Siemens Tochter Gamesa in der Krise : Siemens-Energy: Probleme bei Gamesa größer als gedacht

Der Aufbau eines Onshore-Windrads durch Siemens Gamesa

Siemens Energy streicht Gewinnprognose wegen drohender Sonderbelastungen bei Siemens Gamesa

- © YouTube/SiemensGamesa

Für den deutschen Energiekonzern Siemens Energy sind die Probleme bei der Windkraftanlagen-Tochter Siemens Gamesa gravierender als erwartet. "Der Rückschlag ist heftiger, als ich es für möglich gehalten hätte", sagte Siemens-Energy-Chef Christian Bruch am Freitag bei einem Analysten-Call.

>>> High-Tech-Fabriken: Siemens investiert mehrere Milliarden Euro

Es sei zu viel unter den Teppich gekehrt worden, sagte er. Siemens-Gamesa-Chef Jochen Eickholt ergänzte, die Auswirkungen der technischen Probleme mit einzelnen Komponenten seien noch nicht vollständig abzuschätzen, da der Lebenszyklus solcher Teile rund 20 Jahre betrage.

Nie mehr eine wichtige News aus der Industrie verpassen? Abonnieren Sie unser Daily Briefing: Was in der Industrie wichtig wird. Täglich um 7 Uhr in Ihrer Inbox. Hier geht’s zur Anmeldung!

Siemens-Gamesa-Chef Jochen Eickholt

- © Siemens Energy

Milliardenschwere Sonderbelastungen

Dem Windkraftanlagenbauer drohen milliardenschwere Sonderbelastungen wegen hoher Ausfallquoten bei Bauteilen von Windkraftanlagen. Der Energietechnikkonzern Siemens Energy kassiert deshalb seine Gewinnprognose für das laufende Geschäftsjahr, wie das Unternehmen am Donnerstagabend in München mitteilte. Der Vorstand der spanischen Siemens Gamesa lasse derzeit die installierten Onshore-Windkraftanlagen sowie deren Produktdesign untersuchen.

>>> Siemens-Projektleiterin: Warum DevOps nicht bloß Buzz-Wort sind

"Der derzeitige Stand der technischen Überprüfung legt nahe, dass für die Erreichung der angestrebten Produktqualität bei bestimmten Onshore-Plattformen wesentlich höhere Kosten anfallen werden als bisher angenommen." Diese dürften im Milliardenbereich liegen.

>>> Das lernen wir von den AI-Pionieren der österreichischen Industrie

Auch die erhofften Produktivitätsverbesserungen bei Siemens Gamesa seien hinter den Erwartungen zurückgeblieben, räumte das Unternehmen ein. "Darüber hinaus sehen wir weiterhin Schwierigkeiten beim Hochlauf der Fertigungskapazitäten im Offshore-Bereich", also bei Windkraftanlagen auf hoher See.

Erneute Verluste erwartet

Die Ergebnismarge vor Sondereinflüssen von Siemens Energy für das Geschäftsjahr 2023 werde aufgrund der schwachen Entwicklung von Siemens Gamesa nun am unteren Ende der Prognosespanne von 1 bis 3 Prozent erwartet.

Der Nachsteuerverlust von Siemens Energy werde das Vorjahresniveau von 712 Millionen Euro um bis zu einem niedrigen dreistelligen Millionenbetrag übertreffen, also deutlich höher ausfallen. Bislang war der Konzern davon ausgegangen, dass das Ergebnis auf dem Niveau des Vorjahres liegen würde.

>>> Siemens-Manager May: Ist KI bald Commodity?

Im zweiten Quartal verzeichnete Siemens Energy einen Verlust nach Steuern von 189 Mio. EUR nach einem Minus von 256 Mio. EUR im Vorjahresquartal. Dank der guten Entwicklung der anderen Divisionen erzielte das Unternehmen vor Sondereffekten einen Gewinn von 41 Mio. EUR nach einem Verlust von 49 Mio. EUR im Vorjahr.

Während sich der Verlust vor Einmaleffekten bei Siemens Gamesa im Quartal von 301 auf 374 Mio. Euro erhöhte, verbesserten die anderen Bereiche ihre Ergebnisse und Margen.

>>> Siemens Energy und die Probleme mit der Windkraft-Tochter

Zu dem um rund 56 Prozent auf 12,3 Mrd. Euro gestiegenen Auftragseingang trug aber auch Gamesa bei. Dies sei vor allem auf ein höheres Volumen aus Großaufträgen zurückzuführen, darunter ein 1,7 Mrd. Euro schwerer Offshore-Auftrag aus Großbritannien. "Der starke Auftragseingang bestätigt unsere sehr gute Positionierung im Markt für Energiewende-Technologien", sagte Vorstandschef Christian Bruch. Das gelte insbesondere in Bereichen wie der Stromerzeugung und der Netztechnik.

Vorstandschef Christian Bruch
Siemens Energy Vorstandschef Christian Bruch - © Siemens Energy

Milliarden-Auftrag in der Nordsee

Ein Großauftrag des niederländischen Netzbetreibers Tennet bringt der deutschen Siemens Energy Milliardeneinnahmen. Dabei geht es um die Anbindung von Windparks in der deutschen Nordsee, wie der Konzern am Donnerstag mitteilte. Der Auftragswert für das Konsortium aus Siemens Energy und Dragados Offshore beträgt insgesamt knapp 7 Mrd. Euro. In Industriekreisen geht man davon aus, dass sich die Summe etwa zu gleichen Teilen auf die beiden Partner verteilt.

>>> Patricia Neumann: Siemens als historische Mission

Die drei Netzanbindungen sollen jeweils zwei Gigawatt Übertragungsleistung haben. Siemens Energy liefert dabei riesige Wandler, die den von den Windrädern erzeugten Wechselstrom für einen verlustarmen Transport über lange Strecken in Hochspannungs-Gleichstrom wandeln - und danach wieder in Wechselstrom für das deutsche Hochspannungsnetz.