Industrieschnittstellen : So kommen Google, Amazon & Co auf den Shopfloor

Digitale Autofertigung

Hochautomatisierte Fahrzeugproduktion: Dateninteroperabilität in der gesamten Automatisierungswelt

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Für Stefan Hoppe, Präsident der OPC Foundation, ging vor zwei Wochen ein Traum in Erfüllung: „ONE accepted OT to IT connection based on OPC UA via MQTT supported by all major vendors of the world.“ Mehr brauchte er nicht für seinen Post und die Fachcommunity war entzückt. „Das klingt nach einer potenziell perfekten Kombination. Ich freue mich darauf, mich mit einem schönen Glas Wein in die Nähe des Kamins zu setzen und die Spezifikationen zu lesen“, kommentierte ein Anwender – seine Partnerin oder Partner hat erstmal das Nachsehen.

Was bedeutet die Ankündigung konkret? Führende IoT Anbieter setzen die OPC UA-Technologie für Edge-to-Cloud-Anwendungen ein. Die Zahl der Anbieter wächst, darunter Amazon Web Services (AWS), Google Cloud, IBM, Microsoft, SAP und Siemens. Die Endanwender profitieren von den Zusagen der großen IoT-Anbieter, die OPC UA als Standard für die IoT-Kommunikation unterstützen. Unterstützen klingt zu wage? Nein, denn es gibt schon echte Produkte, versichern die Verantwortlichen.

„Es ist fantastisch zu sehen, dass OPC UA die einzige harmonisierte Lösung für die Prozess- und Fabrikautomation ist, die vom Feld zur Cloud (und zurück) skaliert. Die Vision der OPC Foundation, OPC UA als den offenen Standard der Wahl für die Dateninteroperabilität in der gesamten Automatisierungswelt zu etablieren, begann und entwickelt sich mit Steuerungen und Visualisierungssystemen und hat nun die IT und die Cloud erreicht. Dies wird zu einem weiteren Wachstum des offenen Ökosystems, basierend auf OPC UA, führen“, verspricht Hoppe.

"OPC UA ist unser Weg zur Einbindung von Maschinendaten in die Datenanalyse- und KI-Funktionen."
Charlie Sheridan, Google

Googles KI Pläne

Das Kriterium für die Aufnahme in die Liste der Unterstützer ist, dass die Unternehmen OPC UA over MQTT entweder bereits in ihren Produkten anbieten oder dass diese Umsetzung auf ihrer Entwicklungs-Roadmap steht. Hoppe und sein Team haben die großen IT-Unternehmen für OPC UA überzeugt.

„OPC UA wird unser Weg sein, Maschinendaten in unsere Datenanalyse- und KI-Funktionen einzubinden, um letztendlich das Versprechen von zugänglichen Daten und einfach zu nutzender KI in Fabriken zu erfüllen“, erklärt Charlie Sheridan von Google. OPC UA ist ein Geschenk für KI und ML, denn es ermöglicht Interoperabilität und beschreibt die Variablen als Informationsmodell.

Denn ein Anwender hat zehn Roboter in seiner Fertigung, die zehn verschiedene Protokolle nutzen und zehnfach unterschiedliche Variablen beispielsweise in die Cloud schicken. Das erschwert es, ein KI- oder ML-Projekt zu starten. MQTT ist ein Kommunikationsprotokoll und kein Framework, liefert keine Semantik. Warum ist denn aber eine Beschreibung der Daten so wichtig? Beispiel: Das ist ein schöner Jaguar. Die Architektur, das Framework verrät mir jetzt, was gemeint ist ‒ das Tier oder das Auto. OPC UA ist der UBS-Stecker für die Fertigung. Denn das Framework hat einige Vorteile: OPC UA liefert „eingebaute“ Security für die Fabrik bzw. die Fertigung End-to-End. OPC UA liefert ein Informationsmodell, in dem die Datenstruktur und -semantik beschrieben sind.

OPC UA ist plattformunabhängig. OPC UA reduziert den Aufwand für die Säuberung der Daten. Wenn in der Fertigung OPC UA genutzt wird, dann haben die Daten einen implizit mitgelieferten semantischen Wert und der Anwender kann direkt Algorithmen auf die Daten loslassen. Die Ergebnisse spielt der Anwender dann zurück in das Informationsmodell und Partner sowie Dienstleister mit Berechtigung können dann weltweit darauf zugreifen. Gleichzeitig ermöglicht es OPC UA im nächsten Schritt SCADA- oder MES- Herstellern, ML-Anwendungen in ihre Produkte zu integrieren, denn die meisten Systemhersteller arbeiten bereits mit OPC UA ‒ dem De-facto-Standard für KI und ML in der Industrie.

„Eine potenziell perfekte Kombination."
Stefan Hoppe, Präsident der OPC Foundation

- © OPC Foundation

Das hat nicht nur Google erkannt. Auch IBM unterstützt das Vorgehen. „Wir haben unseren Kunden lange dabei geholfen, Strukturen für die Veröffentlichung von OPC UA Nachrichten über MQTT zu entwickeln. Jetzt wollen wir dieses Spiel durch die Anpassung der OPC UA PubSub-Spezifikation noch verstärken“, versichert Ulas Cubuk von IBM.

Und auch die Automatisierer sind zufrieden. „Beckhoff ist der erste Automatisierungsanbieter, der OPC UA Pub/Sub sowohl über UDP als auch über MQTT unterstützt. Die Anforderung, industrielle Anlagen in einem gesicherten und standardisierten Format mit der Cloud zu verbinden, ist von größter Bedeutung und ein aufkommendes Thema in allen Industriezweigen. Mit seiner PC-basierten Steuerungsarchitektur kann Beckhoff neue Kommunikationstechnologien einfach adaptieren, damit Maschinenbauer ihre Anlagen direkt mit der Cloud verbinden können“, verspricht Sven Goldstein von Beckhoff.

Hoppe schwärmt: „This united signal from IT companies will further trigger further massive adoption by OT companies.” Sprich: Die Industrie wird noch mehr auf OPC UA setzen.

OPC UA war schon ein großer Schritt zur Interoperabilität am Shopfloor; insbesondere mit OPC UA PubSub ist eine große Brücke zwischen OT und IT entstanden, meint Dr. Julian Feinauer von Pragmatic Industries. „Über die genauen Auswirkungen kann man nur spekulieren. Klar ist, Konnektivität und auch der Datentransport in die Cloud wird damit zum Standard und einige Unternehmen, die darin ihren USP sehen, werden sich mittelfristig Gedanken machen müssen.

Auch klar ist, dass es für alle ITler zusehends einfacher wird auf Maschinendaten zuzugreifen bzw. mit Maschinendaten zu arbeiten.“ Vornehmlich die großen Software-Giganten aus den USA zeigen beträchtliches Interesse ebenfalls in diesen Markt einzusteigen. „Unklar ist, wie genau sich das langfristig auswirken wird. Denn damit erhalten diese Unternehmen weitreichenden Einblick in die Daten und könnten damit die OT Landschaft nachhaltig verändern.“