Energiewende : Warum Unternehmen Nachhaltigkeit als Managementprinzip begreifen müssen

Solarpanele und Windräder in Sonnenschein

Nachhaltigkeit als Führungsprinzip

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Die Zeichen stehen auf Wachstum, allerdings nicht nur im positiven Sinne: Die CO2 Emissionen der österreichischen Industrie sind 2021 nach vorläufigen Berechnungen der EU-Kommission wieder deutlich auf 30,3 Mio. Tonnen gestiegen – ein Plus von 6,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Grund dürfte die stabile wirtschaftliche Entwicklung letztes Jahr und die Rückkehr der Industrie zum Normalbetrieb gewesen sein.

Diese Entwicklung sehen nicht nur Demonstrant:innen der Fridays-For-Future-Bewegung kritisch, sondern auch zwei in Österreich wohl bekannte Wirtschaftswissenschaftler: Christoph Badelt, ehemaliger WIFO-Chef und Rektor der Wirtschaftsuniversität Wien, aktueller Präsident des Fiskalrats und Werner Hoffmann, Partner bei EY-Parthenon und Leiter des Instituts für Strategisches Management auf der Wirtschaftsuniversität Wien. Beide haben sich in den letzten Monaten intensiv mit dem Thema Nachhaltigkeit im ökonomischen Kontext auseinandergesetzt und einen ausführlichen Point of View verfasst.

Laut Badelt seien die nachhaltigen Entwicklungen zwar erwartbar gewesen, immerhin war das Jahr 2020 stark von der Pandemie beeinflusst, aber dennoch enttäuschend. „Wir stehen auch in Österreich vor veritablen Umweltproblemen. Der Lebensstil, den wir hierzulande pflegen, lässt sich nicht auf die ganze Welt übertragen. Dafür gibt es weltweit nicht genug Ressourcen.“, so der ehemalige WIFO-Chef. Ein ungebremster Klimawandel wird nicht nur fatale Folgen für künftige Generationen haben, sondern setzt auch Unternehmen bedrohlichen Risiken aus.

Nachhaltigkeit ist also das Gebot der Stunde. Wie diese erreicht werden soll, sei aber in vielen Fällen noch offen. Laut Hoffmann werde aktuell versucht, vieles über die regulatorischen Rahmenbedingungen zu erwirken. „Über Regulatorik alleine werden wir die Nachhaltigkeits- und Klimaziele aber sicher nicht erreichen.“, ist er sich sicher. Viel wichtiger sei es, das richtige Umfeld für Innovation zu schaffen: „In Zukunft kann profitables Wachstum nur durch nachhaltige Geschäftspraktiken, Produkte und Geschäftsmodelle erzielt und legitimiert werden. Der zentrale Hebel für Nachhaltigkeit ist Innovation, nicht Regulatorik.“

Christoph Badelt, Präsident des Fiskalrats
„Unser Lebensstil lässt sich nicht auf die ganze Welt übertragen. Dafür gibt es weltweit nicht genug Ressourcen.“ Christoph Badelt, Präsident des Fiskalrats - © EY

Maßnahmen für mehr Nachhaltigkeit beim Führen

Der Weg zu einer nachhaltigen Unter­nehmensführung und damit zu einem nachhaltigen Wirtschaften müsse primär über technologischen Fortschritt und Geschäftsmodellin­novationen beschritten werden. Nur durch nachhaltige Geschäftspraktiken, Produkte und Geschäftsmodelle kann in Zukunft profitables Wachstum erzielt und legitimiert wer­den. Hoffmann führt dazu weiter aus: „Was wir dringend benötigen, ist eine Welle der Kreativität und Innova­tion, die es ermöglicht, dass eine wirt­schaftlich erfolgreiche Entwicklung und Wachstum von Unternehmen zum Vorteil und unter aktiver Einbindung al­ler relevanten Stakeholder bei Entkopp­lung vom Verbrauch nicht nachwach­sender Rohstoffe und Emissionen möglich wird. Zu vermeiden gilt es, dass die aufkeimende Innovationsdyna­mik durch eine überbordende Regulie­rungsflut und Bürokratisierungswelle erstickt wird.“

Klar ist in diesem Zusammenhang auch: Diese Innovation wird Geld kosten – und zwar mindestens 170 Milliarden Euro bis 2030 allein in Österreich. Daraus ergibt sich laut Badelt ein jährliches Investitionsvolumen von 16 bis 17 Milliarden Euro. Ein hoher Kapitalbedarf zur Reduktion der eigenen Treibhausgas-Emissio­nen für viele Unternehmen ist die Folge. Der Ökonom sieht damit auch große Chancen für den Standort Österreich verbunden. Denn Betriebe können auch positiv be­troffen sein, wenn sie (Investitions-)Gü­ter herstellen, die andere Wirtschafts­subjekte bei ihren klimabedingten Verhaltensänderungen in der Produk­tion oder im Konsum brauchen. Dabei ist insbesondere an die öffentlichen In­vestitionen zu denken, die für österrei­chische Unternehmen beträchtliche Auftragschancen mit sich bringen werden.

Werner Hoffmann, Partner EY-Parthenon und WU-Professor
„Der zentrale Hebel für Nachhaltigkeit ist Innovation, nicht Regulatorik.“ Werner Hoffmann, Partner EY-Parthenon und WU-Professor - © EY

Nachhaltigkeit als zentrales Prinzip im Unternehmen

Nachhaltigkeit als Managementprinzip etablieren, darum geht es dann im dritten Kapitel des Point of Views. Hoffmann beschreibt darin die Möglichkeiten zur strategischen Verankerung von Nachhaltigkeit in Unternehmen. Die wesentliche Erkenntnis: Eine ganzheitliche und vor allem ehrliche Transformation ist notwendig, anders lässt sich Nachhaltigkeit wohl nicht erreichen. Neben einer starken Strategie braucht es dafür auch die richtigen Ziele – und das richtige Mindset: „Wer heute strategisches Management betreiben will, der wird zwangsläufig auch gleichzeitig nachhaltiges Management betreiben müssen. Keine zukunftsträchtige Unternehmensstrategie kann dieses Thema ausblenden.“

Zu den Autoren:

Prof. Dr. Werner Hoffmann ist Partner bei EY-Parthenon, der weltweiten Strategieberatungsmarke von EY. Er leitet außerdem das Institut für Strategisches Management auf der Wirtschaftsuniversität Wien, wo er auch als Professor tätig ist.

Prof. Dr. Christoph Badelt ist österreichischer Wirtschaftswissenschaftler und Präsident des Fiskalrats. Vor dieser Tätigkeit war er unter anderem Rektor der Wirtschaftsuniversität Wien und Leiter des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO).