Produktionswettbewerb : Fabrik2022: Hilti und Siemens Mobility im Finale

Mitarbeiter bei Siemens Mobility in Wien-Simmering

Mitarbeiter bei Siemens Mobility in Wien-Simmering. Der Betrieb folgt den Gesetzmäßigkeiten der Lean-Philosophie.

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Fabrik2022, der härteste Produktionswettbewerb Europas, ist geschlagen! Hier geht es zu allen Siegern und den herausragenden Fabriken!

Co2-Neutralität bis 2030, eine Totalabkehr von Gas in Stufen bis kommendes Frühjahr. Am Siemens Mobility-Standort in der Leberstraße 34 in Wien, einem Werk mit 175-jähriger Tradition, macht man Nägel mit Köpfen.

Heizen durch Warmwasser rückt in den Fokus, es dient in der Hauptsache dazu, den Primärenergieträger durch Luftwärmepumpen oder Biogas "zu substituieren", schildert Oliver Fischer, der kaufmännische Leiter des Standorts. Auch sonst ist das Geschäft der Siemensianer dynamisch. Die Produktion der neuen Nightjet-Züge, um die ÖBB bei deren Pionierarbeit zur Renaissance der Nachtreisezüge in Europa zu unterstützen, sorgen hier in Simmering für Auslastung.

Dazu stammen auch zahlreiche U-Bahnen, etwa der X-Wagen für den vollautomatischen U-Bahn-Betrieb auf der Wiener U5 sowie die neue Metro für London, aus Wien-11.

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Die Fertigungstiefe am Standort mit seinen rund 1.400 Mitarbeitern und nicht weniger als 40 Hallen ist hoch. Lediglich montiert wird in einer gemeinsamen 40.000 Quadratmeter-Halle im Fünfer-U-Zellen-Layout. Vom Rohbau des Wagenkastens über das Schweißen und Oberflächenlackieren bis zur Montage – etwa dem Einsetzen von Fenstern und Haltestangen, aber auch der Elektrik – sind hier alle Prozesse inklusive Inbetriebsetzung gebündelt. In der getakteten Fließfertigung folgt man den Gesetzmäßigkeiten der Lean-Philosophie: sechs Linien für den Rohbau, fünf Linien für die Montage. Erst kürzlich nahm man sich die Prozesse nochmals zur Brust.

"Wir krempelten so manches um, integrierten etwa weitere Prozessschritte wie Kleben oder das ISO-Prüfen", schildert Michasel Leisgang, der technischer Leiter des Werks. Natürlich jagt man auch Use-Cases aus dem Konzern in die eigenen Linienwelt. Was genau? Etwa das Auslastungsmanagement, die Feinterminplanung, Robotik oder Tools wie den Digitalen Produktzwilling. "Unser ganzes physisches Maschinennetzwerk ist mittlerweile im IT-Netz gespiegelt", sagt Leisgang.

Mitarbeiterin bei Siemens Mobility in Wien-Simmering
Die Fertigungstiefe am Standort mit seinen rund 1.400 Mitarbeitern ist hoch. - © MARKUS SCHIEDER CREATIVEMARC.EU

Hilti: Leitwerk für Digitalisierung

Hilti´s größter Standort für Montage, Zerspanung und Wärmebehandlung für die Produktion von Bohr- und Meisselhämmern, Direktbefestigungs- und Diamantgeräten als auch halbautonomen Bohrrobotern. Aber auch Leitwerk für Digitalisierung: Prozessexzellenz fand das Evaluierungsteam von Fraunhofer Austria auch in der 2.300-Einwohner-Gemeinde Thüringen im Vorarlberger Bezirk Bludenz nicht zu knapp. Energetisch ist die erste außerhalb der Landesgrenzen von Liechtenstein gegründete Produktionsstätte, welche 1970 in Betrieb ging, ebenfalls hochinteressant. PV-Anlagen, die das gesamte Hallendach bedecken, erzielen rund ein Zehntel des gesamten Energiebedarfs im Werk durch Eigenproduktion. Zudem wird - dank zukunftsgerichteter Standortentwicklung – Erdwärme für die Gebäudetemperierung genutzt. Aktuell sind die Gebäudeheizung und die Wärmebehandlung die versorgungskritischsten Prozesse, weshalb zusätzlich begonnen wurde Erdgas einzuspeichern. Darüber hinaus werden einige der Öfen in der Wärmebehandlung, beileibe nicht die letzten, bereits "auf Strombetrieb umgerüstet", erzählt Christoph Holzer, der hiesige Leiter Operations. Von Erdgas wechsele man zur Überbrückung derzeitiger Lieferengpässe zudem auf Propan und Butan.

Mitarbeiterinnen bei Hilti in Thüringen
Mitarbeiterinnen bei Hilti in Thüringen - © www.christianschneider.photography
"Operative Exzellenz kann nur durch Kombination optimal abgestimmter Lean- und Digitalisierungsprozesse erreicht werden." Christoph Holzer, Leiter Operations bei Hilti

38 unterschiedliche Linien

Die Teilnahme an Fabrik2022 möchte die Werksleitung auch zur Standortbestimmung nutzen, auf welchem Level man branchenübergreifend agiere. "Das ist eine der Hauptintentionen", sagt Holzer. Und natürlich: "Operative Exzellenz kann nur durch Kombination optimal abgestimmter Lean- und Digitalisierungsprozesse erreicht werden", sagt Christoph Holzer, Leiter Operations bei Hilti. Pro Jahr werden rund 500.000 Geräte aus 55 unterschiedlichen Produktfamilien bei Hilti in Thüringen gefertigt.

Alle erdenklichen Zerspanungsprozesse werden - auf über 100 Maschinen - beherrscht. Auf einer Fläche von 42.000 Quadratmetern seien 38 unterschiedliche Montagelinien installiert, sie werden "dort mehrfach belegt, wo ähnliche Gerätetypen entstehen würden", sagt Holzer. Sämtliche Montagelinien seien an ein MES-System angebunden, der Rollout dieser Software gelang in Rekordzeit, "unter einem Jahr", erzählt Paul Scholz, Head of Digital Transformation im Hilti-Werk in Thüringen. Visuelle Assistenzsysteme und Dashboards unterstützen Werker an ihren Arbeitsplätzen und sogar Machine Learning wird in ersten Anwendungen genutzt. Werkstück-, Werkzeug- und Maschinendaten "analysieren wir für die Prozess- und Produktoptimierung", sagt er.

Zudem stehen Mitarbeitergesundheit, ausgewogene Ernährung und Sportangebote am Standort hoch im Kurs.

Montage bei Hilti in Thüringen
Montage bei Hilti in Thüringen - © Hilti

Fabrik2022 - Der Preis für die effizienteste Produktion

Zum 12. Mal schreiben Fraunhofer Austria und das INDUSTRIEMAGAZIN die renommierte Auszeichnung für Produktionsunternehmen in Österreich aus.

Fünf Unternehmen - Europlast in Dellach im Drautal, Hilti in Thüringen, Koenig & Bauer (AT) in Maria Enzersdorf, NBG Fiber in Gmünd sowie Siemens Mobility in Wien stellten sich im Sommer der Vor-Ort-Evaluierung durch Experten von Fraunhofer Austria.

Das Finale samt anschließender Siegerkür findet am 22. September in der Orangerie Stift Zwettl statt, zuvor wird es eine Werksführung beim Vorjahressieger Pollmann Austria im niederösterreichischen Vitis geben.

Bis Ende Juli bewarben sich Unternehmen durch Einreichung eines schriftlich ausgefüllten Fragebogens für die Wettbewerbsteilnahme.

Bis Ende August liefen auf Basis dieser ersten Vorselektion in den Fabriken der Teilnehmer Vor-Ort-Evaluierungen durch ein Expertenteam von Fraunhofer Austria.

Am 22. September stellen sich die Finalisten der hochkarätig besetzten Hearing-Jury. Dabei werden Gesamtsieger der „Fabrik2022“ sowie die Gewinner der drei Wettbewerbskategorien „Efficient Factory“, „Smart Factory“ und „Green Factory“ prämiert.

Alle Informationen und Tickets hier!