Energie : Strategie 2030: Gibt die OMV die Konzern-Tochter Borealis auf?

CEO und Vorstandsmitglied OMV Aktiengesellschaft, Executive Officer Chemicals & Materials

Wird die OMV-Tochter Borealis in Zukunft noch eine Rolle bei der OMV spielen?

- © OMV Solutions GmbH

Neben der erwarteten nachträglichen Entlastung des ehemaligen OMV-Chefs Rainer Seele dürfte auch die Chemietochter Borealis ein wichtiges Thema bei der heutigen OMV-Hauptversammlung sein. Medienberichten zufolge gibt es Überlegungen, dass sich die OMV von der Mehrheit an der Borealis, die sie erst vor wenigen Jahren erworben hat, wieder trennen könnte. Laut OMV-Chef Alfred Stern soll die Borealis aber "eine tragende Säule" für die Wachstumsambitionen der OMV sein.

>>> OMV-Chef Stern: Öl- und Gasausstieg kurzfristig unmöglich.

Im Oktober 2020 hatte die OMV weitere 39 Prozent an der Borealis vom Staatskonzern Mubadala aus Abu Dhabi übernommen. Derzeit hält die OMV eine Mehrheit von 75 Prozent. Nun wird seit Wochen spekuliert: Abu Dhabi will den Deal rückabwickeln, um Borealis in einen großen Chemiekonzern einzugliedern. Die OMV würde dann ihre Mehrheit an Borealis aufgeben, die Konzernzentrale von Borealis würde aus Österreich abwandern, wird befürchtet.

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Düngemittel-Werk von Borealis in Linz

- © Borealis Group

OMV-Strategie 2030

OMV-Chef Stern wollte sich zu den Spekulationen nicht konkret äußern, verwies aber im Gespräch mit der APA auf die "Strategie 2030" des Unternehmens. Ziel der OMV sei die Entwicklung zu einem integrierten Unternehmen für nachhaltige Kraftstoffe, Rohstoffe, Chemie und Materialien. "Wir haben mit der Umsetzung dieser Strategie begonnen, der Dampfer OMV hat Kurs eingeschlagen und fährt in diese Richtung. Eine Umkehr ist nicht mehr vorgesehen", so Stern.

Bis zum Jahr 2050 will das Unternehmen CO2-neutral sein. Wachstum wird bei der OMV vor allem im Chemiebereich angestrebt. "Für diese Wachstumsambitionen ist die Borealis heute und wird weiterhin eine tragende Säule sein."

>>> Ende der "Weltkonzern-Fantasien": OMV will sich von Teil der E&P trennen.

Das Kunststoff-Joint-Venture Borouge, das die OMV mit der staatlichen Abu Dhabi National Oil Company (ADNOC) eingegangen ist, sei ein sehr wichtiges Wachstumsprojekt. Für das Jahr 2025 ist die Inbetriebnahme der nächsten Ausbaustufe, Borouge 4, geplant. "Natürlich wollen wir diese sehr erfolgreiche Partnerschaft, dieses Wachstum, das wir gemeinsam gemacht haben, weiter ausbauen."

>>> OMV-Chef Stern: "Eine Frage, die wir uns gefallen lassen müssen."

Die Nachfrage nach Öl und Gas werde in Europa langfristig zurückgehen, so Stern. Die OMV ist hier gut aufgestellt, da sie rund 30 Prozent ihres Ergebnisses mit Chemie, 30 Prozent mit "Fuels and Feedstock" (Treibstoffe und Rohstoffe) und 40 Prozent mit Energie erwirtschaftet.

Alfred Stern: "Wir haben mit der Umsetzung dieser Strategie begonnen, der Dampfer OMV hat Kurs eingeschlagen und fährt in diese Richtung. Eine Umkehr ist nicht mehr vorgesehen."

- © APA/HANS KLAUS TECHT

OMV setzt auf Gasfeld Neptun

Wie berichtet, will sich die OMV in Malaysia und Neuseeland bald aus der Exploration und Produktion von Öl und Gas (E&P) zurückziehen. Laut Stern habe man in Malaysia bereits die dafür notwendige behördliche Genehmigung erhalten. Man stehe zwar nicht unter Zeitdruck, "aber wir haben uns zu Beginn des Projekts, und das ist jetzt zwei Monate her, ungefähr zwölf Monate als Ziel gesetzt"., so Stern.

>>> So will die OMV CO2 in der Nordsee versenken.

Die Fördermenge in der Region liegt bei 70.000 bis 80.000 Barrel pro Tag. Insgesamt strebt die OMV für heuer eine Produktion von rund 360.000 Barrel pro Tag an.

>>> Sinkende Preise: OMV fördert weniger Öl und Gas.

Stern betonte, dass es während des Umbaus der OMV keine auch nur vorübergehende Drosselung geben werde. Dafür soll unter anderem das Neptun-Projekt im rumänischen Schwarzen Meer sorgen. Die Investitionsentscheidung dafür soll im Sommer fallen. Die Gesamtinvestitionskosten würden sich auf rund 4 Milliarden Euro belaufen.

Die Hälfte davon würde bis 2027 auf OMV Petrom entfallen, 50 Prozent auf Romgaz. Die Gasvorkommen im Neptun-Gebiet, die über einen Zeitraum von 10 bis 15 Jahren gefördert werden könnten, werden auf rund 50 Milliarden Kubikmeter geschätzt.

Südöstlich der Schlangeninsel im Schwarzen Meer liegt das Gasfeld Neptun

- © Google Maps

OMV und Aker BP erhalten Lizenz zur CO2-Speicherung

In Zukunft will man auch mit der Abscheidung und Speicherung von CO2 (Carbon Capture and Storage, CCS) Geld verdienen. Dazu hat die OMV in Norwegen gemeinsam mit dem norwegischen Öl- und Gaskonzern Aker BP die Lizenz erhalten, CO2 unter dem Meer zu speichern. Ob das Projekt umgesetzt wird, soll 2025 entschieden werden.

"Im Prinzip ist der Business Case, und dazu sind wir auch schon im Gespräch, dass wir aus Nordwesteuropa CO2-Emissionen von Emittenten dort einspeichern." Der Preis für eine Tonne CO2 liegt im europäischen Emissionshandel zwischen 80 und 100 Euro.

>>> Energie in AT: Wo die Industrie das meiste Gas benötigt.

Zu Überlegungen von Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne), Teile des OMV-Gasgeschäfts in die Staatsholding ÖBAG einzubringen, betonte Stern, die OMV habe nur 30 Prozent Marktanteil in Österreich. Die OMV könne ihre Kunden in jeder Situation beliefern. Sie könne aber nicht alleine die Versorgung ganz Österreichs sicherstellen.

Die Liberalisierung des Gasmarktes habe viele Vorteile gebracht. "Dass so etwas dann in einer Krisensituation, so wie sie letztes Jahr entstanden ist, nervös macht, dafür habe ich auch volles Verständnis." Die Realität sei aber, dass es der freie Gasmarkt in Europa bisher auch geschafft habe, die Gasflüsse umzulenken, die Gasversorgung aufrechtzuerhalten, die Speicher für alle Kunden zu füllen "und mittlerweile auch den Gaspreis wieder auf ein einigermaßen erträgliches Niveau runterzudrücken".