Elektromobilität : Warum schaffen es chinesische E-Autos (bisher) kaum nach Europa?
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Bisher ist ausgeblieben, wovor sich die deutschen Autobauer wohl besonders fürchten: Die erwartete Flut chinesischer Automarken, insbesondere von E-Fahrzeugen. Bis heute sieht man die Marken BYD, Xpeng, Aiways, SAIC und andere in Europa kaum bekannte Hersteller aus China nur selten auf unseren Straßen. Lediglich der chinesische Milliardär Li Shufu hat mit Polestar geschafft, woran die anderen Marken noch scheitern und eine rein elektrische Premium-Marke als ernstzunehmenden Konkurrenten für VW, BMW oder Mercedes-Benz etabliert - dank der einst schwedischen Marken-Mutter Volvo.
Seine Mitbewerber gehen dabei eher in kleinen Schritten vor: Einige von ihnen nutzen Norwegen, Vorreiter in Sachen Elektromobilität, als Test-Markt und feiern dort erste Verkaufserfolge. Von dort wollen sie mit neuen Konzepten und innovativer Technologie und cleveren Kooperationen Europa erobern. "Mit dem Wandel der Branche hin zur E-Mobilität sehen die chinesischen Autobauer ihre Chance, nach Europa zu expandieren", sagt Autoprofessor Ferdinand Dudenhöffer.
Warum die Autobauer bald weniger Gewinn machen werden.
Am chilenischen Heimatmarkt haben die Neulinge BMW, Mercedes und Volkswagen mit ihren Elektromodellen bereits in Bedrängnis gebracht. "Die Vormacht der Deutschen in China bröckelt", sagt Dudenhöffer.
Wir wollen eine User-Gemeinde bildenHui Zhang, Europa-Manager der Automarke Nio
Kundenbindung durch Life-Style-Angebote
So ist beispielsweise der Autohersteller Nio in Norwegen aktiv und plant noch heuer den Markteintritt in Deutschland, den Niederlanden, Schweden und Dänemark. Den Anfang soll die Premium-Limousine ET7 machen, ein mit Elektronik und Software für automatisiertes Fahren bestücktes Elektroauto mit modernem Design, angelehnt an Tesla. Dabei ist das Fahrzeug selbst nur ein Teil des Konzeptes des 2014 in Shanghai gegründeten Unternehmens: Ziel ist es, den Kunden per Fahrzeug-Software langfristig zu binden.
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Weltweit hat Nio bisher zwar erst 200.000 Fahrzeuge verkauft, mit seiner Neo-App kommuniziert das Unternehmen aber alleine in China schon mit mehr als zwei Millionen Menschen. Darunter sind nach Firmenangaben 240.000 Nutzer, die bei Aktivitäten vom Kuchenbacken bis hin zu Modeschauen mitmachen. Die Marke Nio Life verwendet überschüssige Materialien aus der Autoproduktion wie Airbags, Sicherheitsgurte und Leder für eine eigene Modelinie. Mehr als fünf Millionen Lifestyle-Artikel seien bisher über die Marke verkauft worden - bis hin zu Wein und Campingbedarf. "Wir wollen eine User Community bilden, basierend auf dem Smart EV", sagt Europa-Manager Hui Zhang.
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Chinesischer "Tesla-Killer"
Die Marke Geely mache vor, wie man in Europa mit innovativen Vertriebsmodellen Fuß fassen könne, erläutert Peter Fintl vom Beratungsunternehmen Capgemini. Die Fahrzeuge der Tochter Lynk basieren auf der Technik der Konzernmutter Volvo und kommen auch bei der europäischen Kundschaft an. Das Unternehmen setzt auf ein Abomodell, bei dem Kunden eine monatliche Miete für ihr Auto zahlen und jederzeit kündigen können.
Auch andere Marken aus dem Reich der Mitte wollen ihr Angebot in Europa ausweiten und setzen auf Elektromobilität. BYD (Build Your Dreams), der mit Mercedes-Benz in China das Gemeinschaftsunternehmen Denza New Energy Automotive betreibt, hat ein Auge auf Deutschland geworfen: "Deutschland ist einer der wichtigsten und anspruchsvollsten Märkte in Europa mit einer langen Geschichte in der Automobilindustrie", erklärt die Firma auf Anfrage. Ein Markteintritt müsse gut vorbereitet sein.
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Die Elektro-Limousine Han, eines der zahlreichen Modelle von BYD, habe es nach Europa geschafft, werde allerdings erst in "homöopathischen Dosen" verkauft, sagt Fintl. Das Modell habe Innovationen zu bieten, etwa den BYD-eigenen Lithium-Eisenphosphat-Akku, der als besonders sicher und günstig gilt. Beim kürzlich vorgestellten Modell BYD Seal sei die Batterie als tragendes Bauteil in die Karosserie integriert. "Damit zieht BYD in dieser Hinsicht sogar an Tesla vorbei", meint Technologieexperte Fintl. In der Branche sei bereits vom Seal als "Tesla-Killer" die Rede.
Abseits der Großen wie Nio und Xpeng werde für China der Elektro-SUV von Arcfox womöglich ein Erfolgsmodell, glaubt der Experte. Arcfox ist ein Gemeinschaftsunternehmen der staatlichen Beijing Automotive Group (BAIC) mit dem österreichisch-kanadischen Autozulieferer Magna. Die beiden Partner hätten den Export zwar erst angedacht. Mit Batteriegrößen von 67 bis 93 Kilowattstunden wäre der Mittelklasse-SUV aber für Ausfuhren nach Europa geeignet, meint Fintl. Er geht davon aus, dass der Wagen weltmarkttauglich ist, da Magna für die technische Entwicklung verantwortlich sei.
Aiways ist schon weiter. Das nach eigenen Angaben erste Start-up für Elektrofahrzeuge aus China, das mit dem Vertrieb in Europa begann, hat seine Präsenz kontinuierlich ausgebaut und verkauft den vollelektrischen U5 SUV in 14 europäischen Ländern. Weitere Märkte sollen im Verlauf des Jahres 2022 folgen.
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Fintl glaubt, dass die Kooperationen zwischen westlichen Herstellern und chinesischen Konzernen in den nächsten Jahren zunehmen werden. Er verweist auf die Zusammenarbeit zwischen Geely und Mercedes beim elektrischen Smart. "Die Mischung aus chinesischer Technik, effizienter Kooperation und westlichem Styling kann überzeugen", sagt der Berater.
Vor wenigen Jahren wäre eine Allianz wie die zwischen BMW und Great Wall Motors, bei der der chinesische Partner wesentliche Technikanteile beisteuert, kaum vorstellbar gewesen. Die Partner wollen demnächst ein Werk für E-Autos in China eröffnen, in dem der vollelektrische BMW Mini vom Band läuft. "Über diese Kooperationen finden bereits die ersten 'Made in China'-Fahrzeuge - und damit chinesische Technologien - ihren Weg nach Europa" - quasi durch die Hintertür.
Im ersten Halbjahr diesen Jahres wurden in der EU 75.000 Fahrzeuge "Made in China" neu zugelassen. Experten gehen von rund 150.000 Zulassungen für das Gesamtjahr aus (2021: 80.000 PKW).