Automobilzulieferer : ZKW-Downsizing: Neben Werk in Wieselburg auch Dietach betroffen

ZKW Wieselburg Mitarbeiter

Produktionsstandort der ZKW-Group in Wieselburg: 600 Stellen sollen abgebaut werden

- © Hartwig Zoegl

Der Arbeitsplatzabbau beim Automobilzulieferer ZKW in Wieselburg (Niederösterreich) – mehr dazu weiter unten – trifft einen der zentralen Industriezweige des Landes. Der Produktionswert der Automobilzulieferindustrie liegt nach eigenen Angaben bei rund 25 Milliarden Euro, die Wertschöpfung bei 7,4 Milliarden Euro. 81.700 Arbeitsplätze sollen direkt von der Branche abhängen, indirekt sichert sie fast 200.000 Arbeitsplätze. 900 Unternehmen sind laut Branchenvertretung ARGE Automotive Zulieferindustrie ganz oder teilweise in der Branche tätig.

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Die westeuropäische Automobilzulieferindustrie sieht sich mit einer Reihe struktureller Herausforderungen konfrontiert, wie etwa einem erhöhten Preisdruck in der gesamten Branche, einer zunehmenden Deindustrialisierung Westeuropas und hohen Lohnkosten. Verschärft und beschleunigt wird die Problematik unter anderem durch enorme Energiekosten, hohe Inflation, steigende Materialkosten und fragile globale Lieferketten.

Welche Bedeutung die Branche hat, zeigt das BMW-Motorenwerk im oberösterreichischen Steyr - das größte Motorenwerk der Welt. 2021 haben die rund 4.400 Mitarbeiter knapp 1,1 Millionen Motoren produziert. Mit rund 13.000 Beschäftigten in Österreich ist auch der kanadische Zulieferer Magna ein wichtiger Arbeitgeber. Ein technologisches Vorzeigeunternehmen ist wiederum die Grazer AVL List mit weltweit knapp 11.000 Beschäftigten.

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Ein Global Player im Bereich Motoren für Militärfahrzeuge ist Steyr Motors. Nach turbulenten Jahren gab das Unternehmen gestern einen massiven Stellenabbau bekannt. Derzeit sind dort rund 130 Mitarbeiter beschäftigt. Auch die Tiroler Firmen Achleitner und Empl sowie insbesondere Rheinmetall MAN Military Vehicles in Wien sind stark im militärischen Bereich verankert.

Wie die jährlichen Kollektivvertragsverhandlungen in der Metallindustrie zeigen, gilt die Zulieferindustrie als überdurchschnittlich gut bezahlte Branche. Hier liegt der Mindestlohn derzeit bei 2.236 Euro brutto. Zum Vergleich: 1.800 Euro brutto beträgt der Mindestlohn ab 1. Mai in der Gastronomie und Hotellerie.

© Hartwig Zoegl 2011

Was ist los bei ZKW?

Der Wieselburger Lichtsystem-Spezialist ZKW produziert Scheinwerfer und Elektronikmodule für Automobilhersteller wie Audi, BMW, Daimler, Geely, MAN, Opel, Porsche, Scania Truck, Skoda, Volvo und VW.

Zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit will das Unternehmen unter anderem weiter in die Automatisierung investieren. Im Rahmen des zusätzlichen Kostensenkungsprogramms werden nun bis Ende 2024 rund 600 Mitarbeiter am Produktionsstandort Wieselburg abgebaut. Die notwendigen Personalanpassungen sollen möglichst sozialverträglich umgesetzt werden, heißt es.

Ein interessantes Detail: Im April läuft die fünfjährige Standortgarantie ab, die der koreanische Konzern LG Electronics im Jahr 2018 den insgesamt 3500 heimischen Mitarbeitern bei der Übernahme von ZKW im Jahr 2018 abgegeben hat.

Die koreanische LG Corporation ist mit einem Umsatz von fast 70 Milliarden Euro einer der größten Elektronikkonzerne der Erde. Umso spektakulärer war die Nachricht, dass sich der Globale Player für Smartphones, Fernseher und Haushaltsgeräten Interesse am verhältnismässig kleinen niederösterreichischen Automobilzulieferer ZKW zeigt.

Fast ein Jahr dauerten die zähen Übernahmeverhandlungen, in denen sich LG gegen Mitbieter wie die heimische B&C Holding, Magna aber auch Panasonic durchsetzte. Mit ein Grund für das Ausscheiden lokaler Mitbieter war wohl auch der Kaufpreis, der bei rund 1,1 Milliarden Euro gelegen haben dürfte. Für die Vertragsunterzeichnung kam sogar LG-Electronics Vizepräsident Jin-Yong Ki nach Österreich.

Der neue CEO Wilhelm Steger, der im Vorjahr den Langzeit-Vorstandschef Oliver Schubert abgelöst hat, ordnet jetzt den Konzern neu – und verkleinert das Werk in Wieselburg deutlich.

Aber auch weitere Arbeitsplätze wackeln. Laut Medienberichten ist neben dem Standort Wieselburg auch das Werk in Dietach bei Steyr (Oberösterreich) von Sparmaßnahmen betroffen. Demnach soll die Produktion noch heuer eingestellt werden. In Dietach sind 30 Mitarbeiter beschäftigt.

"Der Mietvertrag in Dietach läuft mit Jahresende 2023 aus", so Andreas Nix, ZKW-Standortleiter in Wieselburg. Die dortige Ersatzteilfertigung soll in freie Flächen in Wieselburg integriert werden. Ob die 30 Mitarbeiter übernommen werden, werde sich im Laufe des Jahres zeigen, so der Manager.

ZKW Mitarbeiter
ZKW-Mitarbeiter: Der neue CEO Wilhelm Steger, der im Vorjahr den Langzeit-Vorstandschef Oliver Schubert abgelöst hat, ordnet jetzt den Konzern neu – und verkleinert das Werk in Wieselburg deutlich. - © Hartwig Zoegl 2013 www.zoegl.at

Freiwilliger Sozialplan

Der Stellenabbau von rund 600 Beschäftigten (von insgesamt ca. 2.600 Beschäftigten) am Standort Wieselburg betrifft zum Großteil Leiharbeiter - hier werden die Verträge nicht weiter verlängert. Bei der Stammbelegschaft wird der Stellenabbau nicht nur durch Dienstgeberkündigungen, sondern auch durch natürliche Abgänge (wie Pensionierungen), Dienstnehmerkündigungen ohne Nachbesetzung der betroffenen Stellen sowie alternative Arbeitszeitmodelle wie Altersteilzeit erfolgen.

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Für die betroffenen Arbeitnehmer der Stammbelegschaft wird ein freiwilliger Sozialplan angeboten. Der Betriebsrat wurde von der Geschäftsführung bereits entsprechend informiert, die Sozialplanverhandlungen werden umgehend aufgenommen. „ZKW als verantwortungsvoller und größter Arbeitgeber der Region hat die Situation in den letzten Monaten genau analysiert und ist zum Entschluss gekommen, dass dieser Stellenabbau zwingend erforderlich ist, um die Wettbewerbsfähigkeit des Produktionsstandortes in Wieselburg wiederherzustellen und den Fortbestand der Produktion zu sichern“, so Andreas Nix, Standortleiter der ZKW Lichtsysteme GmbH in Wieselburg.

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Expansion in der Slowakei, China und Mexiko

Im Rahmen seines nachhaltigen Wachstumskonzepts wird ZKW seine Kapazitäten in China und Mexiko erweitern, um den Bedarf an lokaler Produktion für Großkunden zu decken. Das Unternehmen wird auch seine Kapazitäten in der Slowakei erweitern, um regionale Kunden mit kostengünstigen Produkten zu beliefern. Zur Unterstützung dieser Bemühungen hat ZKW einen kontinuierlichen Einstellungsplan für die Slowakei, China und Mexiko erstellt, der bis Ende 2024 abgeschlossen sein soll.

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Die geplante Verkleinerung des Produktionswerks in Wieselburg ist ein strategischer Schritt von ZKW, um das Werk zu einem Zentrum für hochmoderne Produkte für Premiummarken auszubauen. Mit einer Strategie der Konzentration und Fokussierung will das Unternehmen seine Vision von profitablem und nachhaltigem Wachstum erreichen. „Wir haben ein zukunftsorientiertes Maßnahmenpaket geschnürt, das kurzfristig zur Verbesserung des Unternehmensergebnisses und langfristig zur Erhaltung der Innovationskraft von ZKW beitragen wird“, so Dr. Wilhelm Steger.

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„Wir bedauern die mit den Kosteneinsparungen verbundenen Konsequenzen für unsere Mitarbeiter und bedanken uns in aller Form für ihren persönlichen Einsatz in der vergangenen Zeit“. Dieses Kostensenkungsprogramm ist ein wichtiger Schritt für ZKW, der das Bekenntnis zu nachhaltigem Wachstum in einem schwierigen Marktumfeld unterstreicht.

Wilhelm Steger löste vergangenes Jahr Langzeit-Vorstandschef Oliver Schubert als CEO ab.

- © Z`KW

Über ZKW

Die ZKW Group ist der Spezialist für innovative Premium-Lichtsysteme und Elektronik. Als Systemlieferant ist ZKW ein weltweit präsenter Partner der Automobilindustrie. Zu den Top-Produkten des Unternehmens zählen leistungsfähige und kosteneffiziente LED-Komplettsysteme. Die ZKW Group verfügt weltweit über insgesamt zwölf Standorte, die in den Bereichen Entwicklung und Produktion vernetzt sind. Der Konzern beschäftigt im Jahr 2022 rund 10.000 MitarbeiterInnen und erwirtschaftet einen Gesamtumsatz von rund 1,36 Milliarden Euro.

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