Technologie : Siemens: Verdreifachung des Quartals-Gewinns

HQ Siemens Österreich

Siemens-Zentrale in Wien

- © Siemens

Siemens hebt seine Prognose für das laufende Geschäftsjahr nach einem starken Quartal erneut an. „Siemens hat seine Taktfrequenz deutlich erhöht“, sagte der Vorstandsvorsitzende Roland Busch am Mittwochmorgen. Der Auftragsbestand sei so hoch wie nie zuvor. Die Kernsparten Digital Industries und Smart Infrastructure hätten im abgelaufenen Quartal Rekordergebnisse erzielt.

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Damit kommt Siemens beim Umbau in Richtung Digitalkonzern voran. Busch hatte in einem Interview mit dem "Handelsblatt" angekündigt, den Anteil des Software- und Digitalgeschäfts am Gesamtumsatz langfristig auf 20 Prozent verdoppeln zu wollen.

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Roland Busch, Vorstandschef des Münchner Konzerns Siemens

- © YouTube/EIT Digital

Digitalgeschäft als Zugpferd

Im ersten Halbjahr des laufenden Geschäftsjahres ist das Digitalgeschäft von 3,0 auf 3,4 Milliarden Euro gewachsen - obwohl der Konzern derzeit auf ein Mietmodell „Software as a Service“ umstellt, was den Umsatz zunächst drückt.

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Für das laufende Geschäftsjahr rechnet Busch nun damit, dass der Umsatz konzernweit um bis zu elf Prozent wächst. Damit ist der Konzern auf dem Weg zurück zur alten Größe. Im Geschäftsjahr 2017/18 hatte der Dax-Konzern vor der angekündigten Abspaltung des margenschwachen Energiegeschäfts rund 83 Milliarden Euro umgesetzt.

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Mit Siemens Energy sind dann rund 30 Milliarden Euro aus dem Unternehmen abgeflossen. Befürchtet wurde eine Marginalisierung der verbleibenden Siemens AG mit ursprünglich gut 50 Milliarden Euro Umsatz. Nun könnte der Konzern im laufenden Geschäftsjahr auch ohne das Geschäftsfeld Energie wieder einen Umsatz von rund 80 Mrd. EUR erzielen.

Umsatz steig stärker als erwartet

Der Trend hat sich im abgelaufenen Quartal bestätigt. Der Umsatz stieg etwas stärker als von Analysten erwartet um 15 Prozent auf 19,4 Milliarden Euro. Das operative Ergebnis wurde um 47 Prozent auf gut 2,6 Milliarden Euro verbessert. Der hohe Zuwachs ist auch darauf zurückzuführen, dass im Vergleichszeitraum des Vorjahres die Sanktionen gegen Russland das Ergebnis der Zugsparte belastet hatten.

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Das Ergebnis nach Steuern stieg von 1,2 auf knapp 3,6 Milliarden Euro. Dazu trug vor allem die Kurserholung der Beteiligung Siemens Energy bei. Mit einem Plus von bis zu 2,8 Prozent auf rund 154 Euro startete die Siemens-Aktie am Mittwochmorgen in den Handel.

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Ziel von Busch ist eine weitere Schärfung des Portfolios und eine noch stärkere Ausrichtung auf die Digitalisierung. Die Plattform „Xcelerator“ steht im Mittelpunkt seiner Strategie. Über sie will Siemens künftig Hard- und Softwaremodule vertreiben. Gleichzeitig sollen externe Partner angebunden werden. Auf diese Weise soll sowohl ein Ökosystem als auch ein digitaler Marktplatz mit offenen Schnittstellen entstehen. Ein knappes Jahr nach dem Launch hätten 70 externe Partner 91 Anwendungen und 333 Produkte über den Xcelerator angeboten, so Busch. Diese Zahl soll noch deutlich gesteigert werden.

Gerade im Bereich der künstlichen Intelligenz müsse Siemens ganz vorne dabei sein, mahnt der ehemalige Siemens-Manager und Berater Smolak.„Siemens muss mit den jüngsten Innovationssprüngen wie beispielsweise ChatGPT mithalten.“ Allein von Wettbewerbern aus den USA und China dürfe dieser Markt nicht dominiert werden. „Hier gilt es, möglicherweise neue Partnerschaften zu bilden.“ Zuletzt hatte Siemens hier eine Kooperation mit Microsoft angekündigt.

Siemens treibt mit Siemens Xcelerator die digitale Transformation voran

- © Siemens

Siemens Healthineers macht Probleme

Ursprünglich hatte Siemens für das Geschäftsjahr ein Umsatzwachstum von sechs bis neun Prozent in Aussicht gestellt und diese Spanne im Februar um einen Prozentpunkt nach oben korrigiert. Nach der zweiten Prognose-Anhebung erwartet Busch nun für das Gesamtjahr ein Umsatzwachstum von neun bis elf Prozent.

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Für das Ergebnis je Aktie vor Sondereffekten liegt die Prognose nun bei 9,60 bis 9,90 Euro. Ursprünglich waren 8,70 bis 9,20 Euro und nach der ersten Anhebung 8,90 bis 9,40 Euro in Aussicht gestellt worden. Inklusive Sondereffekt sollen es 11,61 bis 11,91 Euro werden.

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Siemens hatte eine hohe Abschreibung auf die 30-Prozent-Beteiligung an Siemens Energy vorgenommen, nachdem der Kurs des Unternehmens eingebrochen war. Nun konnte Siemens wieder zuschreiben, nachdem der Kurs gestiegen war. Das brachte jetzt einen steuerfreien Gewinn von 2,6 Milliarden Euro. Über die nächsten Schritte beim Ausstieg aus der ehemaligen Energietechnik-Tochter will der Konzern noch in diesem Jahr entscheiden, sagte Finanzvorstand Ralf Thomas am Mittwoch.

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Der Geschäftsverlauf der letzten Monate war insgesamt sehr gut. Allerdings hatte die sonst so erfolgsverwöhnte Sparte Medizinaltechnik mit Problemen zu kämpfen. Der Ausstieg aus dem Geschäft mit Robotersystemen zur Behandlung von Herzproblemen verursachte hohe Abschreibungen, zudem belastete der drastische Nachfragerückgang bei Koronartests das Unternehmen. Unterm Strich sank der Gewinn von Siemens Healthineers um 81 Prozent auf 108 Millionen Euro.

Siemens hatte nach einem Kursabsturz von Siemens Energy eine hohe Abschreibung auf die 30-Prozent-Beteiligung vorgenommen.

- © Hauke-Christian Dittrich / dpa / picturedesk.com

"Wir bleiben wachsam"

Um 23 Prozent auf 5,5 Milliarden Euro steigerte die Vorzeigebranche Digital Industries ihren Umsatz. Der Auftragseingang ging um zehn Prozent zurück. Dies ist auf eine leichte Abkühlung in der Branche zurückzuführen. Das operative Ergebnis stieg um 57 Prozent auf 1,3 Milliarden Euro. Dies entspricht einer Marge von 23,5 Prozent.

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Eine anhaltende Wachstumsdynamik erwartet Siemens-Finanzvorstand Ralf Thomas für die kommenden Monate. Das geopolitische und wirtschaftliche Umfeld sei aber nach wie vor unsicher, sagte er. „Wir bleiben wachsam, um bei Bedarf schnell auf Änderungen reagieren zu können.“

Siemens-Finanzvorstand Ralf Thomas

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