Elektromobilität : Verabschiedet sich Mercedes-Benz von seinen Elektro-Zielen?

Mercedes-Benz-Chef Ola Källenius: Wende bei der Elektro-Strategie des Unternehmens?

Mercedes-Benz-Chef Ola Källenius: Wende bei der Elektro-Strategie des Unternehmens?

- © Mercedes-Benz AG

Der deutsche Autobauer Mercedes-Benz rechnet angesichts des schwierigen Marktumfelds in diesem Jahr nicht mit großen Sprüngen bei den Verkaufszahlen. Wie der Konzern am Donnerstag bei der Vorlage der Geschäftszahlen für das abgelaufene Jahr mitteilte, wird ein Konzernumsatz auf Vorjahresniveau erwartet. Für das operative Ergebnis (Ebit) geht Mercedes in diesem Jahr von einem Wert leicht unter dem Niveau des Vorjahres aus.

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Mercedes habe im Jahr 2023 in einem herausfordernden Umfeld ein sehr solides Ergebnis abgeliefert, sagte der Vorsitzende der Geschäftsführung, Ola Källenius. Der Umsatz stieg um 2 Prozent auf 153,2 Milliarden Euro. Allerdings spürte das Unternehmen die gestiegenen Kosten, etwa durch Inflation und Störungen in der Lieferkette. So ging der operative Gewinn des Konzerns um rund 4 Prozent auf 19,7 Mrd. Euro zurück. Unter dem Strich ging der Konzerngewinn um knapp 2 Prozent auf 14,5 Milliarden Euro zurück.

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Wegen Produktionsproblemen des Zulieferers Bosch bei 48-Volt-Systemen für Verbrennungsmotoren war bei Mercedes die Produktion wichtiger Modelle wie GLC und E-Klasse ins Stocken geraten. Die Auslieferung von rund 100.000 Fahrzeugen wurde auf 2024 verschoben.

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Strategische Flexibilität

Es waren ehrgeizige Ziele: Im Jahr 2023, so die internen Pläne, wollte Mercedes-Benz mehr als 20 Prozent seines Absatzes mit reinen Elektroautos erzielen. Doch im vergangenen Jahr haben die Stuttgarter bei rund zwei Millionen ausgelieferten Pkw gerade einmal einen Stromanteil von zwölf Prozent erreicht. In Sachen E-Mobilität schlug Källenius wohl auch deshalb nun neue Töne an. In der Vergangenheit betonte der Konzernchef immer wieder die diesbezüglichen Ambitionen. So erklärte er gerne, dass es das Ziel von Mercedes sei, bis zum Ende dieses Jahrzehnts mit seinen Pkw rein elektrisch unterwegs zu sein. Immer mit dem Zusatz, dass dies überall dort der Fall sei, wo es die Marktbedingungen zuließen.

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Am Donnerstag betonte Källenius nun die "strategische Flexibilität", die der Autobauer in Bezug auf den Verbrennungsmotor habe. Mercedes werde bis weit in die 30er Jahre hinein in der Lage sein, auf die Bedürfnisse der Kunden einzugehen. Man müsse sich als Unternehmen doppelt absichern, sagte Källenius. Marktbedingungen und Kundenwünsche bestimmten das Tempo der Transformation. An der "Ambition 2039", der Nachhaltigkeitsstrategie des Stuttgarter Unternehmens, wonach bis 2039 die gesamte Neufahrzeugflotte bilanziell CO2-neutral sein soll, ändere sich nichts, so Källenius. Die Laufzeiten wichtiger Verbrenner-Baureihen wie S-Klasse, E-Klasse, GLC oder GLE sollen laut Insidern um zwei bis drei Jahre in die Zukunft verlängert werden. Damit sollen sie statt der üblichen sieben Jahre bis zu zehn Jahre auf dem Markt bleiben. Die Wende bei den Antrieben werde aber nicht geradlinig verlaufen, sondern es werde wie auf einer Achterbahn bergauf und bergab gehen.

Umbau des Unternehmens

Das Unternehmen geht davon aus, in der zweiten Hälfte dieses Jahrzehnts einen Anteil von bis zu 50 Prozent des Gesamtabsatzes mit rein elektrisch betriebenen Fahrzeugen und Plug-in-Hybriden erreichen zu können. Auch hier war der Konzern in der Vergangenheit schon einmal optimistischer. Mit einem großen Zuwachs bei den Elektroautos rechnet der Konzern in diesem Jahr jedenfalls nicht. Diese sollen einen Anteil von 19 bis 21 Prozent ausmachen. Im Jahr 2023 soll der Anteil bei knapp 20 Prozent liegen. Im vergangenen Jahr verkaufte Mercedes etwas mehr als zwei Millionen Fahrzeuge im Pkw-Segment, also ohne Vans. Gut 400.000 davon waren reine Elektrofahrzeuge oder Plug-in-Hybride.

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Konzernchef Källenius hat die Marge in den Mittelpunkt seiner Strategie gestellt. Als er Mitte 2019 vom Entwicklungsvorstand an die Spitze des Konzerns rückte, bekam er vom Aufsichtsrat den klaren Auftrag, den dümpelnden Wert an der Börse zu steigern. Dafür hat er den Konzern radikal umgebaut, gemeinsam mit Finanzvorstand Harald Wilhelm. Die Lkw-Sparte wurde unter dem Namen Daimler Truck abgespalten, das defizitäre Geschäft mit Mobilitätsdienstleistungen verkauft und Tausende Arbeitsplätze abgebaut. Auslaufmodelle sind die wenig profitablen Baureihen der A- und B-Klasse.

Rund 91.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Unternehmens in Deutschland können sich dennoch freuen. Sie erhalten auch in diesem Jahr mit dem April-Gehalt eine Prämie von bis zu 7.300 Euro.