Mit welchen Maßnahmen können Maschinenbauer die Emissionsreduktion entlang der gesamten Wertschöpfungskette angehen?
Schneider: In unserer Studie unterscheiden wir zwischen unterschiedlichen Maßnahmenkategorien zur Emissionsreduktion, welche sowohl funktional als auch funktionsübergreifend gelagert sind. Zum einen können etwa die Optimierung von Abfallrecycling oder die Umstellung auf regenerative Energiequellen relativ unkompliziert umgesetzt werden.
Auf der anderen Seite gibt es aber auch eine Reihe von tiefgreifenderen Maßnahmen, die die Produkte beziehungsweise Prozesse betreffen und somit einen stärkeren Effekt auf die Scope 3-Emissionen haben können. Dazu zählt der verbesserte Energieverbrauch von Anlagen beim Kunden, welche sich beispielsweise automatisch in den Stand-by-Modus begeben, oder das Optimieren von internen und externen Transportrouten.
Den größten Effekt zur Emissionsreduktion sehen wir aber, wenn Wertschöpfung auf Basis von Nachhaltigkeit neu gedacht wird. Dies bedeutet beispielsweise das Redesign von Produkten mit dem Ziel der stärkeren Modularisierung. Dadurch eröffnen sich ganz neue Möglichkeiten im Bereich der Kreislaufwirtschaft und somit auch im Emissionsreduktionspotential.
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Darüber hinaus erfordert die Einführung von ESG in die gesamte Wertschöpfungskette allerdings eine nochmals deutlich stärkere funktionsübergreifende Zusammenarbeit zwischen Vertrieb, Entwicklung, Fertigung, Supply Chain und Service. Dabei bedarf es einer klaren Zielvorgabe durch das Management.
Hersteller für Industriefahrzeuge können zum Beispiel mithilfe einer “Circular Economy”-Strategie gebrauchte Produkte in den Produktionskreislauf zurückführen, damit ganze oder nur einzelne Module oder Komponenten aufbereitet und dann wieder im Markt angeboten werden können. Damit lässt sich nicht nur der CO2-Fußabdruck “downstream” wie “upstream” verringern, sondern auch erhebliche Materialkosteneinsparungen erzielen.
Wie stark sind die Themen CO2-Reduktion und ESG bereits im Maschinenbau in Österreich angekommen – auch im internationalen Vergleich?
Schneider: Im internationalen Vergleich sehen wir keine großen Unterschiede bei der CO2-Reduktion und ESG-Anstrengungen zwischen Maschinenbauunternehmen aus Österreich und Unternehmen aus Deutschland oder der Schweiz. Alle untersuchten Unternehmen müssen sich dem zunehmenden Druck der Kunden stellen, die das Thema ESG verstärkt in ihre Lieferantenketten aufnehmen.
Zugleich bestimmt natürlich auch der Green Deal massiv die strategische Diskussion, auch bei heimischen Maschinenbauern. Der regulatorische Druck ist aber nicht nur Herausforderung, sondern auf lange Sicht auch Chance, wie Europa seine internationale Wettbewerbsfähigkeit halten oder sogar ausbauen kann. Denn durch den Green Deal entstehen teilweise komplett neue Branchen und Marktchancen - etwa im Energiemanagement oder in der Abfallaufbereitung.
Gerade bei letzterem sind Österreich und Deutschland schon seit längerem führend - und nehmen hier auch international Spitzenpositionen ein. Für die Unternehmen besteht also die Chance auf einen signifikanten Wettbewerbsvorteil, wenn die ESG-Transformation in der Wertschöpfungskette erfolgreich und schnell umgesetzt wird.