Steiermark News : Energiepreise belasten Green-Tech-Standort

Bau von elektronischen Motoren bei ELIN in Weiz. Green-Tech-Betriebe sorgen für Klimaschutz und Wachstum.

Bau von elektronischen Motoren bei ELIN in Weiz. Green-Tech-Betriebe sorgen für Klimaschutz und Wachstum.

- © Zukunft Industrie

Südösterreich mit seinem Green-Tech-Valley, das sich über die Bundesländer Steiermark und Kärnten erstreckt, ist eine der klimafreundlichsten Produktionsstandorte, wenn es um Green Tech und Industrieproduktion geht. Die Beispiele innovativer Ansätze von Unternehmen, um einen Beitrag für Nachhaltigkeit und Klimaschutz zu leisten, sind zahlreich. Der Leiterplattenbauer AT&S in Leoben forciert beispielsweise das Recycling von Kupfer und reduziert damit CO2-Emissionen. Bis 2025 will der Konzern mindestens 80 Prozent seines Energiebedarfs aus erneuerbaren Energien decken.

Bis 2030 sollen darüber hinaus alle fossilen Energieträger innerhalb der eigenen Produktionsstandorte weltweit ersetzt werden. Bei Stoelzle Oberglas in Köflach spart man Energie, indem man Recycling-Prozesse bereits in der Produktion einsetzt und Altglas-Komponenten in den Rohstoffmix einbringt. Für jeden Prozentanteil recyceltes Glas spart man 0,25 Prozent der Energie ein. Und selbst beim energieintensiven Bergbau am steirischen Erzberg setzt man bei den großen Schwertransportern jetzt auf Elektromobilität. Drei Millionen Liter Diesel können dadurch pro Jahr eingespart werden.

Abonnieren Sie unseren wöchentlichen Newsletter von Wirtschaftsnachrichten! Jetzt kostenlos abonnieren!

Südösterreich als klimafreundlichster Industriestandort

Das sind nur einige von vielen Beispielen, die Südösterreich inzwischen zu einem der klimafreundlichsten Industriestandorte der Welt machen. Bis zu drei- bis fünfmal weniger Emissionen erzeugt die heimische Green-Tech-Industrie im Durchschnitt, verglichen mit Produktionsstandorten etwa in Asien oder Nordamerika. Hinzu kommt noch der Export von Green-Tech-Produkten, die im Einsatz erhebliche CO2-Reduktionen zur Folge haben. Etwa die Kraftwerkstechnologien von Andritz, deren Turbinen und Generatoren weltweit in Wasserkraftwerken und Biomasseanlagen zum Einsatz kommen und global CO2 einsparen helfen. Oder die Motorenentwickler von AVL, die daran arbeiten Verbrennungsmotoren für klimaneutrale Treibstoffe wie Wasserstoff und E-Fuels klimafit zu bekommen.

Lesen Sie dazu auch: Recycling: Österreichs Industrie muss stärker auf Rezyklate setzen.

Die Steiermark ist ein Land, das überdurchschnittlich von energieintensiven Industriezweigen geprägt ist. Insgesamt sind knapp 32.000 Arbeitnehmer in der energieintensiven Industrie tätig, das sind 29,6 Prozent der Industriebeschäftigten bzw. um 40 Prozent mehr als im Schnitt der Bundesländer, wie eine Studie von Joanneum Research im Auftrag der IV-Steiermark ergeben hat. Die Analyse zeigt, dass die besonders energieintensiven Branchen für 79 Prozent des energetischen Endverbrauchs der steirischen Industrie (66.600 TJ) stehen. 13,7 Prozent der steirischen Bruttowertschöpfung entfallen auf die energieintensive Industrie. Im Österreich-Schnitt sind es 7,6 Prozent, was die überdurchschnittliche Relevanz dieses Industriezweiges für die Steiermark verdeutlicht.

Lesen Sie dazu auch: Grüne Transformation im Süden Österreichs: Energie-Reich im Süden.

„Zentral ist, dass, wenn in der Steiermark mehr produziert wird, die Emissionen nur unterproportional steigen. Das ist ein Beleg für die hohe Energieeffizienz und die Entkopplung von Produktion und Emission“, betont JR-Studienautor Eric Kirschner. Während im Zeitraum 2011 bis 2018 die Bruttowertschöpfung in der Warenherstellung um 23,9 Prozent gestiegen ist, erhöhten sich die Treibhausgasemissionen (THG) nur um 1,5 Prozent. Relativ gesehen ist damit ein deutlicher Rückgang der THG-Emissionen gelungen.

Neue Höchststände bei Umsatz und Beschäftigung im Green-Tech-Bereich

Im Kernbereich der steirischen Umwelttechnikindustrie sind über 13.000 Erwerbstätige beschäftigt. Im Bundesländervergleich zählt die Steiermark damit die meisten Beschäftigten in diesem Sektor. In den letzten fünf Jahren konnte ein jährliches Beschäftigungswachstum von 3,5 Prozent verzeichnet werden. Die aktuelle Konjunkturumfrage unter steirischen und Kärntner Technologieunternehmen zeigt für 2022 im Vergleich zum Geschäftsjahr 2021 ein nominelles Plus von 22 Prozent beim Umwelttechnik-Umsatz.

Lesen Sie auch: Energieloser Wettbewerb im Süden Österreichs?

Das sind 7,6 Milliarden Euro – ein neuer Höchststand (insgesamt betrugen die Umsätze dieser Unternehmen inkl. anderer Branchen 18,3 Milliarden Euro). Mit 5,7 Milliarden Euro (+ 26 Prozent) verbucht der Bereich „Erneuerbare Energie“ rund 75 Prozent des grünen Umsatzes für sich. Auch bei den Beschäftigten bedeuten die aktuell 26.500 Mitarbeiter ein Plus von sieben Prozent und einen neuen Höchststand im Feld der Energie- und Umwelttechnik.

Fehlender Wettbewerb im Energiesektor

Zunehmend wird von der Wirtschaft der fehlende Wettbewerb im Energiesektor kritisiert. In der Juni-Juli-Ausgabe berichteten die Wirtschaftsnachrichten über die Wettbewerbssituation bei Energiepreisen in der Steiermark und Kärnten. Dazu haben wir zahlreiche Rückmeldungen von Unternehmen erhalten. Der Netzausbau geschehe zu langsam, es gäbe einen Fleckerlteppich von Zuständigkeiten bei den Netzbetreibern und die Politik lege nur unzureichende Ausbaupläne für erneuerbare Energien vor. Das Bremse die Umstellung vieler Betriebe auf erneuerbare Energien und auf E-Mobilität.

Lesen Sie auch: Graz und Klagenfurt gestalten Wirtschaftsraum gemeinsam.

Investitionen hängen in den Seilen. Auch Jürgen Mandl, Präsident der Wirtschaftskammer Kärnten, und der WK-Industriespartenobmann Michael Velmeden riefen im August eindringlich zu mehr Energieversorgungssicherheit und zu wettbewerbsfähigen Preisen auf. Die neue Kärntner Energiestrategie zum Ausbau von erneuerbaren Energien und Übertragungsnetzen begrüßt Mandl. Der Green-Tech-Standort Südösterreich braucht Versorgungssicherheit mit günstigen grünen Energien, fordern Wirtschaftsvertreter. Politik und Energieversorger müssten mehr tun.

Steirische Industrie bei Klimaschutz Vorreiter

Interview mit Stefan Stolitzka, Präsident der IV Steiermark

Stefan Stolitzka, Präsident der IV Steiermark.

- © KANIZAJ | 2019

Was sind die Hauptgründe, warum Industrieproduktion heute in der Steiermark so effizient und klimaschonend ist?

Die Ursachen liegen im hohen Engagement und in der Innovationskraft der Betriebe und ihrer Mitarbeiter. Innovation und Technologie machen vor Ort eine weltweit herausragende klimaschonende Produktion von nur energieintensiv herstellbaren Gütern wie Papier, Stahl oder Zement möglich. Unsere Industrie wirkt aber auch weit über unsere Landesgrenzen hinaus: Steirische Umwelttechnologien sparen in ihrem globalen Einsatz jährlich so viel CO2 ein, wie ganz Kanada emittiert. Nämlich 700 Millionen Tonnen.

Doch die hohen Energiepreise belasten die Unternehmen. Wie wird sich die Energiepreissituation 2023/24 auf die steirische Industrie auswirken?


Ganz unabhängig von der Höhe der Energiekosten beschreitet die Industrie in der Steiermark seit Jahren einen beeindruckenden Weg der Effizienz und der Entkopplung von Produktion, Energieeinsatz und Treibhausgasemissionen. Dennoch ist die stabile Verfügbarkeit von Energie zu wettbewerbsfähigen Preisen essenziell – gerade in der Steiermark, wo über 30.000 Menschen in einem Unternehmen der energieintensiven Industrie arbeiten.

Gibt es gemeinsame Planungen bzw. Gespräche mit Landesenergieversorgern und Politik, um die Energiepreise für die Industrie zeitnah zu senken bzw. den Ausbau der Erneuerbaren im Industriebereich zu beschleunigen?


Wir stehen mit allen Genannten in einem engen und guten Kontakt. Wichtig wird es sein, die zukünftigen Bedarfe, deren Energiemix und mögliche inländische und ausländische Bezugsquellen gemeinsam gut in Szenarien zu planen und daraus jetzt die notwendigen Maßnahmen abzuleiten. Das betrifft natürlich ganz besonders solche im Bereich der Energiegewinnung und der Netzinfrastruktur.