Auto-Industrie in der Krise : Autozulieferer fordern bessere Förderprogramme für die Branche

Automotive Dealership Store. New and Pre Owned Vehicles in Front of the Showroom Building.

Der Transformationsdruck der Auto- und Zulieferer-Industrie legt Schwächen am Standort Österreich offen, so die ARGE Automotive

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Die heimische Automobilzulieferindustrie steht laut einer Studie im internationalen Wettbewerb stark unter Druck und fordert daher von der Politik stärkere Förderungen sowie Maßnahmen zur Dämpfung der Lohnneben- und Energiekosten. Die ambitionierten Klimaziele des European Green Deal, gepaart mit Supply-Chain-Problemen, hohen Material- und Energiekosten sowie einer allgemein höheren Inflation stellen die Branche vor Herausforderungen und drücken auf die Margen.

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Das Industriewissenschaftliche Institut (IWI) hat im Auftrag der ARGE Automobilzulieferindustrie die Standortvorteile und -nachteile der heimischen Automobilzulieferindustrie im internationalen Vergleich untersucht. Studienautor und IWI-Geschäftsführer Herwig Schneider sieht die größten Standorthürden einerseits im Wandel der Branche in Richtung Elektromobilität, der teilweise völlig neue Geschäftsmodelle und Wertschöpfungsketten erfordert, und andererseits im Wettbewerb mit anderen Ländern. Es gelte "zu verhindern, dass österreichische Betriebe die Produktion verlagern müssen, und zum anderen die Rahmenbedingungen so zu verbessern, dass Unternehmen im Land investieren und somit Innovation und Wertschöpfung nicht abfließen," sagte Schneider.

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Neue Förderprogramme in China und den USA

Dietmar Schäfer, Vorsitzender der ARGE Automotive Zulieferindustrie, fordert daher politische Maßnahmen zur besseren Unterstützung der Branche und zur Abfederung der steigenden Kosten. "Unmittelbar sollte ein spezifisches Förderregime entwickelt werden, etwa für die Erforschung und Entwicklung von Batterietechnologien und innovativen Komponenten", so Schäfer. China, Großbritannien, Kanada und die USA hätten in den vergangenen Jahren ihre Förderprogramme ausgebaut, so die Studie. Sie investierten große Summen in den Aufbau neuer Lieferketten oder den Ausbau von Batteriekapazitäten. Die EU habe darauf keine adäquate Antwort gefunden. Dabei seien Gesetze wie der "European Chips Act" wichtige Instrumente im Subventionswettlauf, die auch Österreich nutzen sollte.

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Darüber hinaus plädiert Schäfer - wie auch andere Vertreter der Industrie - für eine "deutliche Senkung der Lohnnebenkosten, Reduktion der Energiekosten, Entbürokratisierung und Bekämpfung des Fachkräftemangels. Nur dann hat Österreichs Zulieferindustrie eine Zukunft", so Schäfer. In anderen europäischen Ländern, so die Studie, sind die Rahmenbedingungen in diesem Bereich zum Teil besser. Als Beispiel wird Tschechien genannt. Dort werden verschiedene Initiativen gegen den Fachkräftemangel gesetzt - unter anderem für Frauen oder ältere Arbeitnehmer. Die Zulieferindustrie sei jedenfalls "eine der industriellen Schlüsselbranchen Österreichs," so Schäfer. Die Studie zeigt, dass die Branche in Österreich 28,5 Mrd. Euro umsetzt und eine direkte volkswirtschaftliche Wertschöpfung von knapp 9,0 Mrd. Euro generiert. Mehr als 81.000 Arbeitsplätze sind der Automobilzulieferindustrie zuzurechnen.

Dietmar Schäfer, Vorsitzender der ARGE Automotive Zulieferindustrie
Dietmar Schäfer, Vorsitzender der ARGE Automotive Zulieferindustrie - © ARGE Automotive Zulieferindustrie

Veränderung einer gesamten Branche

Aktuell befindet sich die Branche, wie die gesamte Automobilindustrie weltweit, in einem tiefgreifenden technologischen und organisatorischen Wandel. Wesentliche Treiber des Wandels in der Branche sind die Digitalisierung und Automatisierung, die Individualisierung und ganz entscheidend die Dekarbonisierung mit der sukzessiven Reduzierung des Anteils traditioneller Verbrennungsmotoren, vor allem als Folge der europäischen Klimaziele (Green Deal). Der politisch gewollte Übergang zur Elektromobilität greift tief in die Produktionsprozesse, das Engineering und das Design zentraler Fahrzeugelemente ein und hat damit dramatische Auswirkungen auf die Zukunft der Branche. So besteht ein Verbrennungsmotor aus ca. 2.000 beweglichen Teilen, ein Elektromotor aus nur ca. 20 Teilen.

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Studienautor Herwig Schneider, Leiter des IWI: „Die Umstellung der Individualmobilität auf Elektromobilität ändert auf Sicht auch die Gesamtstruktur der Branche. Neben dem Management der Transformation gilt es gleichzeitig, auch im Wettbewerb verglichen mit anderen Ländern zu bestehen. Unsere Analyse zeigt, dass vor allem Drittländer in Asien sowie Nord- und Südamerika ihre Position deutlich stärken konnten. Aber auch innerhalb Europas gibt es einige Länder, in denen Zulieferbetriebe bessere Rahmenbedingungen vorfinden. Es gilt also zu einem zu verhindern, dass österreichische Betriebe die Produktion verlagern müssen, und zum anderen die Rahmenbedingungen so zu verbessern, dass Unternehmen im Land investieren und somit Innovation und Wertschöpfung nicht abfließen.“

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Österreich galt jahrzehntelang als Vorreiter in den Bereichen FTI, Qualifizierung des Arbeitsmarktes und Umwelttechnologien. In der Zwischenzeit haben andere Länder ihre Position in diesen Bereichen deutlich verbessert, indem sie spezifische Förderprogramme aufgelegt haben. Konkurrenten wie China oder die USA haben in jüngster Zeit ihre Fördersysteme intensiviert - die USA z.B. im Zuge des "Inflation Reduction Act". „Unmittelbar sollte ein spezifisches Förderregime entwickelt werden, etwa für die Erforschung und Entwicklung von Batterietechnologien und innovativen Komponenten. Nur dann hat Österreichs Zulieferindustrie eine Zukunft", so Schäfer.

Über die ARGE Automotive Zulieferindustrie

Die ARGE Automotive Zulieferindustrie ist die österreichweite Branchenvertretung der rund 900 in der Wirtschaftskammer Österreich (WKO) organisierten Unternehmen der automotiven Wertschöpfungskette und vereint damit alle wichtigen Player der Branche unter ihrem Dach. Trägerorganisationen sind die WKO, vertreten durch die Bundessparte Industrie, und die AWO/Außenwirtschaft Österreich sowie sechs Fachverbände (FV-NE-Metall, FV Bergbau & Stahl, FV Metalltechnische Industrie, FV Chemische Industrie, FV Elektro- und Elektronikindustrie und FV Textil-, Bekleidungs-, Schuh- und Lederindustrie), in denen Unternehmen der automotiven Zulieferindustrie organisiert sind. Vorrangiges Ziel zur Optimierung der industriepolitischen Rahmenbedingungen ist die Verbesserung der öffentlichen Wahrnehmung der Automobilzulieferindustrie. Eine optimale Abstimmung insbesondere mit dem Fachverband der Fahrzeugindustrie als Interessensvertretung der Herstellerseite ist durch die Eingliederung in die WKO gewährleistet.