Widerstände oder Kondensatoren sowie Leiterplatten sourct das Unternehmen mit einem lokalen Einkaufsteam in der Volksrepublik. "Zum Weltmarkt für Leiterplatten trägt Europa nur noch zwei Prozent bei, wir haben uns in ein enormes Abhängigkeitsverhältnis begeben", sagt Pulferer. Die Umkehr sei de facto nicht möglich. An gegenseitig guten und fairen Handelsbeziehungen auch zwischen China und Europa zu arbeiten sei daher wichtig. Der Druck im Land zieht auch für den Elektronikfertiger an.
Die geopolitische Konfliktsituation lasse US-Kunden darauf drängen, Wertschöpfung in den Westen zu verlagern - "das führt zu einem Boost in der mexikanischen Industrie, von dem wir mit unserem Werk Querétaro profitieren", sagt Pulferer. Auch die Hinweise von südkoreanischen Kunden "werden lauter im Sinne einer Entkopplung von China", beobachtet der Manager. Zu einer China+1-Strategie - der Domizilierung eines zusätzlichen Werks in der Region - habe man sich bisher jedoch noch nicht durchgerungen. "Wir können nur unser ungarisches Werk anbieten", sagt Pulferer. Er stellt sich in China auf ein Erstarken der chinesischen Zulieferindustrie in der Automobilwelt ein. "Darauf müssen wir uns entsprechend vorbereiten", so Pulferer. Das Ziel müsse sein, von lokalen Lieferanten eindesignt statt abgehängt zu werden. "Wir wollen deshalb bis Jahresfrist mit Unterstützung aus Österreich auch Produktentwicklung in China etablieren - also lokales ODM-Geschäftvollinhaltlich lokal abwickeln", so Pulferer.
Weiter diversifizieren
15 Prozent des Gruppenumsatzes erwirtschaftet in China der auf Steckverbindungen spezialisierte Automobilzulieferer Hirschmann Automotive. "China ist ganz klar ein Wachstumsmarkt für uns", sagt CEO Angelo Holzknecht. 500 Mitarbeiter arbeiten im Produktionswerk Nantong, auch Vertrieb und Entwicklung seien dort verankert. "Im speziellen Hochvolt-Steckverbindungen seien das Geschäft der Zukunft", so Holzknecht. Man wolle sich weiter diversifizieren. "Bis vor zehn Jahren waren wir weder in Nordamerika noch China tätig. Heute sind wir ein global aufgestelltes Unternehmen, das nun die Möglichkeit besitzt, international weiter zu wachsen", sagt der Manager.
Angesichts eines horrenden des drohenden Preiskampfes bei E-Fahrzeugen werde man die Qualitätsstrategie für Kunden in China gegebenenfalls anpassen. Natürlich hofft Holzknecht, dass das geopolitische Konfliktpotenzial das Ost-West-Gefälle nicht vergrößere. Etwa durch Importzölle auf chinesische Waren. Über deren Sinnhaftigkeit "bin ich hin und her gerissen", sagt Holzknecht. Er fürchtet, dass als Folge dessen ein Sanktionenhebel gegen Europa verwendet werden könne.
Solarkrise selbst eingebrockt
Annähernd kein Rohstoffsourcing aus China betreibt der Hochleistungswerkstoffhersteller Plansee. Molybdän sourct man zur Gänze über die Beteiligung an der chilenischen Molymet, Wolfram, dessen natürliche Vorkommen zu 80 Prozent in China liegen, gewinnt man überwiegend durch Recycling, Kobalt gar zu 100 Prozent. China ist für die Reuttener aber ein wichtiger Markt. Ein Fünftel des Gesamtumsatzes erwirtschaftet das Unternehmen in Asien mit 2650 Mitarbeitern. Wer nach Covid-19 auf eine massive Erholung Chinas wartete, wurde enttäuscht. "In allen Prognosen sticht ein Land heraus: Indien", sagt Karlheinz Wex, Vorstandsvorsitzender der Plansee Group.
Nur: In Europa sehe man leider die allergeringsten Aussichten auf Wachstum in den nächsten fünf bis zehn Jahren. Weshalb es nun gelte, mehr Wertschöpfung in den Regionen China, Indien, USA und Südkorea aufzubauen. Wex sieht Versäumnisse aufseiten Europas. "Mit seinen Regularien hat sich Europa beispielsweise die Solarkrise selbst eingebrockt", sagt er.
Kommunikation gefiltert
Die Zeichen der Wittmann Gruppe stehen in China auf Expansion. Seit über 20 Jahren ist das Unternehmen mit einem Produktionswerk vertreten, zunächst in Shanghai, heute in Kunshan. Künftig - voraussichtlich ab 2025 - wolle man neben Robotern und Peripheriegeräten vor Ort auch eigens für den asiatischen Markt angepasste Spritzgießmaschinen fertigen. Speziell auf Nischenmärkten wie etwa die Herstellung von Linsen für Handys und in der Medizintechnik sind für europäische Hersteller "Wachstumschancen zu realisieren", schildert Eigentümer und Geschäftsführer Michael Wittmann. Nach der Konjunkturdelle im Vorjahr hat das Wachstum heuer wieder angezogen. Zehn Prozent des Gesamtumsatzes erwirtschaftet man in Asien - Tendenz steigend. "Sicher wäre mir lieber, wenn China eine lupenreine Demokratie wäre", sagt Wittmann.
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Dennoch arbeitet man seit vielen Jahren mit bewährten lokalen Partners zusammen, die nicht nur qualitativ hochwertige Produkte herstellen, sondern auch internationale Arbeitsstandards einhielten. "Man merkt schon, dass die digitale Kommunikation gefiltert sein kann, wenn sie über das Geschäftliche hinausgeht und gesellschaftspolitische oder politische Themen behandelt", sagt Wittmann". Doch den Markt wolle er nicht links liegen lassen, auch weil China in Europa im Spritzgießbereich zusehends eine Nummer ist. Mental bereite man sich jedoch sehr wohl darauf vor, dass auch China eine Embargopolitik - Stichwort Zuspitzung des Taiwankonflikts - ereilt. "Wir haben im Vorjahr unseren Standort Türkei eröffnet und bauen hier aus", sagt Wittmann. Falls es die Situation in China erfordern sollte, könnte man an diesen "zumindest mittelfristig Produktion verlagern", so Wittmann.
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