CBAM Verordnung und Fit for 55 : CO2-Grenzausgleich: EU-Politik macht Nachhaltigkeit zum Must-Have

Diverse Projekte und Initiativen sollen diesem Problem in Zukunft Abhilfe schaffen, wie zum Beispiel der Lean&Green Ansatz der T&O Group, womit die erforderlichen Transformationen für eine breite Verankerung in Unternehmen sorgen soll. Daniel Reichert, Leiter Lean & Green des Beratungsunternehmens T&O Group im Interview

Seit 1. Oktober befindet sich die Europäische Union in der Testphase für den CO2-Grenzausgleich. Importierende Unternehmen müssen für bestimmte Produkte den angefallenen Treibhausgasausstoß melden, dies soll eine Aufweichung der EU-Klimapolitik durch Produktionsauslagerungen verhindern. Die Maßnahmen sind Teil des „Fit for 55“ Klimapakets, womit die EU bis 2023 ihre Emissionen um 55% reduzieren will. In der Umsetzung von Nachhaltigkeitsstrategien in den Unternehmen selbst gibt es jedoch noch viel Luft nach oben. .

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Seit dem 1. Oktober testet die Europäische Union den CO2-Grenzausgleich, eine innovative Initiative, um den Treibhausgasausstoß im Handel zu kontrollieren. Importierende Unternehmen sind nun verpflichtet, den CO2-Fußabdruck bestimmter Produkte zu melden, was darauf abzielt, eine Umgehung der EU-Klimapolitik durch Produktionsverlagerungen zu verhindern. Diese wegweisenden Maßnahmen sind Teil des "Fit for 55" Klimapakets, das die EU verpflichtet, ihre Emissionen bis 2023 um beeindruckende 55% zu reduzieren. Während die EU ihre externe Kontrolle intensiviert, besteht innerhalb der Unternehmen noch erheblicher Handlungsbedarf bei der Umsetzung von Nachhaltigkeitsstrategien. Vielversprechende Lösungen kommen jedoch bereits ins Spiel, darunter der Lean&Green Ansatz der T&O Group, der Transformationen vorantreibt und eine umfassende Integration von Nachhaltigkeit in Unternehmen anstrebt.

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CO2-Grenzausgleich (CBAM) und Nachhaltigkeit in der Industrie

Der sogenannte Carbon Border Adjustment Mechanism, kurz CBAM, soll ab 2026 voll umgesetzt werden. Die Testphase soll laut EU-Kommission allen Beteiligten als "Lehrzeit" dienen. Auch werde der Produktumfang sowie die Möglichkeit der Ausweitung auf andere Sektoren, die unter das Emissionshandelssystem fallen, geprüft.

Obwohl das Thema Nachhaltigkeit - unteranderem durch solche Maßnahmen - auch in der Industrie und Produktion immer mehr an Priorität gewinnt, ist das Thema bis jetzt oft nur schwach in den Prozessen vieler Unternehmen verankert.

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Diverse Projekte und Initiativen sollen diesem Problem in Zukunft Abhilfe schaffen, wie zum Beispiel der Lean&Green Ansatz der T&O Group, womit die erforderlichen Transformationen für eine breite Verankerung in Unternehmen sorgen soll.

Was ist CBAM-Verordnung?

Der Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) stellt einen Mechanismus zur Anpassung der CO2-Grenzen dar und ist eine Initiative der Europäischen Union. Das Hauptziel von CBAM besteht darin, den Import von Produkten aus Ländern mit weniger strengen Umweltauflagen zu regulieren.

Durch den CBAM soll sichergestellt werden, dass Unternehmen, welche Waren in die EU importieren, den gleichen CO2-Reduktionsstandards unterliegen wie ihre europäischen Pendants. Importeure sind verpflichtet, den Treibhausgasausstoß ihrer Produkte offenzulegen, um einer möglichen Umgehung der EU-Klimapolitik durch Produktionsverlagerungen vorzubeugen. Dieser Mechanismus bildet einen integralen Bestandteil des umfassenden "Fit for 55" Klimapakets, das darauf abzielt, die Emissionen der EU bis 2023 um 55% zu reduzieren.

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VIDEO: Industrie und Nachhaltigkeit: Grüne Strategie als Wettbewerbsvorteil - Daniel Reichert, Leiter Lean&Green bei der T&O Group im Interview

Daniel Reichert, Leiter Lean&Green Bereich der T&O Unternehmensberatung im Interview

Industriemagazin (IM): Nachhaltigkeit ist in aller Munde. Wie sehen Sie die Entwicklungen aktuell in der Industrie?

Daniel Reichert (DR):
Es ist viel Bewegung, glaube ich, aktuell. Es ist auch viel Verunsicherung am Markt, den wir so sehen. Ich denke auch gerade in den letzten drei Jahren hat sich da viel getan. Wenn wir vielleicht die Jahre davor ein bisschen geschlafen haben, kommt da gerade viel Bewegung. Das hängt sicherlich auch damit zusammen, dass auf der EU-Ebene viel neue Regulation kommt und das treibt natürlich die Industrie um. Für viele wird klar, es ist nicht mehr nur ein Nice-to-have, sondern es wird immer mehr ein Must-have. Wenn es leicht war, vielleicht früher 2045 oder 2050 sich Ziele zu geben, wird das jetzt viel mehr konkreter. Man muss Ziele haben bis 2030 und auch aufweisen, wie man da hinkommt. Das ist nicht mehr Sankt-Nimmerleins-Planung, sondern es kommt langsam in die konkrete Planung von Unternehmen und es wird immer mehr auch in die strategische Planung mit aufgenommen.

IM:
Was müssen Unternehmen derzeit tun, dass die Nachhaltigkeit nicht nur eine Worthülse bleibt, sondern um so Greenwashing zu verhindern?

DR
: Auch Greenwashing ist ein sehr aktuelles Thema. Ich glaube, gerade dieses Jahr hat da nochmal gezeigt, dass das ein Risiko ist für Unternehmen. Gerade so ein Begriff wie Klimaneutralität, ich glaube, wenn man so sagen darf, ist schon fast ein verbrannter Begriff. Für Unternehmen ist wichtig, glaube ich, dass sie in den Nachhaltigkeitsbereich, in den Nachhaltigkeitsbemühen authentisch sind. Greenwashing ist nicht mehr nur nach außen ein Thema geworden, sondern immer mehr auch nach innen. Für die eigenen Mitarbeiter ist es wichtig, dass das, was sie im Nachhaltigkeitsbericht lesen, auch irgendwie einen Bezug haben zu der Arbeitswelt, in der sie tagtäglich sind. Gerade in so Themen wie Fachkräftemangel, glaube ich, auch ein ganz, ganz wichtiger Aspekt. Und um das eben zu bewerkstelligen, authentisch zu werden, ist es wichtig, auch in die eigenen Prozesse zu schauen. Zu schauen, was sind die Stellhebel im Unternehmen, Nachhaltigkeit voranzutreiben. Wo kann etwas bewegt werden und wer ist auch verantwortlich dafür? Weil es kann nicht nur die Aufgabe von Nachhaltigkeitsmanagern oder Managerinnen sein, das Thema voranzutreiben. Es muss breiter verankert sein.

IM:
Sie haben im Vorgespräch so ein bisschen das Beispiel mit dem Qualitätsmanager gebracht, der ja auch nicht alleine für die Qualität verantwortlich ist.

DR:
Ja, ein schönes Beispiel. Ein Qualitätsmanager ist ja nicht verantwortlich, die qualitativ hochwertigen Produkte zu produzieren. Weil Qualität wird produziert, heißt das so schön, es wird nicht kontrolliert. Das gilt eigentlich auch für das Thema Nachhaltigkeit. Nachhaltigkeit wird nicht reportet, sondern Nachhaltigkeit muss gelebt werden. Ihr Ansatz nennt sich Lean and Green.

IM:
Was hat Lean Management mit Nachhaltigkeit zu tun?

DR:
Ja, Lean ist ja auch wie Nachhaltigkeit ein dehnbarer Begriff. Es kommt ein bisschen darauf an, was man damit definiert. Ich glaube, in den meisten Ansätzen ist klar, dass das Thema Effizienz ein großes ist. Also wie effizient sind unsere Prozesse aufgestellt? Und immer dann, wenn ein Prozess effizient ist, braucht er auch weniger Ressourceneinsatz, um gleichen Output zu generieren. Das heißt, er ist damit auch umweltschonender. Aber das Thema Lean zu reduzieren auf das Thema Effizienz greift zu kurz. Es geht letztendlich darum, in einem Unternehmen ein System zu haben, nach dem es sich wandeln kann, nach dem es sich kontinuierlich auch verändern kann. Und genau das ist natürlich ein schönes Vehikel, um auch das Thema Nachhaltigkeit von der früher eher Außenwirkung hin zu mehr Innenwirkung zu bringen.

IM:
Wie reif sind Unternehmen für das, was Sie Green Integration nennen?

DR: Ja, eine schwierige Frage: Es gibt immer mehr Studien, dass das Thema Lean und der Begriff Lean vielleicht nicht mehr so eine Zugkraft hat, wie er das früher einmal hatte. Das liegt wahrscheinlich einmal auch in den Begrifflichkeiten. Es ist oft nicht ganz klar, was Lean eigentlich bedeutet. Zum anderen glaube ich, haben viele Unternehmen zu sehr den Fokus auf einzelne Methoden gehabt. In dem Sinne, wir haben Shopfloor Management implementiert, wir machen einen Haken dran und unsere Transformation ist beendet. Das reicht natürlich nicht. Es geht ja gerade darum, ein System aufzubauen, wo wir uns kontinuierlich wandeln können, kontinuierlich verbessern können. Jetzt heißt es aber nicht, dass nur exzellente Lean Unternehmen Nachhaltigkeit implementieren können. Gerade für die, die da noch nicht so weit sind, ist es eine gute Chance, ein bisschen Rückenwind für beide Themen zu generieren. Sie haben einen schönen Effekt, wenn Sie Prozesse verbessern und Nachhaltigkeit dort implementieren, finden Sie natürlich auch Potentiale auf der Kostenseite, auf der Qualitätsseite. Und so haben Sie eine Win-Win-Situation und können beide Themen im Unternehmen weiter vorantreiben.

IM:
Sie haben vor 13 Jahren den Lean & Green Management Award ins Leben gerufen. Was war da der Hintergrund, die Motivation?

DR: Ja, seit 13 Jahren vergeben wir den Award. Ist mittlerweile, glaube ich, einer der renommiertesten Awards auch im Bereich Excellence und Nachhaltigkeit, zumindest im Dachraum. Motivation war von Anfang an, gerade diese Synergien, die es zwischen Lean und Green gibt, transparent zu machen, dem Unternehmen zugänglich zu machen. Und natürlich dann auch Leuchttürme auszuzeichnen. Unternehmen, die besonders Strahlkraft haben und somit Vorbild sein können für andere Unternehmen. Aber vielleicht noch viel wichtiger auch für uns ist, dass sich mittlerweile ein Netzwerk heraus ergeben hat, wo Unternehmen häufiger daran teilnehmen und der Best-Practice-Austausch ganz stark im Vordergrund steht. Alle Teilnehmer profitieren, sie bekommen ein Feedback zu ihrer eigenen Lean- und Green-Reife. Wir haben eine Abschlussveranstaltung, immer bei einem Preisträger. Und dort natürlich dann auch direkte Best-Practices vor Ort zu besichtigen. Und ja, der Award ist kostenlos. Im Februar wird dort die nächste Runde losgehen. Und es würde mich auch freuen, vielleicht dieses Jahr wieder ein paar mehr österreichische Unternehmen als Teilnehmer begrüßen zu dürfen.

VIDEO: EU testet CO2-Zölle - CBAM fordert Umsetzung nachhaltiger Strategien im gesamten Unternehmen