Automotive : Volkswagen verordnet sich verschärfte CO2-Ziele

VW Volkswagen CEO

VW Chef Diess: Verschärfte Klimavorgaben

- © Philipp von Ditfurth

Der Volkswagen-Konzern will den CO2-Ausstoß bei der Autoproduktion in seinen Werken bis zum Jahr 2030 stärker senken als bisher geplant. Wie das Unternehmen am Donnerstag ankündigte, sollen die entsprechenden Emissionen bezogen auf das Niveau von 2018 um die Hälfte abnehmen. Zunächst hatten sich die Wolfsburger vorgenommen, innerhalb des laufenden Jahrzehnts eine um 30 Prozent geringere Menge des Treibhausgases in der eigenen Fertigung freizusetzen.

Ein ähnliches Ziel besteht für den CO2-Fußabdruck pro Fahrzeug über den gesamten Lebensabschnitt. Hier hatte Vorstandschef Herbert Diess zur Vorstellung der neuen Unternehmensstrategie Mitte vorigen Jahres den Plan ausgegeben, den Durchschnittswert gegenüber 2018 ebenfalls um 30 Prozent zu drücken. Von außen bezogener Strom für die Fabriken in EU-Ländern soll bis 2023 ganz aus erneuerbaren Quellen stammen.

VW hat seine Klima- und Umweltstandards bereits mehrfach angepasst, auch in der Produktion will man mit der neuen Trinity-Fabrik mit Konkurrenten wie Tesla mithalten. Manchen Kritikern gehen die Anstrengungen allerdings noch nicht weit genug. Das Management entgegnet etwa, die geforderte Festlegung auf ein pauschales Auslaufdatum für Verbrennerfahrzeuge vertrage sich nicht gut mit der konkreten Nachfrage in Märkten mit wenigen E-Autos. Entwicklung sowie Verkauf gänzlich neuer Plattformen und Modelle für reine Benziner oder Diesel wollen mehrere Konzernmarken aber beenden.

Bis 2030 soll die Hälfte des Gesamtangebots auf Batterieautos umgestellt sein. Bis 2040 schließlich will der nach Toyota zweitgrößte Autokonzern der Welt dann einen Anteil von fast 100 Prozent aller neuen Fahrzeuge in den wichtigen Märkten schaffen, die bilanziell klimaneutral unterwegs sind. Eine komplett ausgeglichene CO2-Bilanz wird spätestens für 2050 angestrebt. In den letzten Jahren war die Unternehmensgruppe für schätzungsweise mindestens 1 Prozent aller globalen Emissionen des Treibhausgases verantwortlich.

Nachfrage nach E-Autos schwer zu bedienen

Bei den Bemühungen, seine Flotte grüner zu machen stößt der Konzern nicht zuletzt wegen Lieferkettenproblemen aber zunehmend auf Probleme. So hat VW laut einem Bericht der "Automobilwoche" in Deutschland die Lieferungen von E-Autos an seine Vertriebspartner massiv gedrosselt. Händler erhalten von Volkswagen strikte Quoten für die beiden E-Modelle ID.3 und ID.4, berichtet das Magazin unter Berufung auf ein internes Schreiben. Bei einem Jahresziel des Vertriebspartners von bis zu 999 Fahrzeugen können demnach 15 ID.3 und 25 ID.4 bestellt werden. In Österreich gibt es laut dem Generalimporteur keine Abnahmezwänge für Verbrenner.

"Sowas gibt es in Österreich nicht", erklärte Hermann Prax, Sprecher der Porsche Holding Salzburg. Hierzulande würden Importeur und Händler zu Jahresanfang gemeinsam die Ziele vereinbaren. Der Händler sage, welche Autos er möchte und der Händler verpflichte sich, diese zu liefern. Welche Modelle abgerufen werden und wie hoch der Anteil der batteriebetriebenen Fahrzeuge ist, sei regional sehr unterschiedlich. Derzeit sei jedes siebente neu gekaufte Auto ein rein elektrisches, so Prax.

Aufgrund des weltweiten Chipmangels könne es aber passieren, dass nicht alle Autos verfügbar seien oder sich Lieferzeiten verlängern. Auch wenn der Händler bei einem Modell über das bestellte Kontingent hinaus weitere Fahrzeuge anfordert, verlängerten sich die Lieferziele. Dafür gebe während des Jahres Anpassungsgespräche mit den Händlern, erklärte der Pressesprecher.

Aufgrund der Verwerfungen in den Lieferketten durch die Corona-Pandemie sind seit einiger Zeit nicht alle Versionen der VW-Elektroautos ID.3 und ID.4 verfügbar, insbesondere die Grundmodelle. Auch deshalb sind derzeit viele Neuwagen mit langen Wartezeiten verbunden. Dazu kommt die steigende Nachfrage nach Batterie-Modellen, getrieben durch Förderungen und insbesondere durch Steuervorteile bei Firmenwagen. Bei Autos, die beim Fahren kein klimaschädliches CO2 ausstoßen, fällt in Österreich bei privater Nutzung nämlich kein Sachbezug an.

In Deutschland warten Kunden laut Händlern aktuell rund zwölf Monate auf einen ID.3. Volkswagen selbst sprach gegenüber der "Automobilwoche" von einer Lieferfrist von "mehr als neun Monaten". Auch bei anderen Marken des VW-Konzern brauchen Käuferinnen und Käufer Geduld. Der SUV Audi Q4 e-tron wird demnach erst wieder Mitte 2023 ausgeliefert und die teilelektrische Version des Škoda Octavia kommt dem Handel zufolge erst wieder im August 2023. Škoda selbst spricht, wie es in dem Bericht heißt, offiziell von einer Lieferfrist "deutlich über einem Jahr".

CO2-Flottenziele 2021 eingehalten

Im Vorjahr konnte Volkswagen die angepassten CO2-Flottenziele der EU nach eigenen Angaben sowohl im Gesamtkonzern als auch in der Kernmarke eingehalten. Der im vergangenen Jahr erreichte durchschnittliche Kohlendioxid-Ausstoß aller ausgelieferten neuen Personenwagen in den EU-Staaten betrug 118,5 Gramm je gefahrenen. Das ist etwas unterhalb der für den Konzern geltenden Schwelle von 120,8 Gramm pro Kilometer.

Ein direkter Vergleich mit den Vorjahreswerten ist allerdings kaum möglich, weil 2020 noch andere Testgrundlagen zur Ermittlung der Emissionen galten. Gemäß dem alten System (NEFZ) war für die VW-Gruppe damals ein knapp zu hoher Wert herausgekommen: gut ein Gramm über dem Ziel von 98,8 Gramm, für den mit kleineren Herstellern gebildeten maßgeblichen CO2-Pool war es ein halbes Gramm zu viel. Offiziell nannte VW 99,9 Gramm für die EU, Norwegen und Island.

Die neuen Zahlen fußen hingegen auf dem sogenannten WLTP-Standard, der anstelle von Messungen auf dem Prüfstand den tatsächlichen Fahrbetrieb des Autos in den Mittelpunkt rückt. Der ermittelte Abgasausstoß kann dann höher ausfallen - etwa weil Strecken unter Last, mit Anfahren/Abbremsen oder höherem Tempo einbezogen werden. Außerdem war Großbritannien 2021 nicht mehr in der EU, so dass dessen Daten zuletzt nicht in dieser Kategorie berücksichtigt wurden.

Die VW-Kernmarke hatte bereits das Jahr 2020 innerhalb der zulässigen Grenzen abgeschlossen. Sie erreichte zunächst - auch dank des Starts der vollelektrischen ID-Reihe - einen Flottenschnitt von 92 Gramm je Kilometer, um 5 Gramm unter dem für sie geltenden Ziel. Nach WTLP-Kriterien und für das Jahr 2021 sei für die EU-Neuwagenflotte nun ein Wert von 113 Gramm festgestellt worden, berichtete das Unternehmen. Gesetzlich erlaubt gewesen wären demnach 119 Gramm.

Die EU-Kommission in Brüssel muss die Abgaswerte der Autohersteller noch bestätigen. In der Europäischen Union gelten seit 2020 verschärfte Vorgaben für den CO2-Ausstoß. Branchenweit sollte dieser bei 95 Gramm pro gefahrenen Kilometer liegen. Es bestehen aber Übergangsregeln, und jeder Hersteller hat je nach Marktposition und Schwere der produzierten Fahrzeuge individuelle Ziele zu erfüllen.

Außerdem gab es "Supercredits" zur Anrechnung von E-Modellen, womit der relative Beitrag von Verbrennern gedrückt werden kann. Weichen reale CO2-Werte insgesamt weit von den Zielen ab, drohen Strafen, die sich im Fall großer Spannen bis zu Milliardensummen addieren können.