Auto-Industrie : Spardruck: Zulieferer ZF will 12.000 Stellen streichen

ZF passt sein Shuttle-Geschäft an und wird sich darauf konzentrieren, Premiumanbieter für autonome Fahrtechnologien zu sein. Neu hinzu kommen Engineering-Dienstleistungen für Fahrassistenz- und autonome Fahrsysteme. // ZF adjusts its shuttle business and will focus on being a leading technology supplier for autonomous driving technology. As new engineering service, ZF will offer engineering expertise needed to build autonomous transportation systems and advanced passenger cars with assisted and self-driving capabilities to customers.

ZF in Deutschland: Bis zu 12.000 Stellen sollen wegfallen

- © ZF Group

Bis zum Ende des Jahrzehnts will der Autozulieferer ZF nach Angaben von Arbeitnehmervertretern Tausende Stellen streichen. „Der Vorstand will 12.000 Stellen in Deutschland in den nächsten sechs Jahren streichen“, sagte Gesamtbetriebsratschef Achim Dietrich am Mittwoch. Dem Betriebsrat lägen entsprechende Pläne vor. Dies entspräche einem Abbau von knapp einem Viertel aller Arbeitsplätze in Deutschland.

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Dabei werde auf Altersteilzeit, das Auslaufen befristeter Arbeitsverträge, den Abbau von Leiharbeit und die natürliche Fluktuation gesetzt, sagte der Betriebsratsvorsitzende. Darüber hinaus sei geplant, in das kostengünstigere Ausland zu verlagern.

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Verlagerung in Billiglohnländer

Der Vorstand habe erklärt, mit diesen Mitteln theoretisch bis zu 18.000 Stellen in Deutschland abbauen zu können. Ziel seien aber 12.000 Stellen, sagte Dietrich. Vor allem die Pläne zur Verlagerung von Funktionen in Billiglohnländer stoßen den Arbeitnehmervertretern sauer auf. Zu konkreten Zahlen wollte sich die neue Personalvorständin von ZF, Lea Corzilius, auf Anfrage nicht äußern. „Wir kommentieren keine Szenarien“, sagte sie am Mittwoch. Allerdings sei man zu Gesprächen bereit.

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Der Spardruck ist groß bei Deutschlands zweitgrößtem Automobilzulieferer. Die schwache Konjunktur in Verbindung mit den hohen Kosten für die Umstellung auf Elektroantriebe hat an vielen Standorten eine geringere Wertschöpfung und weniger Arbeitsplätze zur Folge. Zudem lasteten zuletzt elf Milliarden Euro Schulden auf den Zulieferern aus Friedrichshafen, während die Zinsen stiegen. Die im ersten Halbjahr erreichte Bruttorendite von 4,5 Prozent und Nettorendite von einem Prozent sei zu niedrig, um die Investitionen in die Zukunft zu stemmen, erklärte Personalchefin Corzilius. Die Bewältigung aller Herausforderungen sei aber nur im Schulterschluss mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter möglich.

ZF baut auch Bremsen für E-Fahrzeuge
ZF baut auch Bremsen für E-Fahrzeuge - © Nico Kleemann

Proteste in Friedrichshafen

3.000 ZF-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter hatten sich am Mittwoch trotz Regen und Kälte mobilisiert, um mit einem Demonstrationszug vor die Zentrale in Friedrichshafen zu ziehen. Anlass war die ungeklärte Zukunft der 5000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in der zentralen Entwicklung und Verwaltung beschäftigt sind. Für diesen Teil der Belegschaft gibt es in Friedrichshafen im Gegensatz zu vielen anderen Standorten noch keine Zukunftssicherung.

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„Wir werden vom Vorstand seit Jahren hingehalten“, so der zuständige Betriebsrat Franz-Josef Müller. Müller erklärt den Unmut der Belegschaft damit, dass die Gespräche immer wieder gescheitert seien. Betroffen sind Entwickler, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Vertrieb und dem Einkauf, aber auch aus dem Controlling und anderen Bereichen der Verwaltung. Beginn der Verhandlungen mit den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist am Donnerstag.

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Nachdem der Vorstand Ende vergangenen Jahres beschlossen hatte, trotz des bestehenden Transformationstarifvertrags einzelne Standorte zu schließen, brodelt es laut Gesamtbetriebsratschef Dietrich im Konzern. So soll unter anderem das Werk in Gelsenkirchen aufgegeben werden. 200 Arbeitsplätze in der Lenkungs- und Kabelsatzfertigung werden abgebaut. Dies soll sozialverträglich geschehen. Als Grund nannte die Unternehmensleitung, dass es nicht gelungen sei, Aufträge für das Zukunftsprodukt Elektrolenkung zu gewinnen. Eine erste Richtungsentscheidung des Vorstands gegen die Standorte in Deutschland sieht Betriebsratschef Dietrich darin. Vor der Schließung bis Ende 2025 steht auch das Stoßdämpferwerk in Eitorf mit 690 Beschäftigten. An beiden Standorten werden seit langem Verluste geschrieben. „Das Unternehmen muss Schulden abbauen und den Umbau finanzieren“, sagte ein Sprecher. Auf elf Milliarden Euro belaufen sich die Schulden zum Halbjahr 2023.

ZF in Österreich: Werden auch hier Stellen gestrichen?

ZF ist ein wichtiger Arbeitgeber in Österreich. Das Unternehmen ist an der Entwicklung neuer Technologien für die Automobilindustrie beteiligt und spielt damit eine Schlüsselrolle für die Zukunft der Branche. In Österreich beschäftigt ZF an drei Standorten rund 750 Mitarbeiter: In Lebring werden mechatronische Produkte für Pkw-Fahrwerke montiert, in Steyr werden Traktorgetriebe und Pkw-Lenkgetriebe montiert und Gehäuse und Zahnräder für Achsen und Getriebe gefertigt. In Wien ist der Vertrieb für Österreich und Südosteuropa angesiedelt.

Auch in Österreich sind die Personalkosten hoch - ähnlich wie in Deutschland. Ob auch Stellen in Österreich abgebaut werden und diese stattdessen in Niedriglohnländer abwandern, ist noch nicht bekannt. ZF hat angekündigt, in den kommenden Wochen mit den Arbeitnehmervertretern über die Details einer möglichen Umstrukturierung zu verhandeln.

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Die Auftragslage sei derzeit schlecht, hieß es von Seiten des Unternehmens. Dieser Effekt sei jedoch in der gesamten Automobilindustrie zu beobachten: Diese befinde sich seit Jahren in einer Krise. Die weltweite Pkw-Produktion sei seit 2018 rückläufig. „Wir befinden uns knietief in der Transformation“, teilte ZF dazu mit. „Wo wir für die Getriebemontage zwei Mitarbeiter benötigen, ist es für die E-Motoren nur einer.“

Im Jahr 2022 erzielte ZF einen Umsatz von 43,8 Milliarden Euro. Weltweit waren rund 165.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. Das Unternehmen verfügt über 168 Produktionsstandorte in 32 Ländern.

ZF-Standort in Lebring
ZF-Standort in Lebring - © www.gigler.com

Tausende Stellen werden in Zulieferer-Industrie abgebaut

Insbesondere die deutschen Hersteller BMW, Mercedes-Benz und Volkswagen haben nicht die ursprünglich bestellten Mengen abgenommen, weder bei konventioneller Verbrennungstechnik noch bei den aufwendig entwickelten Elektroauto-Komponenten. In der Folge sitzen die Zulieferer auf Überkapazitäten. Das erhöht den Druck sowohl auf die Schließung von Werken als auch auf die Verlagerung ins kostengünstigere Ausland.

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ZF hat mit seinem Zukunftsvertrag im Jahr 2019 eine Vorreiterrolle eingenommen. Auch Wettbewerber wie Mahle und Bosch haben ihren Beschäftigten den Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen zugesichert. Bosch sogar bis Ende 2027. Experten zeigten sich angesichts der Krise in der Automobilindustrie erstaunt über die lange Laufzeit. Gestern kündigte Bosch an, im Automotive-Bereich tausende Stellen streichen zu wollen. Bei Continental soll eine mittlere vierstellige Zahl an Arbeitsplätzen in der kriselnden Autosparte wegfallen.