Wertvolle Rohstoffe in Österreich : So geht es weiter mit dem Lithium-Abbau in Kärnten

Lithium Abbau in Kärnten

European Lithium hält am Lithium-Abbau in Kärnten fest - mit mehr als zehn Jahren Verspätung

- © European Lithium

Lithium ist wohl einer der am meisten nachgefragten Rohstoffe der Gegenwart. Für die Energiewende ist das Alkalimetall unverzichtbar und ein wichtiger Bestandteil moderner Batterien. In Wolfsberg in Kärnten soll der begehrte Stoff nach einigen Hürden nun ab 2025 abgebaut werden: Die australische Firma European Lithium hat sich entsprechende Lizenzen auf der Koralm gesichert. Doch noch gibt es keine freie Fahrt für den Bau der Mine.

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"Man muss einen Kompromiss finden, dass für die Gesellschaft, die davon partizipiert, etwas Positives herauskommt", sagt Dietrich Wanke, CEO von European Lithium, bei einem Lokalaugenschein der APA in Wolfsberg. Wanke ist Bergmann durch und durch. Der Ostdeutsche ist nach dem Niedergang des Bergbaus in Deutschland nach Australien ausgewandert und arbeitet seit 23 Jahren in der Branche. Jetzt will er seine Erfahrungen einbringen, um Europa ein Stück unabhängiger von Importen zu machen. In dem Mineralogen Wolfgang Reimer vom Geokompetenzzentrum Freiberg hat er einen Mitstreiter gefunden.

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In Zukunft wieder mehr Bergbau in Europa?

"In Europa wird derzeit kein batteriefähiges Lithium abgebaut", beklagt Reimer. Der Wissenschaftler geht davon aus, dass sich das Blatt in der EU wieder zugunsten des Bergbaus wenden wird, da die Rohstoffsicherheit auf dem Spiel stehe. Derzeit seien die Hürden für solche Projekte sehr hoch, da der Bergbau als umweltschädlich gebrandmarkt sei. Für das geplante Bergwerk auf der Koralm lässt Reimer dieses Pauschalurteil aber nicht gelten. Dort wolle man "potenzielle Konflikte mit unterschiedlichen Schutzgütern und Nutzungsinteressen in Natur und Umwelt möglichst vermeiden".

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Auch die Sorge um die Sicherheit der Trinkwasserversorgung kann das Unternehmen zerstreuen. "Wir haben seit 2016 durchgehend Wasserprobenentnahmestellen, die wir sowohl qualitativ als auch quantitativ beobachten", wirft Robert Grassler, Projektleiter von European Lithium, ein. Dies sei einerseits für die Genehmigungsverfahren notwendig, diene aber auch der Beweisführung, falls es Unstimmigkeiten über den Einfluss des Bergbaus auf den Wasserhaushalt geben sollte. "Der wertvolle Rohstoff Wasser wird zudem als Trinkwasser aufbereitet, damit er der Allgemeinheit zur Verfügung steht", ergänzte Wanke.

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Auch beim Abbau von Lithium sei es das Ziel, das gesamte Spektrum der nutzbaren Rohstoffe tatsächlich zu nutzen. Geplant ist der Abbau unter Tage im so genannten Versatzbergbau. Dabei werden zunächst an der tiefsten Stelle, an der noch Erzgänge nachgewiesen wurden, Stollen in den Untergrund getrieben. Das aus dieser so genannten Sohle gebrochene Gestein wird noch im Bergwerk zerkleinert, um Lärmbelästigungen zu vermeiden. Die Weiterverarbeitung erfolgt über Tage im so genannten Konzentrator. Dort werden die Rohstoffe Quarz, Glimmer, Feldspat und das lithiumhaltige Erz (Spodumen) vom tauben Gestein getrennt.

Wolfgang Reimer vom Geokompetenzzentrum Freiberg
Wolfgang Reimer vom Geokompetenzzentrum Freiberg, Sachsen - © Geokompetenzzentrum Freiberg
Die Energiewende ist ein sehr großer Verbrauchstreiber. Lithium, Kobalt, Nickel, Kupfer und seltene Erden werden in der Zukunft massiv gebraucht werden. Wir werden den Entwicklungen nicht mit den Rohstoffen hinterherkommen.
Wolfgang Reimer, Geologe beim Geokompetenzzentrum Freiberg/Sachsen

Sohle für Sohle nach oben

"Es ist ein mehrstufiger Prozess, in dem alles verwertet wird, was verwertbar ist, wenn man schon mal an so einer Lagerstätte dran ist", sagt Wanke. Das taube Gestein wird wieder in den Stollen verfüllt und mit Zement verfestigt. Danach kann 25 Meter über dieser Sohle eine neue aufgefahren werden. So arbeitet man sich Sohle für Sohle nach oben.

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Auf der Koralpe wurden 15 Flöze erkundet, die parallel nebeneinander verlaufen. Das jetzt gefundene Vorkommen an Pegmatit, so heißt das Gestein, in dem der lithiumhaltige Spodumen eingelagert ist, soll in 14 Jahren abgebaut sein. Reimer, Wanke und Grassler gehen aber davon aus, dass es noch weitere Erzgänge gibt, die für etwa 40 Jahre reichen dürften.

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"Die Energiewende ist ein sehr großer Verbrauchstreiber. Lithium, Kobalt, Nickel, Kupfer und seltene Erden werden in der Zukunft massiv gebraucht werden. Wir werden den Entwicklungen nicht mit den Rohstoffen hinterherkommen", prognostiziert der Geologe Reimer. Zwar gäbe es bereits vielversprechende Alternativen für Batterietechnologien wie die Natrium-Ionen-Batterie, doch deren Entwicklung werde noch einige Zeit in Anspruch nehmen. "Lithium wird sicher noch viele Jahre die Hauptlast der Batterieproduktion tragen", ist sich Reimer sicher.

Saudi-Arabien statt Wolfsberg

Die Weiterverarbeitung zu batteriefähigem Lithium sollte ursprünglich in Wolfsberg stattfinden, wird aber nun nach Saudi-Arabien ausgelagert. Die Aufbereitung des Lithiumerzes sei sehr energieintensiv und in Europa aufgrund der hohen Energiekosten schlicht nicht machbar, stellt Wanke fest. "Da kostet die Megawattstunde für Erdgas in Europa um die 400 Euro und in Saudi-Arabien kostet sie 20 Euro. Das wären in Europa zusätzliche operative Kosten von geschätzten 35 Mio. US-Dollar pro Betriebsjahr. Über die anfängliche Minenlaufzeit von 14 Jahren ist das mehr als eine dreiviertel Milliarde an Extrakosten. Damit ist der Standort nicht mehr wettbewerbsfähig", erklärt Wanke, warum die energieintensive Weiterverarbeitung des Erzes zu batteriefähigem Lithium nicht wie geplant in Kärnten stattfinden kann.

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Zudem sei man mit dem bevorstehenden Gang an die US-Technologiebörse NASDAQ amerikanischen Investoren verpflichtet, die ihr Investment von dieser Entscheidung abhängig gemacht hätten. European Lithium habe bereits mehr als 42 Millionen Euro in den Standort investiert. Neben zehn Millionen für den Erwerb der Mine sei auch Geld ausgegeben worden, um die kommerzielle Verwertbarkeit des Erzvorkommens zu ermitteln. In 14 Jahren sollen aus rund zwölf Millionen Tonnen Gestein etwa 129.000 Tonnen reines Lithium gewonnen werden. Für die ersten sechs Jahre mit einer Option auf weitere drei Jahre hat sich der Autobauer BMW bereits die gesamte Jahresmenge gesichert.

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Jetzt fehlt nur noch das endgültige "Go" für den Bau der oberirdischen Betriebsanlage, also des Konzentrators, für den noch ein Genehmigungsverfahren aussteht. Diese Anlage soll oberirdisch unweit des Bergwerks entstehen, wofür Wald gerodet und Boden versiegelt werden muss.

Lithium-Abbau in Kärnten

- © European Lithium

2025 statt 2013

Von Seiten der Bevölkerung gab es in der Vergangenheit Misstrauen gegenüber dem Projekt. So hatte die Angst vor mehr LKW-Verkehr durch eine Wohnsiedlung den Bau des Kondensators im Gewerbegebiet Wolfsberg verhindert. Zwei Lkw pro Stunde würden das Werk in Richtung Koralmbahn verlassen, so Wanke, das falle nicht ins Gewicht. Er lud kritische Bürger ein, sich selbst ein Bild zu machen, denn auch sie seien Teil der Gesellschaft, die davon profitiere.

Auch wenn man sich an Verzögerungen gewöhnt habe, schließlich wollte das Unternehmen schon 2013 mit dem Abbau beginnen, gibt sich Wanke optimistisch. Er rechnet damit, dass im nächsten Jahr endlich produziert werden kann.