Kristalle : Streit bei Swarovski: So reagiert der Familien-Klan

Christoph Swarovski

Christoph Swarovski: "Eine konstruktive Zusammenarbeit ist aktuell weiterhin nicht möglich."

- © IV

Der Tiroler Kristallhersteller Swarovski kommt auch nach dem Führungswechsel nicht zur Ruhe. Christoph Swarovski will sich aus allen Funktionen zurückziehen und in Zukunft nur noch als Gesellschafter zur Verfügung stehen. "Eine konstruktive Zusammenarbeit ist aktuell weiterhin nicht möglich", sagte er der "Tiroler Tageszeitung" am Dienstag. Im Vorjahr hatte mit Alexis Nasard erstmals ein Familienfremder die Führung des Konzerns übernommen.

>>> Swarovski: Wielemans soll Marke in Richtung Luxus bringen.

Christoph Swarovski werde seine Funktionen als Beirat der D. Swarovski KG, Tyrolit und Swarovski Optik ehestmöglich zurücklegen, hieß es. Er werde auch seine Funktionen als Geschäftsführer der Swarovski Auslands Holding GmbH (SAH) sowie als Aufsichtsrat der Tyrolit Leitungs AG und der Swarovski Optik Leitungs AG zurücklegen. Als Gesellschafter wolle er aber weiterhin die "Modernisierung" der Swarovski Gruppe vorantreiben.

>>> Was macht Ex-Voestalpine-Chef Eder beim Karton-Spezialisten Mayr-Melnhof?

Swarovski übte erneut Kritik an der Organisationsform des Kristallkonzerns: "Eine Lösung wäre, dass Swarovski als Tiroler Unternehmen eine Aktiengesellschaft nach österreichischem Recht wird, sich professionell für die Zukunft aufstellt und gleichzeitig ein deutliches Bekenntnis zum Standort Wattens abgibt", hieß es. Er plädierte für ein "externes Spitzenmanagement mit klaren Entscheidungsstrukturen". "Daher sollte das Management und der Aufsichtsrat bei Swarovski künftig nicht nach reiner Familienzugehörigkeit, sondern nach objektiven Qualifikationskriterien besetzt werden", so Swarovski, der auch ein "klares Bekenntnis" zum Standort Tirol einforderte.

Nie mehr eine wichtige News aus der Industrie verpassen? Abonnieren Sie unser Daily Briefing: Was in der Industrie wichtig wird. Täglich um 7 Uhr in ihrer Inbox. Hier geht’s zur Anmeldung!

So reagiert der Beirat

Der Beirat des Kristallkonzerns hat Christoph Swarovski Verunsicherung der Belegschaft vorgeworfen. Der Beirat "und mit ihm die überwiegende Mehrheit der Eigentümerfamilie bedauert" die Erklärung von Christoph Swarovski, berichtete die "Tiroler Tageszeitung" am Donnerstag.

>>> Industrie im Wandel: Das war das Deep Dive-Meetup in Wien.

"Wattens ist zentrale Säule des Unternehmens, Geburtsstätte des Konzerns, Kernproduktions- und Innovationsstandort und wird das auch in Zukunft bleiben. Hier durch öffentliche Aussagen für erneute Verunsicherung zu sorgen ist auch gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vor Ort unangebracht", hieß vom Beirat laut "TT". Der Schritt von Christoph Swarovski habe "keinerlei Auswirkung" auf die Konzernführung, wurde versichert.

Auch die von Buchbauer eingeleitete Strukturreform sah das Gremium auf gutem Weg: "Das Verfahren über die nicht-öffentliche Aufhebungsklage und sowie das von Dr. Christoph Swarovski erwähnte Firmenbuchverfahren sind weiterhin anhängig. Die DSW-Leitungsgesellschaft (D. Swarovski KG, Anm.) ist seit 4.10.2021 wirksam bestellt", hieß es. "Andauernde Zurufe von außen" seien nicht notwendig.

>>> 30 Jahre INDUSTRIEMAGAZIN: Die bunten Geschäfte des Alon Shklarek.

Ex-CEO Buchbauer hatte einen Konzernumbau - inklusive Massenentlassungen in Wattens - eingeleitet, mit dem Teile des Familienclans nicht einverstanden waren. Zu den Kritikern gehörte auch der Präsident der Tiroler Industriellenvereinigung, Christoph Swarovski. Ein Schiedsgericht entschied schließlich, dass die Strukturreform rechtswidrig war und rückabgewickelt werden muss. Nach Angaben des Beirats sind jedoch noch Verfahren im Zusammenhang mit der Strukturreform anhängig.

Christoph Swarovski hatte zahlreiche Funktionen im Konzern inne. Nun wolle er seine Funktionen als Beiratsmitglied der D. Swarovski KG, Tyrolit und Swarovski Optik ehestmöglich zurücklegen, teilte er mit. Auch als Geschäftsführer der Swarovski Auslands Holding GmbH (SAH) sowie als Aufsichtsrat der Tyrolit Leitungs AG und der Swarovski Optik Leitungs AG werde er zurücktreten.

Haben Swarovski bereits verlassen: Ex-CEO-Robert Buchbauer, Nadja Swarovski, Mathias Margreiter, Markus Langes-Swarovski

- © Swarovski

Wer gehört zum Swarovski-Beirat?

Luisa Delgado wurde in der Schweiz geboren. Sie ist Rätoromanin und durch Heirat auch Portugiesin. Sie ist Lead Operating Director des deutschen Spielzeugherstellers Schleich, der zur Partners Group gehört. Sie ist eine erfahrene Aufsichtsrätin mit langjährigem Interesse an Strategie und operativer Transformation. Sie ist u.a. Mitglied in den Verwaltungsräten von INGKA/IKEA, Dia Group, Telia, Fortum und Barclays (private) Bank Suisse. Luisa Delgado verfügt über einen internationalen CEO- und Management-Hintergrund in den Bereichen FMCG (Fast Moving Consumer Goods), Luxusgüter und Einzelhandel in den Bereichen General Management, Human Resources und Handel. Bei Procter & Gamble war sie lokale CEO für die nordische Region und davor Vizepräsidentin für Human Resources in Europa, dann Mitglied des globalen Vorstands und CHRO (Chief Human Resources Officer) bei SAP und später CEO des weltweit führenden Brillenherstellers Safilo Group. Luisa Delgado hat einen LLM-Abschluss des Kings College London und einen Bachelor-Abschluss in Rechtswissenschaften der Universität Genf. Sie hat eine Tochter im Alter von 19 Jahren und lebt in Celerina in der Schweiz sowie in Lissabon und London.

Die Italienerin Annalisa Loustau Elia begann ihre Karriere 1989 bei Procter & Gamble, zunächst in Rom und Paris, dann bis 2001 im internationalen Hauptsitz in Genf. Sie war verantwortlich für das weltweite Marketing von Pampers, der größten Marke von Procter & Gamble, die unter ihrer Leitung wieder auf den Wachstumspfad zurückkehrte. Danach wechselte sie in die Konzernzentrale von L'Oréal als internationale Generaldirektorin für mehrere Kosmetikmarken. 2004 wechselte Annalisa Loustau Elia in die Geschäftsleitung von Cartier, wo sie unter anderem Produktentwicklung und Marketing verantwortete. In dieser Zeit baute sie auch die Marke in Asien auf. Von 2008 bis Januar 2021 war sie Mitglied des Executive Committee der Printemps Group in der Funktion des Chief Marketing Officer Omnichannel und für die Positionierung der Luxuskaufhauskette als weltweite Referenz verantwortlich. Annalisa Loustau Elia ist unabhängiges Mitglied des Verwaltungsrats von Legrand Board, Campari, Ferragamo, Kaufman & Broad und Roche Bobois.

Markus Fiechter ist Schweizer Staatsbürger und wuchs in einem internationalen Umfeld auf. Seine berufliche Laufbahn ist geprägt von einem Mix aus operativer und strategischer Arbeit, ergänzt durch Themen aus den Bereichen Finanzen und Unternehmenskultur. Nach einem Master in Chemieingenieurwesen an der ETH und einem MBA in St. Gallen begann er seine Karriere als Assistenzprofessor an der Fachhochschule in Horw, bevor er 1984 zur Mettler-Toledo AG wechselte. Sein nächster Karriereschritt führte ihn zur Boston Consulting Group und anschliessend zur Minibar AG Gruppe, deren CEO er von 1994 bis 2004 war. Im Jahr 2004 wechselte er zur Jacobs Holding AG, wo er bis 2012 als CEO tätig war. Er bekleidete und bekleidet eine Reihe von Verwaltungsratsmandaten in grossen, etablierten Unternehmen, aber auch in kleineren Start-up Firmen, u.a: Fresh & Frozen Food AG, Valora Holding AG, Barry Callebaut, Porterhouse Group AG, Partners Group Direct Investments, Storskogen und Minibar AG. Markus Fiechter ist verheiratet und Vater von zwei Kindern.

Manuel Martinez ist spanischer und französischer Staatsbürger und verfügt über mehr als 25 Jahre Erfahrung im Personalwesen in der Luxus- und Einzelhandelsindustrie. Nach seinem Studium der Betriebswirtschaftslehre und einer Karriere als Berater bekleidete er Führungspositionen bei United Biscuits, Hermès, BIC, Louis Vuitton und JAB, wo er seit sieben Jahren Partner ist. JAB ist ein deutscher Mischkonzern mit Sitz in Luxemburg, der unter anderem in Unternehmen aus den Bereichen Konsumgüter, Forstwirtschaft, Kaffee, Luxusmode, Tiergesundheit und Fastfood investiert. Er ist Experte für Management-Pakete und die Rekrutierung von Top-Führungskräften und hat eine Reihe von Aufsichtsratsmandaten inne. Derzeit ist er Aufsichtsratsvorsitzender von BALLY. Darüber hinaus ist er Mitglied des Verwaltungsrats und Vorsitzender des Vergütungsausschusses von PRET A MANGER & ESPRESSO HOUSE. Manuel Martinez ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt in London.

Robert Singer ist ein amerikanischer Staatsbürger, der lange Zeit in Italien gelebt hat und über umfangreiche Erfahrungen in allen Bereichen des Geschäfts mit Luxusmarken verfügt. Er begann seine Karriere bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Coopers & Lybrand. Im Jahr 1995 wurde er Finanzdirektor der Gucci Group NV. Während seiner Zeit bei Gucci wurde das Unternehmen durch die Übernahme von Marken wie Yves St. Laurent, Bottega Veneta, Balenciaga, Alexander McQueen und Stella McCartney zu einem der führenden Luxusunternehmen. Nach seinem Ausscheiden bei Gucci war er von 2004 bis 2005 COO von Abercrombie & Fitch und von 2006 bis 2009 CEO der familieneigenen Barilla Holding. Seither hat er sich der Verwaltungsratstätigkeit sowohl in börsennotierten Unternehmen als auch in Familienunternehmen gewidmet: Fairmont Hotels, Benetton, Mead Johnson Nutrition, Coty Inc, Versace, Bally SA, Jimmy Choo, Tiffany & Co, Panera Bread, Keurig Dr. Pepper, Acne Studios.

Luisa Delgado Swarovski
Luisa Delgado, seit 2021 im Swarovski-Verwaltungsrat - © LinkedIn

Aus der Schweiz geführt

CEO Alexis Nasard sprach kürzlich von Swarovski als einem "österreichisches Unternehmen, das teilweise aus der Schweiz heraus geführt wird". In der Tat befindet sich ein Sitz des Konzerns in Männedorf am Ufer des Zürichsees.

>>> Rekordumsatz für Miele.

Der Kristallkonzern hatte in den letzten Jahren mit starken Turbulenzen zu kämpfen. Dies betraf zum einen die Führung des Konzerns, zum anderen aber auch die wirtschaftliche Situation, nicht zuletzt wegen der Corona-Krise. Ex-CEO Robert Buchbauer leitete einen Konzernumbau - inklusive Massenentlassungen in Wattens - ein, mit dem ein Teil des Familienclans nicht einverstanden war. Zu den Kritikern gehörte auch der Präsident der Tiroler Industriellenvereinigung, Christoph Swarovski. Ein Schiedsgericht entschied schließlich, dass die Strukturreform rechtswidrig war und rückgängig gemacht werden musste.

Alexis Nasard wird der erste familienunabhängige CEO von Swarovski
Alexis Nasard: Erstmals führt kein Familienmitglied Swaroksvi - © SWAROVSKI

Rückzug aus Russland

Nach Ausbruch des Krieges in der Ukraine hatte das Unternehmen in Russland seine zwölf Läden und den Onlineshop geschlossen. Es war aber zunächst im Land geblieben. Nun sei man "zum Schluss gekommen, dass wir auch unsere ruhenden Aktivitäten nicht aufrecht erhalten können", sagte CEO Alexis Nasard in einem Interview mit dem Wirtschaftsmagazin "trend".

>>> Ein Jahr Krieg gegen die Ukraine: So geht es Russland wirtschaftlich.

Einen Zeitraum für den Rückzug nannte Nasard nicht. Nur so viel: Man werde ihn "orchestriert und im Einklang mit allen anwendbaren Gesetzen durchführen, Wirtschaftssanktionen und andere Handelsrestriktionen inklusive", kündigte der Swarovski-Chef in der am Freitag erscheinenden Ausgabe des Magazins an. Auch bisher habe der Konzern sichergestellt, dass "wir im Einklang mit allen relevanten Sanktionen und Handelsrestriktionen agieren".

>>> Russland möchte wegen Haushaltsdefizit Industrie zur Kasse bitten.

Das weltweite Vertriebsnetz werde aber nicht so stark ausgedünnt wie ursprünglich geplant. Ursprünglich sollten dem Bericht zufolge von 3.000 Monobrand-Stores nur 2.250 übrig bleiben, derzeit sind es 2.400. "Bei rund 2.400 wird es in den nächsten Jahren bleiben. Unser Fokus wird nicht mehr auf Reduktion, sondern auf Erneuerung der Stores liegen. Dass wir nicht weiter reduzieren, hat auch damit zu tun, dass spontane Einkäufe im Shop bei Swarovski-Kunden eine große Rolle spielen", erklärte der CEO.

>>> Russischer Ökonom: Warum die Sanktionen Russland schaden.

Unternehmenspolitisch betonte Nasard noch einmal den "strategischen Schwenk zu mehr Luxus". Im Geschäftsjahr 2022 verzeichnete die Gruppe ein Wachstum von zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr und erreichte einen Umsatz von 1,83 Milliarden Euro.

Aus für die Swarovski-Shops in Russland

- © Joe McUbed - stock.adobe.com