Green-Tech-Valley in Kärnten und Steiermark : Grüne Transformation im Süden Österreichs: Energie-Reich im Süden

Team of two engineers installing solar panels on roof.

Erneuerbare Energien bilden das Herzstück der nachhaltigen Umgestaltung dieser Region. Wie leistet die Green-Tech-Industrie einen bedeutenden Beitrag zur Energiewende und gestaltet die Zukunft der Energieproduktion?

- © Getty Images

Die grüne Transformation der Wirtschaft sowie die Energie- und die Mobilitätswende sind nicht bloß Begriffe, sondern dahinter stecken Betriebe, Forschungseinrichtungen und Netzwerk-Organisationen. In Kärnten und der Steiermark hat sich in den letzten Jahren ein veritabler Industrie-Hotspot für Green-Tech-Betriebe herausgebildet. Das sogenannte Green-Tech-Valley erstreckt sich über beide Bundesländer und bündelt in einem Cluster 300 Unternehmen und Forschungsreinrichtungen, darunter 20 globale Technologieführer, in der Region. Kürzlich wurde das Green-Tech-Valley von der EU zu einem der „All-Time“-Regiostars gekürt und somit in den Kreis der innovativsten Regionen Europas aufgenommen.

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Die Firma GREENoneTEC in St. Veit mit modernen Produktionshallen.
Die Firma GREENoneTEC in St. Veit mit modernen Produktionshallen. - © GREENoneTEC

Produktionsstandort für die Energiewende

Für die grüne Transformation der Wirtschaft sowie für die Energie- und Mobilitätswende in Österreich, in Europa als auch weltweit braucht es schließlich Unternehmen, die dafür die entsprechenden Technologien und Produkte entwickeln. Für die Klimaziele in Österreich ist die Region Steiermark-Kärnten dabei einer der wichtigsten Green-Tech-Produktionsstandorte. Ob Fotovoltaik oder Solartermie aus Kärnten oder Wasserstoffmotoren und Generatoren aus der Steiermark. Während andere sich für das Klima ankleben, wird in den Unternehmen des Green-Tech-Valley aktiv angepackt. Die globalen Einsparungseffekte durch in Kärnten und der Steiermark produzierten Produkte ist enorm. Ebenso wie das Wachstumspotenzial der Green-Tech-Branchen. Nachhaltige Industrieprodukte sind weltweit so gefragt wie nie und werden für die nächsten 20 bis 30 Jahre das Rückgrat der heimischen Exportindustrie darstellen.

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Der internationale Technologiekonzern ANDRITZ, mit Sitz in Graz, erzielt bereits rund 40 Prozent seiner Umsätze mit nachhaltigen Produkten, wie Turbinen und Generatoren für Strom aus Wasserkraft oder Anlagen zur Erzeugung von Batterien und E-Autos. In den kommenden Jahren soll dieser Anteil auf 50 Prozent weiter steigen. „Unser umfassendes Angebot an diesen grünen Produkten ist auch ein Grund, warum wir heuer einen deutlichen Anstieg beim Auftragseingang verzeichnen. Unser Auftragsstand befindet sich mit knapp elf Milliarden Euro auf einem historischen Höchststand“, berichtete ANDRITZ-Pressesprecher Michael Buchbauer. Doch das Unternehmen ist nur ein Beispiel von vielen, die auf den heimischen wie internationalen Märkten massiv von der Nachfrage nach Green-Tech-Produkten profitieren.

  • Erneuerbare Energien sind der Ausweg aus der Abhängigkeit.

    Helmuth Matschnig, GF KWB

Investitionen in Produktionsausbau

Während andere Branchen bereits Umsatzrückgänge verzeichnen bzw. erwarten, kann bei Green-Tech-Betrieben davon aktuell nicht die Rede sein. Jeder zweite Betrieb plant oder tätigt bereits massive Investitionen in den Ausbau der Produktion. Der steirische Hersteller von Holzheizsystemen KWB hat in den letzten beiden Jahren etwa 23 Millionen Euro in die Erweiterung der Produktionskapazitäten und Forschungseinrichtungen am Standort in St. Margarethen an der Raab investiert. Das geschieht auch vor dem Hintergrund der Energieziele der Bundesregierung, fossile Energieträger durch erneuerbare zu ersetzen. „Mit den aktuellen Produktionsvolumen sind wir in der Lage unseren Beitrag zur Energiewende zu leisten“, bekräftigt Helmut Matschnig, Geschäftsführer bei KWB. „Erneuerbare Energien sind der Ausweg aus der Abhängigkeit. Jede Investition in diesem Bereich tut nicht nur der Region, sondern auch dem Klima gut und fördert die Unabhängigkeit“, ist Matschnig überzeugt.

Dass diese Investitionen letztendlich ausgelöst wurden, liegt nicht unwesentlich an den Rahmenbedingungen, die von der Bundesregierung aber vor allem von den Landesregierungen und den wirtschaftlichen Interessensvertretungen, wie der Wirtschaftskammer, geschaffen wurden. Durch Clusternetzwerke, Forschungseinrichtungen und Ausbildungsstätten ist ein Biotop entstanden, dass dem wirtschaftlichen Erfolg der Green-Tech-Betriebe gehörig Aufschub verleiht. „Bei KWB arbeiten wir im Grünen am Grünen. Wir profitieren von renommierten Ausbildungsstätten im Großraum Graz, aber auch von innovativen Produktionsunternehmen im Green Tech Valley. Zahlreiche Pioniere und Technologieführer sowie namhafte Forschungseinrichtungen in den Bereichen Erneuerbarer Energien und Kreislaufwirtschaft sind hier ansässig. Dieses innovative Umfeld ist ein echter Standortvorteil für uns“, bestätigt auch Helmuth Matschnig die Assets in der Region.

  • Die Energieziele für 2030 bzw. 2040 sind Lippenbekenntnisse, wenn Fachkräfte für das Handwerk und die Produktion nicht verfügbar sind.

    Robert Kanduth, GF GREENoneTEC

Produktionsturbo für Sonnenenergie

Das Green-Tech-Valley ist vor allem als Produktionsstandort für die Energiewende von strategischer Relevanz. Im Kärtner St. Veit an der Glan sind mit GREENoneTEC und Kioto Solar zwei Schlüsselbetriebe für die Produktion von Solarthermie und Fotovoltaik beheimatet. Bei GREENoneTEC wird man im nächsten Jahr rund 15 Millionen in den Standort investieren. Bei Kioto Solar sind die Produktionskapazitäten ebenfalls um 8,5 Millionen Euro erweitert worden, berichtet Peter Prasser, Geschäftsführer bei Kioto Solar. Aktuell schafft man eine Produktionskapazität von 250MW an Fotovoltaikmodulen pro Jahr. 2023 sollen Produktionskapazitäten für weitere 200 Megawatt hinzukommen, berichtet dazu Robert Kanduth, der nicht nur Geschäftsführer bei GREENoneTEC, sondern auch Mitgesellschafter bei Kioto Solar ist.

Dass Anfang der 2000er Jahre der Solarturbo in Kärnten gezündet wurde, hat letztendlich auch mit dem Standort zu tun. Seitdem haben sich viele Zulieferbetriebe für erneuerbare Energien angesiedelt. „Das bringt Vorteile in der Logistik, im Bereich Forschung und Entwicklung, aber auch bei der Mitarbeitersuche, denn je mehr Firmen ihre Mitarbeiter im Bereich erneuerbare Energien ausbilden, desto besser stehen die Chancen, Fachkräfte zu finden“, berichtet Peter Prasser.

Dass Fachkräfte aber ein Thema sind, verleugnet auch er nicht. Weiters spielen Kooperationen mit Forschungseinrichtungen eine große Rolle. „Auch hier sind wir sowohl in der Region als auch überregional sehr gut aufgestellt, sei es mit den Silicon Austria Labs in Villach, den Verbänden (Photovoltaic Austria, Austria Solar) aber auch Zusammenschlüsse wie dem Green-Tech-Cluster, dem Energieforum Österreich, der Technologieplattform Photovoltaik (TPPV) und vielen mehr“, betont Prasser. „Was die Lage angeht, können wir unsere Kunden im zentraleuropäischen Raum von Kärnten aus perfekt erreichen. Der Alpe-Adria-Raum ist wirtschaftlich gut erschlossen, durch die Nähe zu Slowenien und Italien haben wir super Anbindungen zu Häfen und Flughäfen“, so Prasser weiters.

  • Der Fachkräftemangel ein Thema. Hier hoffen wir darauf, dass die Politik zukünftig noch mehr Stimmung für die Branche macht.

    Peter Prasser, GF Kioto Solar

Erfolg kein Selbstläufer

Trotz der Wachstumspotenziale und der vollen Auftragsbücher agiert die Branche derzeit in einem schwierigen Marktumfeld. Energiepreise machen auch den Erzeugern der erneuerbaren Energien zu schaffen und Lieferketten gestalten sich nach wie vor herausfordernd. „Die Unsicherheiten auf den Weltmärkten verursacht durch die Pandemie hat dazu geführt, dass alle Einkäufer eine Vorsorgelagerhaltung aufgebaut haben. Das hat dazu geführt, dass die Nachfrage nach Produkten und Bauteilen international sprunghaft anstieg, als die Lockdowns zurückgingen. Aktuell haben auch wir volle Lager mit Material“, berichtet Robert Kanduth von GREENoneTEC. Noch immer gebe es lange Wartezeiten bei einzelnen Bauteilen. „Wechselrichter für PV-Anlagen sind aktuell kaum zu bekommen und bei der Solarthermie kommen die Hersteller von Boiler kaum nach“, so Kanduth. Ein Ausbau der Wertschöpfung in Österreich sei aber eine ökonomische Gradwanderung.

„Der Ausbau der Produktionskapazitäten sowie die Erhöhung der Wertschöpfungstiefe ist nur möglich, wenn wir weiterhin weltweit konkurrenzfähig bleiben“, mahnt Kanduth. Die Energiepreise für die Industrie seien dafür ein entscheidender Faktor. Um Abhängigkeiten bei der Produktion von erneuerbaren Energien von Asien zu verringern, brauche es daher in letzter Konsequenz auch EU-Importzölle. „Wenn die Energiepreise in China billiger sind, dann werden Fotovoltaikmodule aus chinesischer Produktion immer einen Preisvorteil haben“, so Kanduth. Wie es der Solar- und Windenergie-Branche in Europa Anfang der 2000er Jahre erging, wo zahlreiche Produzenten von Wind- und Fotovoltaikanlagen in Europa angesichts der Billigkonkurrenz aus Asien pleitegingen, sollte für die Politik Mahnung sein, dass der derzeitige Green-Tech-Boom in Österreich kein Selbstläufer ist.

Fachkräftemangel als Flaschenhals der Energiewende

„Die Energieziele für 2030 bzw. 2040 sind Lippenbekenntnisse, wenn Fachkräfte für das Handwerk und die Produktion nicht verfügbar sind“, spricht Robert Kanduth Klartext. Zwar sei die Verfügbarkeit in seinem Betrieb etwa von Leiarbeitskräften in letzter Zeit schwierig gewesen, aber beim Stammpersonal habe man derzeit keine Probleme. Das große Nadelöhr sieht er aber beim Handwerk. „Zu wenige Handwerksbetriebe stehen für den Einbau von erneuerbaren Energiesystemen zur Verfügung“, so Kanduth weiter. Auch falsche politische Anreize seien dafür verantwortlich, dass sich das Angebot von Installationsbetrieben nicht entsprechend erweitert. Beispielsweise werde die Solarthermie nicht im selben Ausmaß gefördert, wie die Wärmepumpe. Ersteres sei aber viel effizienter, während die Wärmepumpe bei vielen Kunden schlicht keinen Sinn macht, weil sie zur Stromkostenfalle wird. Dabei bestünde bei der Solarthermie noch großes Potenzial für den heimischen Markt. Bei GREENoneTEC gehen aktuell 90 Prozent in den Export.

Von den 1,6 Millionen Quadratmeter an Produktionskapazität sind derzeit nur rund 500.000 Quadratmeter an Solarmodulen pro Jahr in Produktion. Um die Kapazitäten im installierenden Handwerk zu erhöhen, müsse man sich auch die Fördersituation im Land ansehen. Auf Nachfrage der Wirtschaftsnachrichten äußerten sich zudem einige Unternehmer im Green-Tech-Valley zum Thema Fachkräfte auch kritisch. Man verliere leider immer noch Spitzen-Forschungspersonal an das Ausland und tue sich schwer, dieses wieder zurückzuholen. Zwar sei die Lebensqualität in Kärnten und der Steiermark Top, doch bei Löhnen in der Spitzenforschung müsse man aufbessern. Beim Handwerk brauche es zudem noch flexiblere Arbeitsmodelle. Die Vier-Tage-Woche sei für einige Betriebe durchaus ein Argument, um Menschen zum Einstieg in das Green-Tech-Handwerk bzw. zur Umschulung zu bewegen.

Kölnbreinsperre, Austria - August 10 2022: View of Kölnbrein-Staumauer dam at Malta Hochalmstraße-Kölnbreinsperre in Carinthia, Austria with people on the dam
Die Kölbreinsperre in Kärnten gehört zu Österreichs größten Pumpspeicherkraftwerken. Was wenige wissen: Die Talsperre ist schwarzstartfähig. D.h. sie kann ohne äußere Energieeinwirkung nach einem Blackout das Stromnetz wieder starten. Ein deutlicher Pluspunkt für die regionale Energiesicherheit in Südösterreich. - © Getty Images

Infrastrukturausbau als Standortsicherung

Auch der Ausbau von Logistikinfrastrukturen, Schulen und Betreuungseinrichtungen sowie ein räumliches Leitbild, das nachhaltiges Wachstum erlaubt, werden zudem von abgefragten Unternehmen als Aufgaben an die Politik genannt. So brauche der Raum Graz den dreispurigen Ausbau der A9 und der Schienengüterverkehr zwischen Klagenfurt und Villach zusätzliche Streckenkapazitäten. Die Sicherung der Energieversorgung wird zudem als überlebensnotwendig für die Green-Tech-Industrie angesehen. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien, aber auch der Aufbau von regionalen Energiespeichern und die Kapazitätsaufstockung lokaler Stromnetze sind unabdingbar.

Nicht zuletzt will die Green-Tech-Industrie auch mehr Möglichkeiten in der Raumordnung. Aktuell gäbe es für viele Betriebe nur die Möglichkeit, auf der grünen Wiese neue Produktionshallen zu errichten. Die baurechtlichen Vorgaben verhindern oft ein Aufstocken bestehender Betriebsgebäude im ländlichen Raum. Auch der Neubau von emissionsarmen, energieeffizienten und CO2-neutralen Industriehallen müsste mehr gefördert werden.

Schnellere und effiziente Behördenverfahren

Aktuell gräbt sich der Staat bei der Beschleunigung von Energiewende und grüner Transformation der Wirtschaft mit langen Genehmigungsverfahren oft noch selbst eine Grube. Schnelle UVP-Verfahren sind nicht die einzige Forderung, die dabei aus der Wirtschaft laut wird. Auch auf Landes- und Bezirksebene braucht es Vereinfachungen. „Ein Mitarbeiter musste bei mir vier Monate Anträge bearbeiten, nur um die behördliche Genehmigung zu bekommen, eine Produktionslinie abzubauen und in einem anderen Gebäude eins zu eins wieder aufzubauen“, berichtet Robert Kanduth dazu von einem Beispiel, das bei ihm Unverständnis weckt. „Die Behörden müssen beginnen, sich mehr als Dienstleister zu verstehen und uns wesentlich mehr bei Genehmigungsverfahren und Anträgen unterstützen“, so Kanduth abschließend.

Windpark auf der steirischen Pretulalpe. Er zählt zu den leistungsstärksten im Land. Die Steiermark hat bei Windkraft nach Niederösterreich das zweitgrößte Ausbaupotenzial.
Windpark auf der steirischen Pretulalpe. Er zählt zu den leistungsstärksten im Land. Die Steiermark hat bei Windkraft nach Niederösterreich das zweitgrößte Ausbaupotenzial. - © ÖBf-Archiv/R. Leitner

Wachstumsmotor am Laufen halten

Trotz der sehr positiven Entwicklung im Green-Tech-Valley in Kärnten und der Steiermark gibt es also noch eine Reihe von Aufgaben, die die Politik und die Wirtschaft in den nächsten Jahren bewältigen müssen. Der Erfolg ist kein Selbstläufer und damit der Wachstumsmotor weiter läuft wird es auch weiterhin Reformen brauchen, die die Standortqualität absichern. Dafür muss man heute wesentlich mehr strategische Planung und Koordination in der Standortentwicklung aufwenden als noch vor 20 bis 30 Jahren. Betriebsansiedelung kann heute nicht mehr losgelöst von einer Reihe von weiteren Faktoren gesehen werden. Standortpolitik braucht regionales und internationales Branding. Wer für Unternehmen attraktiv sein will, muss ein Rundumpaket bieten.

Auch für Betriebe gilt: Der beste Standort ist dort, wo ein qualitatives Lebensumfeld für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter herrscht. Die Fachkräfte von Morgen wollen nicht nur arbeiten, sondern auch gut leben. Die neuen Werte verändern unsere Arbeitswelt. Wenn Arbeit Sinn machen soll, braucht jeder Standort eine Vision. Das Green-Tech-Valley ist auf einem guten Weg, doch nur ständige Reformen und Weiterentwicklungen garantieren auch den nachhaltigen Bestand.