Logistik : Umstrittenes Amazon-Verteilzentrum entsteht bei Graz

Das umstrittenes Amazon-Verteilzentrum entsteht nun in Premstätten und nicht in Graz

Das umstrittenes Amazon-Verteilzentrum entsteht nun in Premstätten und nicht in Graz

- © AFP

Das in Graz umstrittene und letztlich abgesagte Amazon-Verteilzentrum wird nun in Premstätten südlich von Graz errichtet. Kommende Woche Mittwoch wird die Baustelle nahe der Kalsdorfer Abfahrt von der Pyhrnautobahn von Bürgermeister Matthias Pokorn (ÖVP) und Amazon Logistics Regionalleiterin Miriam Enzi eröffnet. Das Verteilzentrum samt Parkhaus mit 671 Stellplätzen wird von der VGP Gruppe, ein europaweit tätiger Anbieter von Logistik- und Gewerbeimmobilien, entwickelt.

Der Online-Händler hatte ursprünglich im südlichen Stadtbezirk Liebenau in Graz sein Verteilzentrum samt Parkhaus geplant und bereits entsprechende Anträge bei der Stadt Graz eingereicht. Doch rasch tat sich dagegen Widerstand seitens der Anrainerinnen und Anrainer auf. Man fürchtete massiven Verkehr durch die vielen Paket-Fahrzeuge. Nachdem es keine Umweltverträglichkeitsprüfung dafür geben sollte, legte sogar die Stadt Graz Beschwerde gegen den entsprechenden Feststellungsbescheid ein. Letztlich zog Amazon sämtliche Anträge zurück und schaute sich nach einem neuen Standort um.

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Der wurde nun in Premstätten gefunden. Gemunkelt wurde schon länger, dass es auf den Flächen nahe dem Batteriewerk von Samsung und Magirus Lohr entstehen soll. Nun scheint alles unter Dach und Fach. Details will die VGP als Entwickler des Standorts zusammen mit dem Bürgermeister und Amazon Logistics erst kommende Woche präsentieren. Die Fertigstellung sei aber jedenfalls für November 2023 geplant, hieß es am Dienstag in der Einladung zur Baustellen-Eröffnung.

Auch in Niederösterreich ist ein Verteilzentrum geplant

Eine geplantes Amazon-Verteilzentrum in St. Valentin (Bezirk Amstetten) hat mit dem Gemeinderatsbeschluss, das Projekt weiterzuverfolgen, eine erste Hürde genommen. Nun kann das Vorhaben konkretisiert werden, zu klären sind u.a. technische und vertragliche Details. "Wir führen intensive Gespräche mit der Gemeinde St. Valentin zu einem möglichen Logistikprojekt und freuen uns über die Entscheidung des Gemeinderats", teilte ein Amazon-Sprecher am Donnerstag auf Anfrage mit.

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"Geplant ist ein Verteilerzentrum für die Auslieferung von Waren, die Kunden im näheren Umkreis bei Amazon bestellt haben", informierte Bürgermeisterin Kerstin Suchan-Mayr (SPÖ) in einer Aussendung. Eines der Grundstücke, das - neben Privatgrundstücken - für den Bau benötigt wird, steht im Eigentum der niederösterreichischen Stadtgemeinde. Fraktal Development würde die Grundstücke kaufen und entwickeln und an Amazon weitervermieten, ein ähnliches Projekt wurde gerade in Klagenfurt umgesetzt, hieß es.

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Amazon prüfe kontinuierlich neue Standorte und wäge eine Vielzahl von Faktoren bei der Entscheidung über die Entwicklung neuer Standorte ab, um Kunden am besten zu bedienen, teilte ein Sprecher des Onlineriesen mit: "Logistikprojekte brauchen Zeit und wir können ein Projekt erst bestätigen, wenn es ein gewisses Stadium erreicht hat." Fraktal Development begrüßte die Entscheidung des Gemeinderats ebenfalls, man befinde sich "in enger Abstimmung mit allen Beteiligten". "In weiterer Folge werden wir als deutsch-österreichischer Projektentwickler Gespräche mit der Gemeinde St. Valentin führen, um umsichtig und zielführend zu einem Ergebnis zu kommen", teilte ein Fraktal-Development-Sprecher auf Anfrage mit.

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Suchan-Mayr betonte im Gespräch mit der APA, dass es sich beim Gemeinderatsbeschluss um eine "Grundsatzentscheidung" handle. Diese bedeute nicht, dass das Projekt fix umgesetzt werde. Unter anderem müssen noch weitere Beschlüsse wie Grundverkauf oder ein widmungsrechtliches Verfahren folgen. Die Ansiedlung soll "nicht um jeden Preis" umgesetzt werden, nannte Stadtrat Rafael Mugrauer, Fraktionssprecher der SPÖ St. Valentin, etwa nachhaltige Bauweise, CO2-Neutralität oder E-Mobilität als Voraussetzungen.

Die Abstimmung in der Gemeinderatssitzung erfolgte laut der Stadtchefin geheim und ohne Fraktionszwang. Die Mehrheit der Mandatare sprach sich dafür aus, die geplante Ansiedlung weiterzuverfolgen. Von den Projektbetreibern soll es eine Präsentation des Vorhabens für die Bevölkerung geben, hieß es.

Export über Amazon-Plattform in Österreich gestiegen

Österreichische kleine und mittelgroße Unternehmen exportierten im vergangen Jahr 2021 Waren im Wert von 500 Mio. Euro über die Amazon-Plattform Marketplace. Das geht aus einem Report des Online-Riesen hervor. Gegenüber 2020 sei der Marketplace-Exportumsatz der heimischen KMUs damit um mehr als 25 Prozent gestiegen. Die 2.500 über Amazon tätigen KMUs verkauften 2021 rund 20 Mio. Produkte, vor allem in den Bereichen Wohnen, Sport und Freizeit sowie Computer.

Der Großteil der insgesamt auf Amazon verkaufenden österreichischen Unternehmen zähle zu den KMUs, erklärte eine Sprecherin der Handelsplattform gegenüber der APA. Genaue Zahlen nannte sie dabei nicht. Im Jahr 2020 sei der Exportanteil der österreichischen Unternehmen bei rund 85 Prozent gelegen, 2021 sei der Anteil ähnlich. Wie viel heimische KMUs über Amazon im Inland verkaufen, wollte Amazon auf Anfrage nicht beziffern.

Die meisten KMUs, die in Österreich über Amazon verkaufen, haben ihren Sitz in Wien (über 600), gefolgt von Graz (150) und Salzburg (140). "Wir fühlen uns den KMUs in Österreich und Europa sehr verbunden", sagte Xavier Flamand von Amazon laut Aussendung.

Elektrifizierung des Warenverkehrs in Europa geplant

Der US-Konzern will in den kommenden fünf Jahren in Europa eine Milliarde Euro für die Elektrifizierung seines Liefer- und Warenverkehrs ausgeben. Bisher sind laut Amazon europaweit gut 3.000 Elektro-Lieferwagen für das Ausfahren von Paketen im Einsatz. Bis 2025 sollen es mehr als 10.000 werden. Neben Lieferautos will das Unternehmen 1.500 Elektro-Lkw für den Warenverkehr seiner Versandzentren einsetzen, ein Drittel davon in Deutschland. Geplant sind außerdem Ladestationen und Ökostrom-Anlagen.

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Amazon will bis zum Jahr 2040 den Nettoausstoß von Kohlendioxid auf null senken. Die Dekarbonisierung des Transportnetzwerks sei einer der anspruchsvollsten Bereiche, sagte Vorstandschef Andrew Jassy laut Mitteilung. "Um hier Netto-Null-Emissionen zu erreichen, sind erhebliche und nachhaltige Investitionen erforderlich."

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In großen Städten will Amazon Pakete häufiger zu Fuß oder per Lastenrad ausliefern lassen, um den Einsatz von Lieferfahrzeugen zu reduzieren. Derzeit gibt es laut dem Unternehmen derartige "Micro Hubs" für die Auslieferung ohne vierrädrige Fahrzeuge in gut 20 europäischen Städten, bis 2025 sollen es doppelt so viele sein. Abgesehen davon lässt Amazon auch Ökostrom-Kraftwerke bauen. Ein Windpark in der Nordsee mit einer Kapazität von 350 Megawatt soll 2025 ans Netz gehen.

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Amazon setzt zukünftig in urbanen Gebieten stärker auf die Verteilung per Lastenrad
Amazon setzt zukünftig in urbanen Gebieten stärker auf die Verteilung per Lastenrad - © Amazon

Verteilung per Roboter wird nicht weiter verfolgt

Amazon stellt seine Tests kleiner Lieferroboter, die auf dem Gehweg fahren, ein. Der weltgrößte Online-Händler hatte die Versuche seit drei Jahren unter anderem in einem Wohngebiet in der Nähe von Seattle gestartet. Das Entwicklungsteam sei aufgelöst worden und den Mitarbeitern sollten Jobs in anderen Bereichen des Konzerns angeboten werden, sagte eine Amazon-Sprecherin dem Finanzdienst Bloomberg.

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Die Fahrzeuge sahen aus wie eine große Kühlbox auf sechs Rädern. An dem Projekt hätten weltweit rund 400 Leute gearbeitet, berichtete Bloomberg unter Berufung auf informierte Personen. Die Idee eines autonomen Lieferroboters wolle man zwar weiter prüfen, aber das bisherige Konzept habe nicht funktioniert, schrieb der Finanzdienst.

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Auch andere Firmen arbeiteten in den vergangenen Jahren an ähnlichen Lieferrobotern - wie etwa der Vorreiter Starship Technologies. Ein großer Durchbruch für die Technik bliebt jedoch bisher aus. Die Roboter kommen meist im eingeschränkten Rahmen in einzelnen Gegenden sowie auf Firmen- oder Universitätsgeländen zum Einsatz. Zu den Problemen gehört zum Beispiel, dass Roboter manchmal auf Gehwegen steckenbleiben und abgeholt werden müssen.

Eingestellt: Die Entwicklung kleiner Liefer-Roboter wird durch Amazon nicht weiter verfolgt
Eingestellt: Die Entwicklung kleiner Liefer-Roboter wird durch Amazon nicht weiter verfolgt - © Amazon

Deutsches Kartellamt schaut Amazon & Co auf die Finger

Das deutsche Bundeskartellamt will den Wettbewerb im Internet vorantreiben und das Vorgehen von Digitalkonzernen wie Amazon oder Apple genau unter die Lupe nehmen. "In enger Zusammenarbeit mit der EU-Kommission und nationalen Wettbewerbsbehörden auf der ganzen Welt arbeiten wir mit Nachdruck an Lösungen, um den Wettbewerb in der Digitalwirtschaft zu schützen beziehungsweise wiederherzustellen", sagte Kartellamt-Präsident Andreas Mundt am Dienstag.

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Das Thema Digitalwirtschaft sei ein Schwerpunkt in der Tätigkeit seiner Behörde. "Schnelle Rechtsdurchsetzung ist absolut wichtig." Die Behörde habe bei Amazon, Alphabet/Google und Meta/Facebook eine "überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb" festgestellt. Bei Google und Meta sei dies rechtskräftig. Amazon habe Beschwerde beim Bundesgerichtshof (BGH) eingereicht. Bei Apple laufe das Verfahren noch. Die Einordnung eines Unternehmens in eine solche Kategorie sei nach einem neuen Gesetz der erste Schritt, auf den dann Verbote oder konkrete Handlungsanweisungen folgen könnten.

Amazon sieht den Fall anders. "Wir stimmen der Auslegung dieser komplexen neuen Gesetzgebung durch das Bundeskartellamt nicht zu und haben Beschwerde eingelegt", erklärte ein Sprecher. "Der Einzelhandelsmarkt, in dem Amazon tätig ist, ist sehr groß und ausgesprochen wettbewerbsintensiv, online wie offline."

Das deutsche Kartellamt geht in weiteren Verfahren gegen die vier Digitalkonzerne der Frage nach, ob bestimmte Verhaltensweisen der Unternehmen untersagt werden müssen, da sie den Wettbewerb beeinträchtigen beziehungsweise ihre Machtposition absichern. Allein im Fall von Google gebe es drei Verfahren, erklärte Mundt.