Wasserstoff-Antriebe : Vor Wiener Motorensymposium: Auto-Industrie fordert Technologieoffenheit

refueling hydrogen car with hydrogen

Sollen Fahrzeuge in Zukunft auch mit Wasserstoff betrieben werden können?

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Die Automobilindustrie hat ihre Forderung nach Technologieoffenheit bei den Antrieben der Zukunft noch einmal deutlich gemacht. "Wir brauchen Diversität statt Diskriminierung", sagte der Vorstandsvorsitzende des deutschen Automobilzulieferers Mahle, Arnd Franz, bei einem Pressegespräch am Montag. Dies sei für das Erreichen der CO2-Reduktionsziele und den Erhalt des Industriestandortes Europa notwendig.

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Nach Einschätzung von Mahle wird der Bedarf an Komponenten für Verbrennungsmotoren im Pkw-Bereich in Europa bis zum Jahr 2035 um 95 Prozent zurückgehen. Europa sei mit seiner Fokussierung auf batterieelektrische Antriebe "solitär unterwegs". In anderen Regionen sehe das ganz anders aus, auch wenn die Elektromobilität dort ebenfalls eine dominierende Rolle spielen werde, sagte Franz. Der batterieelektrische Antrieb könne aber nicht die alleinige Lösung sein: Man müsse auf mehrere Technologien setzen für die "emissionsfrei Mobilität und den emissionsfreien Transport der Zukunft". Dazu zählte der Mahle-Chef Verbrennungsmotoren mit nachhaltigen Kraftstoffen, Bioerdgas, Biodiesel, Ethanol und auch Wasserstoff. Das Pressegespräch fand im Vorfeld des 45. Internationalen Wiener Motorensymposiums statt, das im April in Wien stattfindet.

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AVL-Chef: Elektromobilität in Europa "absolut richtig"

"Der Klimawandel ist bei Weitem das größte Problem, das wir als gesamte Menschheit heute sehen", sagte Dieter Grebe, Vorstandsmitglied beim steirischen Motorenentwickler AVL List. Auch er plädierte für Technologieoffenheit bei der Bewältigung dieser Herausforderung. Die weltweite Primärenergienachfrage für Industrie, Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft und andere Anwendungen sei bereits heute enorm und werde bis 2050 um weitere 25 Prozent steigen. "Diesen gesamten Bedarf an Primärenergie gilt es zu defossilisieren, er muss frei gemacht werden von Kohle, Erdöl und Erdgas", sagte Grebe.

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Der Verkehrssektor einschließlich Luft- und Schifffahrt habe heute einen Anteil von rund 26 Prozent am Primärenergiebedarf. Langfristig "absolut richtig" sei die politische Entscheidung für Elektromobilität in Europa. Voraussetzung dafür sei aber, dass die Stromerzeugung nachhaltig gesichert werden könne. Der Anteil von Elektrofahrzeugen an der Produktion von Neufahrzeugen liege in Europa derzeit noch bei knapp unter 30 Prozent. Bei der überwiegenden Mehrheit der Autos, die heute auf den Straßen unterwegs sind, handelt es sich jedoch um Verbrenner. Der Anteil der Elektromobilität liege in diesem Bereich bei rund drei Prozent.

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"Wir müssen alles tun, dass auch da ein Beitrag stattfindet", so der AVL-List-Vorstand. Grebe verwies in diesem Zusammenhang zum Beispiel auf die Beimischung von Biokraftstoffen. Auch Verbrennungsmotoren, die mit nachhaltigen Kraftstoffen betrieben werden, seien langfristig sinnvoll, etwa in der Luft- und Schifffahrt, bei Lkw, Land- und Baumaschinen.

Moleküle tanken: Wasserstoffbetrieben Autos in Zukunft möglich?

Ein besonderer Schwerpunkt des diesjährigen Internationalen Motorensymposiums in der Wiener Hofburg im April sind die Stärken des Wasserstoff-Verbrennungsmotors als Alternative für emissionsfreie Antriebe: „Der Wasserstoffmotor wird auch von der EU als treibhausgasfrei angesehen“, so Helmut Eichlseder, Vorstand des Instituts für Thermodynamik und nachhaltige Antriebssysteme an der TU Graz und stellvertretender Vorstandsvorsitzender des ÖVK: „In Europa wird derzeit nur auf die Fahrzeugemissionen bzw. den CO2-Ausstoß geachtet. Weltweit nimmt aber eine Systembetrachtung von der Produktion über die Nutzung bis hin zur Entsorgung bzw. dem Recycling in Form einer Kreislaufwirtschaft zu. Beim Motorensymposium werden wir daher der Thematik Treibhausgas-Neutralität viel Raum geben.“

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Wasserstoff sei ein wichtiger Energieträger, etwa wenn es darum gehe, Energie zu transportieren, sagte Grebe. Die Verteilung von Sonneneinstrahlung und Windstärke sei weltweit sehr unterschiedlich. "An den Orten, wo wir hohe Energiedichten haben, leben wenig Menschen", sagte Grebe. Der Transport von Energie werde daher nicht nur über Hochspannungsleitungen möglich sein, sondern auch in Form von Molekülen, zum Beispiel in Form von Wasserstoff.

BMW hat mit dem iX5 Hydrogen eine erste Versuchsflotte auf die Straßen geschickt

An seinem Ziel, die Brennstoffzelle zur Serienreife zu bringen, hält der BMW-Konzern fest. Die Technologie sei „das fehlende Puzzleteil“ in Regionen, in denen es keine ausreichende Ladeinfrastruktur für Elektroautos gebe, so BMW-Chef Oliver Zipse im November letzten Jahres. In dieser Einschätzung sei er durch seine Besuche in China und Japan „eher bestärkt“ worden. Der Konzern will die Technologie bis Ende des Jahrzehnts serienreif machen. Für BMW sei es zudem „ein Vorteil, wenn kein anderer in diese Technik reingeht“, fügte Zipse hinzu. Bei den Investitionen in die Brennstoffzelle handele es sich „mitnichten um eine Abkehr“ vom Elektroauto mit Batterie.

In der Tat ist BMW der einzige deutsche Hersteller mit Plänen für den Serieneinsatz von Autos mit Brennstoffzellenantrieb. Serienreife Wasserstoffautos gibt es weltweit bisher nur bei Toyota und Hyundai. Mit Toyota hat BMW seit zehn Jahren eine Entwicklungskooperation, die bald zu Ende geht. „Es gibt jetzt Gespräche, wie es weiterläuft“, sagt Zipse - der offenbar an einer Verlängerung interessiert ist. Denn Toyota forscht bereits seit den 90er Jahren an der „kalten Verbrennung“ und gilt weltweit als einer der Technologieführer.

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Doch die Euphorie der Japaner hat sich in letzter Zeit merklich abgekühlt: Anfang November räumte Toyotas Technikchef Hiroki Nakajima ein, dass der 2014 auf den Markt gekommene Mirai wirtschaftlich ein Flop ist. Gerade einmal 22.000 Exemplare sollen bisher weltweit verkauft worden sein. Grund ist vor allem das fehlende Netz an Wasserstofftankstellen, von denen es selbst in Japan nur 133 gibt.

BMW-Chef Oliver Zipse
BMW-Chef Oliver Zipse - © BMW