Elektromobilität : High-Speed-Drives: Infineon macht E-Motoren effizienter

Infineon Austria forscht und entwickelt gemeinsam mit anderen Unternehmen an sogenannten High-Speed-Drives.

Infineon Austria forscht und entwickelt gemeinsam mit anderen Unternehmen an sogenannten High-Speed-Drives.

- © Infineon

In Elektroautos besitzen neben den Batterien auch die E-Motoren noch Entwicklungspotential - was Effizienz und Kraft angeht. E-Motoren mit sehr hoher Drehzahl - so genannte "High-Speed-Drives" - können für Volumen- und Gewichtsreduktion und zugleich effizientere umweltfreundliche Mobilität sorgen. Koordiniert von Infineon Austria mit Hauptsitz in Villach in Kärnten haben steirische Industriepartner einen neuen Ansteuerungsprototyp für solche schnelldrehende Elektromotoren entwickelt.

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Je schneller ein Motor dreht, desto kleiner und leichter kann er für die geforderte Leistung sein. Dieser technischen Herausforderung hat sich das Forschungsprojekt "Integra" mit Partnern wie die Montanuniversität Leoben, Materials Center Leoben, FH Joanneum, Pankl Racing Systems AG, TDK Electronics sowie Infineon Austria in den vergangenen vier Jahren gestellt. Das Ergebnis liegt nun als High-Speed-Drive Prototyp vor, der höchste Leistungsdichte und Effizienz vereint und die Basis zur Volumensreduktion im Elektroantrieb legt, teilte Infineon am Donnerstag mit. Laut dem Konsortium schaffe der Prototyp eine dauerhaft hohe Leistungsdichte und ermögliche eine Volumensreduktion um rund 50 Prozent.

120.000 Umdrehungen pro Minute

In den immer weiter verbreiteten Elektrofahrzeugen liegen die Drehzahlen der Motoren im Antriebsstrang bei etwa 30.000 Umdrehungen pro Minute, High-Speed-Drives können es auf das rund Vierfache - 120.000 Umdrehungen - bringen. Höhere Drehzahlen sind attraktiv, aber technologisch herausfordernd. So führen etwa die angestrebte hohe Leistungsdichte und die vielen Verbindungen zwischen unterschiedlichen neuen Materialien zu starken thermischen und mechanischen Belastungen innerhalb des Antriebsmoduls. Dem wurde durch den Einsatz neuartiger elektronischer Bauelemente, der Verwendung besonderer Aufbau- und Verbindungstechnologien und der Entwicklung innovativer Kühlstrategien begegnet.

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Zur Lösung trugen diamantartige Halbleiter aus Siliziumkarbid (SiC), Kondensatoren aus einer antiferroelektrischen Elektrokeramik, keramische Vielschichtleiterplatten mit höheren Wärmeleitfähigkeiten als Edelstahl, sowie formangepasste Spezialkühler aus dem 3D-Drucker bei. Die elektronischen und mechanischen Komponenten wurden mithilfe von Simulationstechniken aufeinander abgestimmt und optimiert. Zwei Patente wurden bereits eingereicht.

"Angesichts der wichtigen Beitrags von Elektromobilität zum Erreichen der Klimaneutralität spielen hocheffiziente Systemlösungen eine wesentliche Rolle. Mit dem neuen Halbleitermaterial Siliziumkarbid hat Infineon eine führende technische Position. Gemeinsam mit exzellenten Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft können wir die Effizienz im gesamten Antriebssystem weiter steigern und die nachhaltige Mobilität vorantreiben", hielt Sabine Herlitschka, Vorstandsvorsitzende von Infineon Technologies Austria fest. Konkret hat Infineon Leistungshalbleiter mit Siliziumkarbid für die Energieumwandlung im Wechselrichter beigesteuert.

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Sabine Herlitschka
Sabine Herlitschka: „Die Umstellung auf Elektromobilität findet mit hoher Dynamik statt." - © Infineon

Erster Prototyp soll's richten

Die integrierte Kühlung des Motors stellte laut den Projektverantwortlichen eine der größten Herausforderungen dar, da die erhöhte Drehzahl eine größere Wärme erzeugt, die wieder abgeführt werden muss: Das neue Kühlmanagement wurde mittels 3D-Druck hergestellt. Das Team entwickelte dazu optimierte Architekturen mit neuartigen Strömungskanälen und lamellenartigen Strukturen. Damit konnte man eine Steigerung der Kühlleistung um 30 Prozent erzielen.

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"Durch die Erkenntnisse aus dem Prototyp, der sehr hohe Drehzahlen ansteuern kann, können wir auch in vielen weiteren Anwendungen, beispielsweise Industrieantrieben, die Effizienz- und Leistungsdichte erhöhen", fasste Herbert Pairitsch, Director Technology & Innovation bei Infineon Technologies Austria und Gesamtprojektleiter zusammen. Die Leitung des 3-Mio.-Euro-Projekts lag bei Infineon, finanzielle Unterstützung kam aus dem Programm "Mobilität der Zukunft" des Klimaschutzministeriums und der Forschungsförderungsgesellschaft FFG.

Schwacher Euro und Auto-Branche beflügeln Infineon

Ein brummendes Automobil-Geschäft, ein schwacher Euro und ein starker Preismix sorgen bei Infineon für noch mehr Zuversicht. Der DAX-Konzern übertraf im dritten Quartal die Erwartungen der Experten und erhöht wie bereits in den beiden Quartalen zuvor seine Prognose. "In einer schwierigen Großwetterlage ist Infineon dank seines differenzierenden Portfolios weiterhin gut unterwegs", sagte Konzernchef Jochen Hanebeck. In einigen verbrauchernahen Märkten spüre Infineon zwar, dass sich die Nachfrage abkühle. "Die strukturellen Treiber Dekarbonisierung und Digitalisierung sorgen jedoch nach wie vor für hohen Halbleiterbedarf". Etwa in den Bereichen erneuerbare Energien sowie Ladestationen für E-Autos sei der Konzern bestens positioniert.

Vor diesem Hintergrund erhöhte der Konzern seine Jahresziele erneut. Für das Ende September endende Geschäftsjahr geht Infineon nun von einem Umsatz von etwa 14 Mrd. Euro aus. Zuvor hatte der Konzern aus Neubiberg 13 bis 14 Mrd. Euro angepeilt. Die Marge gemessen am Segmentergebnis, also dem operativen Gewinn des Konzerns, soll bei über 23 Prozent liegen, nach zuvor mehr als 22 Prozent. Die angepeilten Kennziffern liegen über den Erwartungen der Analysten.

Infineon geht in seiner neuen Prognose von einem Euro-Dollar-Kurs von 1,05 aus, nachdem das Management zuvor mit einem Kurs von 1,10 US-Dollar kalkuliert hatte; ein Niveau, das der Euro seit vier Monaten nicht mehr erreicht hat. Der Konzern erwirtschaftet rund zwei Drittel seiner Erlöse in Dollar, seit er den US-Konzern Cypress übernommen hat. Bei den in Dollar gestellten Rechnungen bleibt so mehr in Infineons Gewinn- und Verlust-Rechnung hängen. Dass der Konzern seine Prognose anheben konnte, gehe zu gut einem Viertel auf diesen Effekt zurück, hieß es in der Mitteilung.

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In den Monaten April bis Juni kletterte der Umsatz zum Vorquartal um 10 Prozent auf 3,62 Mrd. Euro. Der Treiber der Entwicklung war abermals das Automobil-Segment, dessen Umsatz um 14 Prozent anstieg und das mittlerweile fast die Hälfte des Konzernumsatzes ausmacht. Hier profitierte Infineon von hohen Preisen und neu geschaffenen Produktionskapazitäten. Überdurchschnittlich legte auch das Segment Power & Sensor Systems zu, das unter anderem das Energiemanagement und die Datenverarbeitung von Geräten optimiert.

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Das Segmentergebnis stieg im dritten Quartal um knapp 11 Prozent auf 842 Mio. Euro, was einer Marge von 23,3 entspricht. Sowohl der Umsatz als auch das operative Ergebnis lagen damit über den Erwartungen der Analysten. Unter dem Strich fuhr der Konzern 517 Mio. Euro als Gewinn ein, nach 469 Mio. Euro im Vorquartal. Im laufenden Schlussquartal rechnet Infineon mit einem Umsatz von 3,9 Mrd. Euro. Ein Viertel davon soll als Segmentergebnis-Marge hängen bleiben.

Die künftige Geschäftsentwicklung sei unterdessen schwer vorauszusagen. Grund seien geopolitische und gesamtwirtschaftliche Faktoren wie der Krieg in der Ukraine und die Sorgen vor Energieengpässen. Zudem scheine sich die Halbleiterindustrie dem Ende ihres Aufschwungs zu nähern, sagte Hanebeck in einer Telefonkonferenz mit Analysten. "Doch während sich die Nachfrage in einigen Märkten abkühlt, bleibt sie in anderen ungebrochen hoch". Infineon behalte Anzeichen für einen möglichen Abschwung im Blick, um im Fall der Fälle schnell zu reagieren.

Ein Indikator für die zukünftige Entwicklung ist der Auftragsbestand - und der lag auch im dritten Quartal in luftigen Höhen. Sein Wert steigerte sich im Vergleich zum zweiten Quartal um weitere 13 Prozent auf 42 Mrd. Euro - nahezu das Vierfache des vergangenen Jahresumsatzes. Mehr als die Hälfte des Auftragsbestands gehe auf das Konto des Automobil-Segments, erläuterte Finanzvorstand Sven Schneider. Allerdings trieben auch hier Währungs- und Preiseffekte den Wert in die Höhe. "Wenn der Auftragsbestand um die Hälfte schrumpfen würde, würde mich das noch nicht nervös machen", fügte Konzernchef Hanebeck hinzu.

Von einer starken neuen Prognose sprach Sandeep Deshpande, Analyst der US-Bank JPMorgan. "Alle Halbleiterkonzerne im Bereich Automobil und Industrie legen starke Zahlen und Prognosen hin, weshalb auch Infineons Zahlenwerk niemanden überraschen dürfte", ist sich der Analyst sicher. Allerdings stünden der Branche im zweiten Halbjahr deutlich mehr Kapazitäten zur Verfügung. Die Frage sei nun, wann ein gesättigter Markt sich bei Aufträgen und Preisen bemerkbar mache.

Über Infineon Austria

Die Infineon Technologies Austria AG ist ein Konzernunternehmen der Infineon Technologies AG, eines weltweit führenden Anbieters von Halbleiterlösungen, die das Leben einfacher, sicherer und umweltfreundlicher machen. Mikroelektronik von Infineon senkt den Energieverbrauch von Unterhaltungselektronik, Haushaltsgeräten und Industrieanlagen. Sie trägt wesentlich zu Komfort, Sicherheit und Nachhaltigkeit von Fahrzeugen bei und ermöglicht sichere Transaktionen im Internet der Dinge.

Infineon Austria bündelt die Kompetenzen für Forschung & Entwicklung, Fertigung sowie globale Geschäftsverantwortung. Der Haupt­sitz befindet sich in Villach, weitere Niederlassungen in Graz, Klagenfurt, Linz und Wien. Mit 4.820 Beschäftigten (davon 2.100 in Forschung & Entwicklung) aus 73 Nationen erzielte das Unternehmen im Geschäftsjahr 2021 (Stichtag: 30. September) einen Umsatz von 3,9 Milliarden Euro. Mit einem Forschungsaufwand von 516 Millionen Euro ist Infineon Austria eines der forschungsstärksten Unternehmen Österreichs.